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Der Meisterdieb und seine Feinde

Der Meisterdieb und seine Feinde

Titel: Der Meisterdieb und seine Feinde
Autoren: Stefan Wolf
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Sicherlich war Helga schon besorgt.

25. Knüppelei am Verdi-Denkmal
     
    Die Erkenntnis war ein Schock,
hallte nach und blieb mit einem Geschmack auf der Zunge wie ranziger Lebertran.
    „Man könnte traurig werden“,
meinte Gaby. „Ein Verräter im Präsidium. Ein Verbrecher unter Papis Kollegen.
Ein Mistkerl, der das gleiche Gehalt kriegt wie die andern.“
    „Und nicht nur das“, nickte
Karl. „Schrottleben paktiert ja nicht mit der Unterwelt, weil er das für ‘nen
Abenteuer-Trip hält, sondern weil er dort Kohle abschaufelt wie ein
Weltmeister. Der Kerl ist ein Wolf im Schafspelz.“
    „Eine Hyäne im Zobelfell“,
brummte Klößchen. „Allmählich sollten wir leiser reden“, sagte Tim. „Aufgeregt
haben wir uns seit heute Mittag. Jetzt ist es neun Uhr abends und handeln kann
man am besten mit kühlem Kopf und kühlem Blut. Zum Glück ist Schrottleben eine
Ausnahme. In Bezug auf Ehrlichkeit — habe ich neulich gelesen — schneidet die
deutsche Polizei im internationalen Vergleich sehr gut ab.“
    „Aber eine einzige faule Frucht
auf dem Obstteller verdirbt den ganzen Eindruck“, meinte Gaby. „Ist es wirklich
schon neun?“
    Tim hielt seine Uhr in den
matten Schein einer milchigen Parklaterne, die ziemlich entfernt stand. Und
bestätigte dann, es sei bereits 21.11 Uhr.
    Über dem Lerchensang-Park lag
geisterhafte Stille. Die Straßen, die ihn umgürten, waren fern. Das
Verdi-Denkmal steht nämlich genau in der Mitte. TKKG versteckten sich in einem
Gebüsch aus Nadelhölzern. Von hier ließ sich der Platz rund ums Denkmal gut
überblicken. Giuseppe Verdi, der geniale Opern-Komponist, wurde mit
lebensgroßer Bronzefigur geehrt. Sie stand auf einem Sockel und zeigte den Maestro
( Meister ) mit wirrem Haar, Künstlerbart und erhobenem Taktstock. Tauben
hatten ihm auf die Schultern gekackt, aber das war nicht als Missachtung zu
verstehen, sondern ist bei Denkmälern unvermeidlich.
    Wir warten, dachte Tim, auf den
so genannten Typ — vermutlich den Erpresser. Und auf Schrottleben, der hier
geschröpft werden soll. Und auf Bunzkuhl, der sich — vermutlich mit dem
Totschläger — eine Prämie verdienen will. Vielleicht kommt auch noch die
Komplizin des Typs. Das kann was werden, falls Knüppelei ansteht. Na ja, die
Frau zählt nicht. Und Schrottleben zählt so viel wie ‘ne Frau, dieses
hinterhältige Lahmbein. Aber Bunzkuhl ist sicherlich ein harter Brocken. Und
bei dem Typ muss man sehen.
    TKKG hatte eine Taktik
vereinbart. Wobei Tim streng darauf bestand, dass Gaby nichts unternahm. Karl
und Klößchen waren bewaffnet. Nicht mit Baseballkeulen — weil die ein
schlechtes Image (Vorstellung von jemandem ) haben — aber mit
Hockeyschlägern.
    Eine Kirchturmglocke in
Hörweite schlug halb zehn. Auf einem der Wege, die sternförmig zum Denkmal
führen, knirschte Kies. Ein Mann näherte sich. Er war dunkel gekleidet, fast
wie ein Jogger, hatte aber nicht die Kapuze über den Kopf gestülpt. Er zeigte
sein Gesicht, war sich seiner Sache wohl ganz sicher.
    Als er ins Licht trat, zischte
Klößchen durch die Zähne.
    „Den kenne ich!“, flüsterte er
aufgeregt. „Das ist der Typ aus dem Bahnhofs-Klo. Habe ich euch erzählt. Der
Typ, der plötzlich ganz zerzaust war.“
    Interessant!, dachte Tim. Aber
es sagt mir rein gar nichts.
    Der Mann bewegte sich
leichtfüßig, blickte hierhin und dorthin, umrundete das Denkmal und machte dann
— en face ( gegenüber ) von Verdi — eine tiefe Verbeugung.
    Noch während er sich
aufrichtete, schoss Bunzkuhl hinter einem Strauch hervor und war mit zwei
Schritten hinter dem Mann. Es ging rasend schnell. Sogar Tim war überrascht.
Mit eisernem Griff wurde der Jogger-Typ von hinten gepackt. Ein Arm schlang
sich um seinen Hals. In der anderen Hand hielt Bunzkuhl tatsächlich einen
lederüberzogenen Totschläger. Den schwang er über dem Kopf des Überrumpelten.
    „Ganz ruhig, Meisterdieb!“,
befahl er rau. „Sonst fliegt dir’s Gehirn aus den Ohren.“

    Meisterdieb?, dachte Tim. Was
soll das heißen? Der Titel ist doch reserviert für einen unbekannten Ganoven,
über den die Presse die tollsten Storys berichtet.
    „Ich bin ruhig“, erwiderte der
Mann. „Aber was soll das? So kommen wir nie ins Geschäft, Bauer-Rottleben. Im
Übrigen habe ich mich abgesichert. Die Beweise dafür, dass Sie mit dem
Drogenbaron Heribert Kulse unter einer Decke stecken, sind bei meiner Partnerin
in guter Hand. Wenn mir etwas zustößt, Kommissar, sind Sie hinter Gittern.“
    „Ich
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