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Der Meisterdieb und seine Feinde

Der Meisterdieb und seine Feinde

Titel: Der Meisterdieb und seine Feinde
Autoren: Stefan Wolf
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Tür — mit seinem Werkzeug. Ihr bleibt hier. Ihr steht
Schmiere, Warnung über Handy, falls der Kerl zurückkommt.“
    „Vielleicht ist jemand in
seiner Wohnung“, gab Gaby zu bedenken. „Wer sagt denn, dass er allein lebt.“
    Tim nickte. „Deshalb mache ich
erst einen Anruf. Wenn sich niemand meldet, legen wir los. Es ist drei Minuten
nach zwölf. Ich halte das für eine günstige Zeit.“

22. Dann Adieu, Meisterdieb!
     
    12.04 Uhr.
    Bei Arthur Breschke — dem
Münzsammler, Ränkespieler und leitenden Manager im Gittl-Konzern — klingelte
das Telefon.
    Er meldete sich.
    „Haben Sie das Geld?“, vernahm
er die Stimme des Meisterdiebes.
    „Äh, ja. Ich hab’s mir von
meinem Bruder geborgt. Ist ein Zufall, dass der so viel im Haus hat.“
    „Heute Abend treffen wir uns.
Sie bringen das Geld und die Münzsammlung.“
    „Heute Abend? Uih! Wann denn?“
    „Eher später als früher. Also
zwischen 20 Uhr und Mitternacht. Das Wo und die genaue Zeit erfahren Sie kurz
vorher.“
    „Das passt mir aber ganz
schlecht. Ich glaube, so geht’s nicht.“
    „Was soll das heißen?“
    „Ich bin heute Abend
eingeladen. Zum Dinner bei Dr. Gittl — in seinem Haus. Ist eine große Sache und
der Termin steht seit langem. Der Oberbürgermeister kommt, Gerichtspräsident
Dr. Linksbeuger ebenfalls und noch andere von ähnlichem Kaliber. Da kann ich
nicht mehr absagen.“ Stille am anderen Ende der Kommunikations-Strippe. Der
Erpresser überlegte.
    Dann: „Gehen Sie allein hin?“
    „Natürlich nicht. In meinem
Alter muss man als Paar auftreten — noch dazu in meiner Position. Das wird
einfach erwartet. Sonst könnte es ja sein, man tickt nicht richtig. Ich
erscheine mit meiner Dauer-Verlobten.“
    „Wer ist das?“
    „Heh, Sie! Sie haben mich in
der Hand und Sie erpressen mich. Aber was geht Sie mein Privatleben an?“
    „Wer ist die Dauer-Verlobte?“
    „Klothilde von Mögel.“
    Wieder entstand eine Denkpause
— vielmehr wurde die Pause zum Nachdenken benutzt. Jedenfalls vermutete
Breschke, dass der Meisterdieb nachdachte. Allerdings mit magerem Ergebnis.
    Denn dann sagte er nur: „Für
heute sind Sie bei mir entschuldigt. Wir verschieben es auf morgen oder auf
Montag. Viel Spaß bei der Party!“
    „Ich werde an Sie denken“,
erwiderte Breschke, „das hebt meine Stimmung.“
    Der Meisterdieb schien zu
lachen. Aber gleichzeitig legte er auf.
    Breschke stöhnte. Die
Vorstellung, seine Münzsammlung hergeben zu müssen, löste fast einen Herzanfall
aus.
    Im so genannten Grünen Salon
war die Hausbar: ein langer Servierwagen aus Messingmetall und Glas.
    Breschke griff nach der Flasche
mit seinem Lieblings-Cognac und hielt sie prüfend gegen das Tageslicht vom
Fenster, ein allerdings sehr trübes Licht. In der Flasche war nur noch ein
Drittel, um zwei Fingerbreit war der Pegel seit Donnerstag gesunken. Diese
verdammte Schlampe!, dachte er — und meinte seine Haushälterin Olga
Penetrantowa. Seit Jahren sorgte die Polin dreimal wöchentlich in seiner Villa für
Ordnung, putzte, bügelte, machte Einkäufe, bediente die Waschmaschine und
kochte, wenn es sein musste. Olga war zuverlässig und arbeitete untadelig. Aber
sie hatte eine nervige Hinwendung zu scharfen Getränken und bediente sich an
der Hausbar, ohne zu fragen. Anfangs hatte sie — vermutlich aus alter
Gewohnheit — nur Wodka getrunken, war dann aber auf einen anderen Geschmack
gekommen und bevorzugte seit längerem Breschkes Lieblings-Cognac. Zwar — das
hatte Breschke errechnet — nahm sie pro Tag nie mehr als vier Drinks. Aber die
nahm sie. Und Breschke wagte es nicht, ihr das zu verbieten. Sie hätte auf der
Stelle gekündigt. Sie besaß einen ich-gehöre-hier-dazu-Stolz. Sie fühlte sich
berechtigt.
    Breschke verzichtete aufs
Kristallglas und trank einen Riesenschluck aus der Flasche. Und dann noch
einen.
    „Hhhhhhhhh-rrrrrrrr!“ Er stieß
auf.
    Der Cognac breitete sich wie
Feuer im Magen aus. An der Situation, am Ärger, am Problem änderte das zwar
nichts. Aber er, Breschke, würde Sodbrennen kriegen. Und das lenkte von der
Münzsammlung ab.
    12.11 Uhr.
    Mit etwas unklarem Blick wählte
er Wilhelm Bauer-Rottleben, genannt Schrottleben, an.
    „Ja?
    „Ich bin’s, Wilhelm.“

    „Hallo, Arthur!“
    Der Kommissar klang, als hätte
er Fleischfasern zwischen den Zähnen und stochere jetzt danach — mit Zunge und
Fingernagel.
    „Der Dreckskerl hat angerufen.“
Breschke berichtete.
    Schrottleben schien zu grinsen.
„Mach dir deshalb keine
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