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Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Titel: Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)
Autoren: Johannes K. Soyener , Wolfram zu Mondfeld
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vier Bütteln halb gezerrt, halb gestoßen – der Angeklagte.
    Sehr verändert hatte er sich nicht in den bald 16 Jahren, seit ich ihm zum erstenmal in Schwaz begegnet war. Immer noch so schlank und geschmeidig wie damals. Immer noch dieser Hochmut in den dunkelblauen Augen, die im Zorn fast schwarz wirken können. Immer noch der spöttische, beinahe arrogante Zug um die Mundwinkel. Die Haare, der Bart waren nun der Mode gemäß kürzer geschnitten, und in das Schwarz mischte sich vereinzeltes Grau.
    Was hatte er bewegt mit seinem Drang zur Perfektion, der alles überrollte, um nur eines zu erreichen: das gesetzte Ziel!
    Auch in Ketten wirkte er noch immer wie der Mann, der wie selbstverständlich stets sich und anderen das Höchste abverlangte.
    Auch Reisländer schien dies zu spüren. Zornig musterten die Blicke des alten Bergrichters die zerrissene, mit Stroh, Schlamm und eingetrocknetem Erbrochenen verschmutzte Kleidung des Gefangenen, die schweren, eisernen Handschellen, das Halseisen mit den rasselnden Ketten, die zu den Fußeisen herabhingen, die groben Stricke, mit denen die Oberarme an den Körper geschnürt waren, den langen, kaum verschorften Riß an der Wange.
    Nicklas Findler, der Fronbote, stieß den Gefangenen zur vorderen Ecke der linken Bankreihe, wo aus dem Fußboden ein in weißen Stein gemeißelter Totenkopf heraufgrinst.
    »Da! Knie dich hin, du Drecksack!«
    Ein brutaler Stoß, ein Tritt.
    Kettenklirrend stürzte Dreyling schwer zu Boden.
    Der Hammerschlag des Bergrichters knallte wie ein Schuß durch den Kirchenraum.
    »Gleich seid Ihr selbst in Ketten gelegt, Fronbote!«
    Nicklas Findler zuckte zusammen, »’s ist allgemein der Brauch im Land, daß der Verurteilte seinen Spruch auf Knien hört.«
    Die Stimme Reisländers war kälter als der Gletscher des Schrankogels, als er sich an alle in der Kirchenhalle Versammelten wandte:
    »Merkt Euch dies: Das Berggericht ist kein Malefizgericht!« Und wieder zum Fronboten: »Und jetzt heb den Angeklagten auf und nimm ihm die Ketten ab!«
    Findler winkte seinen Bütteln.
    Doch Erasmus Reisländer fuhr dazwischen: »Das Gericht hat Euch etwas befohlen, Fronbote. Euch!«
    Nicklas Findler bückte sich. Zerrte den Angeklagten am Arm auf die Füße. Kramte einen Schlüssel aus seinem Beutel. Schloß umständlich die Schlösser der Handschellen und des Halseisens auf. Mußte sich schließlich auf ein Knie fallen lassen, um die Fußeisen aufzusperren.
    »Fronbote!«
    Der Angesprochene drehte sich unwillig zum Richtertisch.
    »Weshalb ist der Angeklagte in diesem Zustand?«
    »Welchem Zustand?« versuchte sich Findler dumm zu stellen.
    »Verdreckt, zusammengeschlagen, verletzt.«
    Findler zuckte mit den Achseln. »Als man ihn in Krakau verhaftete, wird er sich vielleicht gewehrt haben.«
    »Das ist viele Tage her. Die Verletzungen sind frisch!«
    Nicklas Findler warf einen hilfesuchenden Blick zu uns herauf.
    »Antworte, Fronbote!«
    »Nun … nun ja … gestern abend … Da sollte er ein Protokoll unterschreiben …«
    »Was für ein Protokoll?«
    »Seiner Untaten.«
    »Ein Geständnis also.«
    »Ja. Man meinte, daß Euch das heute viel Zeit und Mühe ersparen würde.«
    »Wer ist ›man‹?«
    Wieder blickte er – diesmal ein stummer Hilfeschrei – herauf zur Empore.
    »Antwortet!« herrschte ihn der Bergrichter an.
    »Der … der Herr Endorfer«, stotterte Findler, »und der Herr Baron Löffler …, und der Herr Pater Georg Scherer war auch dabei, hat aber nur Protokoll führen sollen …«
    »Weiter! Wer noch?« forderte Reisländer.
    »Der Herr Kanzler Schiller-Herdern – war aber nur anwesend.«
    »Und?«
    »Der … der … der Herr … Herr Marx Fugger.«
    »Waren das alle?«
    »Ja.«
    »Hat der Angeklagte dieses Protokoll freiwillig unterschrieben?«
    »Nein.«
    »Und dann sind die Herren dazu übergegangen, ihn zu malträtieren?«
    »Ja.«
    »Und hat er dann unterschrieben?«
    »Nein.«
    »Ihr könnt gehen, Fronbote.«
    Alexander Endorfer hob die Hände, daß die Ärmel wie Flügel wehten, ruckte mit dem Kopf und sah mehr denn je aus wie ein Geier, der bereit war, sogleich ins Kirchenschiff hinunter zu flattern. Hans Christoph Löffler krallte die starken Finger in die Armlehnen seines Sessels, daß die Gelenke weiß hervortraten. Herr Marx Fugger war erstarrt, sein Mund stand offen. »Eure Leute!« zischte Monsignore d’Angelis empört.
    In den Augen der schönen Katharina Endorfer glomm so etwas wie Hohn. Und auch um die Mundwinkel des
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