Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Messingmann

Der Messingmann

Titel: Der Messingmann
Autoren: Neal Asher
Vom Netzwerk:
dieses Schiff Platz für ein Sandschwein?«
    »Ich bin sicher, dass wir das arrangieren können - das heißt, falls Bonehead mitkommen möchte.« »Naja, er kann sich entscheiden, sobald wir dort sind, und das dauert noch eine Zeit lang.« Anderson starrte zum Himmel hinauf und stellte fest, dass man dort nicht mehr nur die Wolkenbänder und den einen oder anderen Stern sah.
    »Und du?«, fragte Arden.
    Anderson erhob sich mühsam und deutete nach oben. »Oh, ich habe mich schon entschieden. Meine Welt ist gerade viel größer geworden.«
    Tanaquil las sorgfältig Stollars ziemlich langen Bericht. Die Landungsboote hatten den Metalleuren Zugriff auf eine ganze Menge fortschrittlicher Technik verschafft: Computerkapazität, Bauteile, die sie bislang nicht selbst herstellen konnten, und Systeme, die sie nun direkt kopieren konnten, statt sie auf Grundlage antiker Baupläne nachzubauen. Fünf der Boote waren wahrscheinlich noch einsatzfähig, auch wenn die Metalleure wohl eine Zeit lang brauchen würden, um den Umgang damit zu lernen, und vielleicht konnte man aus den beschädigten Fahrzeugen ein weiteres rekonstruieren. Aber zu welchem Zweck letztlich? Die Ogygian war dahin, ein Traum zerstört… Jeelan ist tot.
    Tanaquil legte das Gesicht in die Hände. Vielleicht brauchten sie diesen Traum jetzt nicht mehr. Zwei Bürger jener Menschenpolis hielten sich draußen in den Sandtürmen auf, und die Polis wusste nun über Cull Bescheid. Stollar reagierte darauf mit einer Menge Enthusiasmus, aber Tanaquil fand in sich selbst keinerlei Widerhall dazu und keinen Platz mehr für Hoffnung. Vielleicht lag es daran, dass er Stollar nicht leiden konnte, der auf wundersame Weise einen Sturz ähnlich dem überlebt hatte, der Jeelan umbrachte. Der Chefmetalleur hob das Gesicht aus den Händen, ehe er eine Hand ausstreckte, die Schreibtischlampe einschaltete und einen weiteren Bericht aufschlug. Seine Augen blieben trocken.
    Gyrol hatte eine Schutzgarde für die Leute aufgestellt, die die Toten begruben, denn die Sleeraktivität hatte sich inzwischen verzehnfacht. Viele Trümmer waren von der Absturzstelle eines Landungsboots in der Unterstadt weggeräumt worden, und wer Unterkunft benötigte, fand sie vorläufig in Lagerhäusern des Industriebezirks. Arzteteams waren Tag und Nacht im Einsatz, um die Kopfwunden, die man bei fast allen Bürgern antraf, zu desinfizieren und zuzunähen. Die Metalleure würden sich erholen, neu formieren und dann … und dann?
    Die Menschenpolis ?
    Tanaquil schüttelte den Kopf, als wollte er Schatten vertreiben. Alles war schwarz: Depressionen umklammerten seinen Verstand und saugten ihm Kraft und Willen aus. Die Aufregung, die bei Menschen vom Schlage Stollars und Gyrols den Schock verbannte, schien Tanaquil völlig unzugänglich. Er würde einfach seine Arbeit tun, einfach weitermachen. Etwas anderes blieb ihm nicht. Da unterbrach ein Klopfen an der Tür seine Tagträume.
    »Wer ist das?«, fragte er.
    »Stollar und Gyrol«, antwortete Stollar, und aus seinem Ton war deutlich die Anspannung zu vernehmen.
    »Tretet ein.«
    Die beiden Männer taten wie geheißen, wobei Stollar sich schwer auf einen Stock lehnte, während Gyrol, immer noch in der Ausrüstung eines Darrenmanns, eines der kleineren Teleskope und ein Stativ aus Stollars Turm mitschleppte.
    Stollar blickte sich in dem dunklen Zimmer um und schenkte dabei vor allem den geschlossenen Fensterläden und Balkontüren Aufmerksamkeit. Er warf Gyrol einen bedeutungsvollen Blick zu, während er darauf deutete.
    »Was ist los? Ich habe viel zu tun«, sagte Tanaquil.
    »Du hast noch nicht gesehen… ? Nein, offenkundig nicht. Vielleicht sollten wir auf deinen Balkon hinausgehen«, sagte Stollar.
    Tanaquil wollte nicht, dass sie ihn besuchten, wollte mit seinen Gedanken allein sein, aber etwas in ihrer beider Gesichter brachte ihn auf die Beine. Stollar ging zu den Balkontüren hinüber und entriegelte und öffnete sie. Vielleicht war in der Unterstadt wieder etwas zusammengebrochen? Tanaquil wagte nicht, sich etwas anderes vorzustellen. Er ging hinter dem alten Mann hinaus in die Dunkelheit, dicht gefolgt von Gyrol, der dann ein Stück zur Seite ging und das Teleskop aufbaute. Tanaquil blickte über seine Stadt hinweg und sah nur die Brände, die von diesen grauenhaften, grauen Läusedingern genährt wurden.
    »Blicke nach oben, Chefmetalleur«, forderte ihn Stollar auf.
    Tanaquil folgte dieser Aufforderung - ein Teleskop war dazu kaum nötig.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher