Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Messingmann

Der Messingmann

Titel: Der Messingmann
Autoren: Neal Asher
Vom Netzwerk:
dem gleichen Zweck und wurde gewöhnlich gegen kleinere Widersacher eingesetzt, die sich doch tatsächlich dem Schiffsrumpf hatten nähern können. Es war genau die richtige Waffe für den Plan, Cormac vom Greifer zu entfernen, wahrscheinlich stückweise. Er spuckte Blut und blickte zur Seite, nach wie vor in den Riss hinein, der sich durch seine Wahrnehmung zog. Vielleicht konnte er auf diesem Weg ins Schiff eindringen und dort Schaden verursachen … irgendwas unternehmen? Nein, die ganze Idee war inzwischen lachhaft. Er hatte es zwar getan, hatte sich mit einem Willensakt durch den Subraum verschoben, aber zum jetzigen Zeitpunkt wusste er nicht im Mindesten, wie er das geschafft hatte. Und was konnte er an Bord schon ausrichten, verletzt und schwach, wie er war? Die Wirklichkeit sah so aus, dass er im Vakuum schwebte, ein Laser auf ihn zielte und der Tod unmittelbar bevorstand. Dann gab dieser Spalt in der Wahrnehmung den Blick frei auf etwas in der Ferne, das an die Oberfläche trat, etwas Gewaltiges.
    »Ich verstehe«, sagte König.
    Der Laser wurde unter Strom gesetzt, und seine geschwärzten Innereien gaben ein heißes Glühen ab. Die Waffe schwenkte an ihrem Arm und feuerte. Das Kabel glühte rot, weiß, blauweiß und explodierte dann im Zentrum dieses Lichts zu Kügelchen geschmolzenen Kohlenstoffs. Erneut wurde Cormac schwerelos, während der Greifer und ein kurzes Kabelstück, an dem sich der Agent festhielt, zu dem braunen Zwerg hinabstürzten. Der Laser wurde eingefahren, und mit geschlossenen Luken entfernte sich das Angriffsschiff.
    »Du hast gesehen, dass ich weder Skellor - noch Dschainatechnik erbeuten konnte«, sendete König.
    »Schon«, brachte Cormac hervor. »Erzähle das Jerusalem.«
    Im Sturz schwanden Cormac die Sinne; selbst die bislang gefahrenen Wahrnehmungsprogramme konnten ihn nicht wachhalten. Er erblickte eine gebogene Stahlfläche, glaubte sich kurz vor dem Aufprall auf den Zwergstern, stellte aber fest, dass er sich irrte. Wäre er dem Stern so nahe gewesen, dann hätte er den Horizont nicht mehr als gekrümmt erlebt-hätte wahrscheinlich gar nichts mehr gesehen.
    Dann hüllte ihn etwas Gigantisches ein, und dreifingrige, glänzende Greifer schlossen sich um seine Oberarme. Als sie ihn vom Kabel zupften, zerrissen Dinge in seinem Körper. Blut spritzte ihm aus dem Mund, und etwas Hartes drang in den Hals ein. Nach einer Wahrnehmungslücke, deren Dauer seine Netzverbindung mit sieben Minuten bezifferte, blickte er in helles, steriles Licht.
    »Das kann einige Zeit dauern«, sagte die Stimme von Asselis Mika. »Ich denke nicht, dass man in diesem Körper noch einen unversehrten Knochen findet.«
    Eine andere Stimme, die hallende Eisbergspitze eines gewaltigen Intellekts, stellte fest: »In seinem Kopf sieht es nicht viel besser aus.«
    Die Lichter erloschen wieder.
    Wenn Menschen von etwas sprachen, das sie »kalten Schweiß« nannten, so hatte Drache dessen Bedeutung bislang nur intellektuell verstanden. Jetzt begriff er es auch aus dem Bauch heraus. Bei seinem Umgang mit der Polis hatte er sich absichtlich nur mit Wesen auseinander gesetzt, die ihm unterlegen waren. Stets war er auf Distanz geblieben zu den KIs überlegener Kapazität, den Runcible-KIs, den Sektor-KIs, und er bemühte sich stets, keinem Ort näher als zwanzig Lichtjahre zu kommen, an dem Earth Central auch nur das geringste Interesse zeigte. Jerusalem nun war genau die Art Polis-KI, der Drache von jeher auswich. Und jetzt wurde er an den Grund erinnert, denn Jerusalem brachte die schiere mentale Kraft auf, um Drache in seinen eigenen Spielen zu schlagen, während sie zugleich einen Schiffskörper bewohnte, dessen physische Größe und Stärke es unnötig machten, an solchen Spielen überhaupt mitzuwirken.
    Und so sah sich Drache nicht in der Lage, bestimmte Fakten lange zu verheimlichen. Die Essenz von Jerusalems Äußerungen nach den einleitenden Spiegelfechtereien hatte gelautet: »Erzähle mir alles, und zwar schnell!« Begleitet wurde sie vom Bauplan eines der bordeigenen Hangars und der Ausrüstung, die dort eingesetzt werden konnte. Drache zweifelte nun nicht mehr daran, dass dieses Schiff ihn verschlucken, lähmen und dann zerlegen konnte, um mal zu sehen, wie er funktionierte.
    Dass die Jerusalem sofort in den Subraum abtauchte, als sie von der Ogygian erfuhr, war keinesfalls beruhigend. Es bedeutete nämlich: Die KI wusste sicherlich, dass Drache nicht entkommen konnte und sie für ihn jede Menge Zeit
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher