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Der Mann im Schatten - Thriller

Der Mann im Schatten - Thriller

Titel: Der Mann im Schatten - Thriller
Autoren: Heyne
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wissen, wer es in Wahrheit getan hat. Sein Name steht auf der Zeugenliste. Archie Novotny. Seine Tochter ist von Griffin Perlini missbraucht worden. Er besitzt dieselbe Jacke und dieselbe grüne Wollmütze, die der Täter laut Augenzeugen getragen hat. Und er hat kein Alibi für die Tatnacht.«

    Die Augen der Richterin wanderten zu Lester Mapp, dem Staatanwalt. »Frau Richterin, hören Sie. Wir wollen diesen Mann nicht lebendig begraben. Wir... wir wollen schließlich nicht als Unmenschen dastehen. Aber wir können ihn auch nicht einfach so laufenlassen.«
    »Und was ist mit diesem Novotny?«, fragte die Richterin.
    Mapp stieß einen tiefen Seufzer aus. »Wir waren bisher noch nicht in der Lage, ihn zu erreichen. Er weigert sich, mit uns reden.«
    Die Richterin musterte den Ankläger neugierig. »So was nennt man doch Behinderung von Ermittlungen, oder?«
    »Nicht wenn er auf seinem Recht auf Aussageverweigerung besteht«, warf ich ein.
    »Ah.« Die Richterin nickte. »Er beruft sich auf seine Rechte.«
    »Ja, und so was macht sich immer gut bei einem Prozess«, bemerkte ich.
    »Ich denke daran, ihm Immunität zu verleihen, Euer Ehren.« Lester Mapp war offenkundig unzufrieden mit dem Verlauf der Dinge und inzwischen wohl auch damit, dass man ihm diesen Fall überhaupt übertragen hatte.
    »Er will Novotny deshalb Immunität verleihen, weil er sich nicht sicher ist, dass Novotny nicht doch der wahre Täter ist, und in der Hinsicht äußert vorsichtig taktieren muss«, sagte ich.
    »Verstehe, verstehe.« Die Richterin hob eine Hand. »Mr Mapp, wie ist das Angebot des Staates bei einer Einigung?«
    »Wir haben zehn angeboten.«
    Sie dachte darüber nach. »Mr Kolarich, Sie werden vermutlich beantragen, dass die Jury darüber instruiert wird, dass sie für Totschlag stimmen kann?«

    »Das werde ich ganz sicher, Frau Richterin.« Wird einem Angeklagten ein schweres Verbrechen wie Mord zur Last gelegt, kann die Verteidigung verlangen, dass die Jury über die Möglichkeit instruiert wird, für ein ähnliches, aber geringfügigeres Vergehen zu votieren, wie etwa Totschlag. Es liegt allein beim Richter, und wenn dieser davon ausgeht, dass die Beweislage eher für ein geringfügigeres Verbrechen spricht, kann er der Jury diese Möglichkeit eröffnen.
    Das Gute an Totschlag ist, dass ein Richter beim Strafmaß bis hinunter auf Bewährungsstrafe gehen kann. Jeder im Raum wusste also, worauf sie hinauswollte. Richterin Poker signalisierte Lester Mapp, dass sie notfalls eine weit niedrigere Strafe verhängen konnte als die zehn Jahre, die er forderte.
    »Geben Sie uns eine Minute, Herr Anwalt«, sagte die Richterin zu mir. Es war bei Richtern durchaus üblich, dass sie bei Vorverhandlungen mit jeder Partei gesondert sprachen, vorausgesetzt, beide Seiten stimmten einem solchen Vorgehen zu.
    Ich ging hinaus in den Gerichtssaal und setzte mich. In den letzten Wochen hatte ich wieder etwas Schlaf getankt. Ich hatte keine weiteren Fälle angenommen und mich ausschließlich auf Sammys Belange konzentriert. Außerdem hatte ich viel Zeit mit meinem Bruder verbracht, der beschlossen hatte, zurück aufs College zu gehen, um dort seinen Abschluss zu machen. Ein Schritt, den ihm sein dank Raymond »Smith« Hertzberg gut gepolstertes Bankkonto erlaubte.
    Sammy würde morgen wegen der Nierentransplantation ins Krankenhaus verlegt. Er hatte mir dieselben Instruktionen gegeben wie schon zuvor. Er konnte mit einer Strafe von zwölf Jahren leben, würde aber acht vorziehen. Also bewegte ich mich bereits weit unter dem von ihm Geforderten, aber
ich sah nicht ein, wie der Gerechtigkeit damit gedient wäre, wenn Sammy Cutler viele Jahre hinter Gittern verschwand. In meinen Augen wäre Griffin Perlini womöglich nur wieder in schlechte Gewohnheiten verfallen, hätte Sammy nicht der Allgemeinheit einen Dienst erwiesen, indem er ihn aus dem Verkehr zog.
    Etwa zwanzig Minuten später reichte Lester Mapp die Fackel an mich weiter. Er nahm im Gerichtssaal Platz, während ich ins Richterzimmer zurückkehrte.
    »Totschlag und vier Jahre«, erklärte die Richterin. »Ihr Klient hat eines bereits abgebüßt. Also muss er höchstens mit einem weiteren rechnen.«
    Und ein halbes Jahr davon im erleichterten Vollzug. Dank der heillos überfüllten, staatlichen Gefängnisse.
    »Mein Mandant hat mich beauftragt, drei zu fordern«, sagte ich, einfach nur, um es versucht zu haben.
    »Nein, vier ist das Beste, was Sie kriegen werden.« Sie hob die Hände. »Es bleibt
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