Der Marquis schreibt einen unerhörten Brief
Frösche würden einen Großteil ihrer Wirkung verlieren, wenn ihr Erscheinen nicht völlig überraschend für den Grafen wäre. »In der Tat«, erklären Sie ihm mit gleichgültiger Miene, »ich bin es, der quakt. Ich pflege es dann und wann zu tun, gänzlich unerwartet. Sie müssen wissen, daß ich in einer bescheidenen Hütte zur Welt kam, die in der Nähe eines Sumpfes gelegen war, und in den ersten Jahren meines Lebens viele Nächte durch den Gesang der Frösche in den Schlaf gewiegt wurde. Tatsächlich war dieser meine erste Sprache, und heute noch bilden sich in meiner Kehle die süßen Laute der Kindheit, ohne daß ich sie zurückdrängen könnte.« Der Herr Graf, der beim Quaken der Frösche zu weinen aufgehört hat, leckt mit der Zunge die letzte Träne ab. »Sagte Cicero denn nicht«, fahren Sie fort, um Ihren Worten noch mehr Glaubwürdigkeit zu verleihen, »daß die Seele der Kinder gleichsam ein Spiegel ist, in dem sich die Natur abbildet? Und sagen die Chinesen nicht, daß Erinnerungen mehr Aroma haben als ein vollerblühter Fliederstrauch?« Der Herr Graf lächelt, entzückt ob Ihrer Bildung. Stellen Sie sich jetzt aber vor, die Frösche, denen jeder Sinn für Schicklichkeit abgeht, beginnen von neuem zu quaken, während Sie ihm all das erzählen. Was sollen Sie dann tun? Vermeiden Sie vor allem, selbst in diesem Fall, daß Verwirrung sich Ihrer bemächtigt. Schämen Sie sich nicht, bei einer Lüge ertappt worden zu sein. Denken Sie daran, daß wir in einer Zeit leben, in der die Leute in aller Öffentlichkeit mit sehr viel schlimmeren Lastern prahlen. Eine gute Lösung wäre es, wenn Sie behaupteten, Sie seien Bauchredner und deshalb imstande, gleichzeitig zu sprechen und zu quaken. Aber all dies hieße die Dinge noch mehr komplizieren. Ich meine, Sie sollten ganz einfach die volle Wahrheit sagen. Ohne Umschweife. Bitten Sie ihn um Verzeihung dafür, daß Sie ihm gesagt haben, Sie hätten gequakt. Holen Sie dann unverzüglich, bevor er Ihnen irgend etwas erwidern kann, die Frösche aus der Tasche, und legen Sie sie ihm zu Füßen, wie eine Opfergabe. Ich bin sicher, daß dieses Detail ihn zutiefst bewegen wird. »Was bringen Sie mir da?«, wird er Sie fragen. »Das sind wohl Frösche?« Sie machen eine zustimmende Bewegung mit dem Kopf. »In der Tat, Exzellenz«, können Sie ihm antworten. »Ein Paar Frösche, die auf den Besitzungen meines Herrn gefangen wurden. Die besten, die ich finden konnte. Mein Herr würde sich sehr geehrt fühlen, wenn Euer Exzellenz sie annehmen und als einen aufrechten Beweis der Wertschätzung betrachten würden, die Euer Exzellenz gebührt.« Bei diesen Worten wird Don Demetrio vor Freude erröten und womöglich versuchen – um zu zeigen, wie glücklich er ist –, die Amphibien zu streicheln, die, zwei zitternden Smaragden gleich, auf dem weniger durchsichtigen Grün des Teppichs glänzen. Es wird ihm nicht gelingen, denn die Frösche werden davonhüpfen. Es kann sein, daß er Sie dann bittet, sie in eine Vitrine zu sperren, die er Ihnen zu diesem Zweck bezeichnen wird. Sie gehorchen. Verwahren Sie die Frösche in der Vitrine, und überreichen Sie diese mit einer erneuten Verbeugung. Don Demetrio wird die Vitrine an seine Brust drücken und sich wieder auf das Kanapee legen. »Wie lange, meinen Sie, werden sie es hier drinnen aushalten können?«, wird er Sie fragen, durch den hypnotischen Anblick der Tierchen fasziniert. Antworten Sie ihm, was Sie für richtig halten. Zwei, drei, vier, fünf oder vielleicht sechs Jahre. »So lange?«, wird der Herr Graf staunend fragen, am ganzen Körper bebend. Die Hände werden ihm zittern, beinahe wird ihm die Vitrine zu Boden fallen. Um diesen Unfall zu verhindern, müssen Sie ihm die Vitrine fortnehmen und sie wieder auf die Kommode aus Mahagoniholz stellen. »Die Frösche vom Teich meines Herrn«, antworten Sie ihm, »zeichnen sich durch ihre Langlebigkeit aus. Und stürben sie auch vor der normalen Zeit, so würde ihr herrliches Grün sich doch zur Freude und zum Ergötzen Euer Exzellenz noch einige Jahre halten. Denn in dieser Eigenschaft wurzelt im wesentlichen der hauptsächliche Vorzug unserer Amphibien.« Daraufhin wird Don Demetrio entzückter sein denn je. Endlich wird er die Erhabenheit meines Geschenks zu würdigen wissen. Ein Grün, das den Tod überlebt. Ewige Schönheit, gewissermaßen. Gäbe es solcher kostbaren Geschenke viele, wenn sie wirklich möglich wären? Denn die Schmetterlinge, die wir zwischen den Blumen
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