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Der Marquis schreibt einen unerhörten Brief

Der Marquis schreibt einen unerhörten Brief

Titel: Der Marquis schreibt einen unerhörten Brief
Autoren: Javier Tomeo
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hingeben, ziehen Sie sich, mit tief betrübtem Gesicht – so als hätten Sie ihnen tatsächlich den richtigen Brief übergeben – Schritt für Schritt weiter zurück, jedoch ohne ihnen schon den Rücken zuzuwenden. Erst wenn Sie sich weit genug entfernt haben, drehen Sie sich um und beginnen zu laufen, als sei Ihnen der Teufel auf den Fersen. Verlassen Sie den Wald, und wenn Sie bei der Mühle ankommen, nehmen Sie den Weg ins Dorf. Denken Sie jetzt an das, was ich Ihnen am Anfang sagte: folgen Sie der Hauptstraße, biegen Sie in die erste Querstraße rechter Hand ein, und gehen Sie bis zum steinernen Kreuz. Das Schloß von Don Demetrio liegt genau gegenüber. Beschleunigen Sie den Schritt, um die Zeit aufzuholen, die Sie durch die Schuld der Wegelagerer verloren haben. Achten Sie nun genau auf das, was ich Ihnen sagen werde, denn es ist von allem, was ich Ihnen bisher gesagt habe, das Wichtigste. Wenn das Schloß von Don Demetrio nicht mehr existiert, wenn es vor zwanzig Jahren abgerissen wurde, um einem Block Sozialwohnungen Platz zu machen, oder wenn man es in ein Touristenhotel verwandelt hat, wenn man seine Ländereien enteignet hat, um eine Autobahn zu bauen, dann brauchen Sie nicht mehr zurückzukehren, um mich davon zu benachrichtigen. Dann werde ich wissen, daß ich endgültig allein bin und meiner Traurigkeit nicht abzuhelfen ist. Ich werde hier bei meinen Insekten bleiben, jenen winzigkleinen Geschöpfen, in denen das Leben pocht und die auf halbem Wege zwischen dem Mineral und der Seele stehengeblieben sind. Vielleicht ist das mein Schicksal. Vielleicht, mein lieber, selbstloser Bautista, ist der Moment für mich gekommen, wo ich mir endlich eingestehen muß: Les jeux sont faits, wie man in Biarritz sagte.

javier tomeo wurde 1932 in Quicena (Aragon) geboren.
Er studierte Rechtswissenschaften und Kriminologie
in Barcelona, wo er heute noch lebt.
    In Spanien erschienen die Romane El cazador (1968), Ceguera azul {1969), El unicorno (1971) und Los enemigos (1974).

Der Roman des aus Aragon stammenden Javier Tomeo wurde bei seinem Erscheinen als ein Meisterwerk der spanischen Gegenwartsliteratur gewürdigt.
    Der Marquis, seit zwanzig Jahren auf seinem Schloß vergraben, hat einen Brief geschrieben, der von allergrößter Bedeutung ist.
    Möglicherweise wird er darüber entscheiden, ob sein Verfasser in dies Jahrhundert zurückkehren kann, vielleicht bedeutet er sogar den Beginn einer allgemeinen Menschheitsbeglückung.
    Aber das Buch läßt sich nicht nur als heiter melancholischer Brief zur Einsamkeit des Menschen lesen, sondern zugleich als hintersinnige Parabel über den umständlichen Aufbruch Spaniens aus dem Abseits der europäischen Geschichte in eine schwierige Gegenwart.
    » Es wäre unverantwortlich, dem deutschen Leser dieses Lesevergnügen vorzuenthalten .« Fritz Rudolf Fries
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