Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mann im Karton

Der Mann im Karton

Titel: Der Mann im Karton
Autoren: Carter Brown
Vom Netzwerk:
sagte sie kühl,
»wenn ich das beantworten könnte, wäre ich wahrscheinlich gar nicht hier.«
    Sie näherte den spitzen Finger
dem Knopf, dann schloß sie fest die Augen. In der folgenden Sekunde ließ jemand
eine Herde Elefanten ins Wohnzimmer — jedenfalls hörte es sich so an.
    »Das wird wohl Paul sein«,
meinte Margot und schien sichtlich erleichtert. »Da kann er auch selbst auf
seinen verdammten Knopf drücken!«
    Die Tür flog auf, und ein
bärbeißig dreinblickender Mensch eilte ins Zimmer, gefolgt von zwei
uniformierten Polizisten.
    »Leutnant Chase«, schnauzte er.
»Von der Mordkommission.«
    Alles starrte ihn ein paar Augenblicke
an, bis sich die Überzeugung durchsetzte, hier handele es sich um den Anfang
eines typischen Kendall-Gags — und daraufhin blickte alles recht bauernschlau
drein.
    »Wenn Sie keinen Wert auf meine
persönliche Bekanntschaft legen, ist mir das egal«, schnarrte Chase. »Aber wo
ist die Leiche?«
    »Leiche?« stammelte Margot.
    »Jemand hat angerufen und einen
Mord gemeldet«, sagte Chase mühsam beherrscht. »Also, wo befindet sich der
Leichnam?«
    »Leichnam?« quiekte Helen Mills
atemlos.
    Irgendwo in Margots Muskeln
löste sich ein Reflex — und ihr Finger drückte auf den Knopf. Der Deckel des
riesigen Kartons klappte mit einem surrenden Geräusch auf, als sei eine starke
Feder betätigt worden, und dann wurde das grinsende Gesicht eines Clowns
sichtbar, dessen Oberkörper aus der Kiste geschnellt war.
    Die erschrockenen Schreie
verstummten, als der Clown blieb, wo er war — halb im Kasten, beide Arme fest
angelegt, und gemächlich hin und her wackelnd. Wenn dieser Kendall einen
überdimensionierten Schachtelmann für witzig hielt, dann hatte Kasplin wohl mit seiner Meinung durchaus recht, wonach der
Produzent ein großer dummer Junge war, aber mehr dumm als groß.
    Einiges schien am Gesicht des
Clowns nicht zu stimmen — unter der dick
aufgetragenen Schminke war es kalkweiß. Ich trat näher, während der Oberkörper
langsam auf mich zu schwang, und sein Blick traf meinen lange und starr. Sehr
starr...
    »Mein Gott!« flüsterte Margot
neben mir. »Das ist ja Paul!«
    Fast gleichzeitig erkannte ich,
daß es sich bei dem dicken verschmierten Strich an seinem Hals nicht um
Schminke handelte. Jemand hatte ihm die Kehle von einem Ohr zum anderen
durchgeschnitten.
     
     
     

3
     
    Gegen zehn am nächsten Morgen
langte ich in meinem Büro an, müde und zerschlagen. Nach der Entdeckung von
Kendalls Leiche war Chase zu Triebfeder und Mittelpunkt der Party geworden. Er
hatte gefragt und gefragt, bis er rot wie ein Krebs war und die Uhren vier in
der Früh zeigten. Soweit ich sehen konnte, hatten ihn die Antworten auch nicht
schlauer gemacht.
    Fran Jordan, meine liebe
Sekretärin mit den roten Haaren und den graugrünen Augen, kümmerte sich schon
ums Geschäft. Sie trug einen neuen Pullover aus Kaschmirwolle.
    »Ich sehe, du siehst meinen
neuen Pullover«, sagte Fran vorsichtig. »Jedenfalls möchte ich mir das
einbilden, da ich ja ein Mädchen ohne Hintergedanken bin.«
    »Ich habe mir gerade überlegt,
daß ich dir vielleicht zuviel Gehalt zahle«, sagte
ich mit unheilschwangerer Stimme. »Kaschmir im Büro!«
    Sie sah verständnislos zu mir auf.
»Da hätten wir ja mal einen ganz neuen Danny Boyd — einen mit wirtschaftlicher
Ader! Was ist dir denn zugestoßen? Hast du die Sache mit Donna Alberta schon
verpfuscht?«
    »Wie kommst du denn auf diese
ausgefallene Idee?« fragte ich.
    »Die Morgenzeitungen haben mich
darauf gebracht«, sagte sie gelassen. »Sie sind voll von dem Mord an Paul
Kendall, und wenn ich mich recht entsinne, dann hast du mir gestern erzählt,
man habe dich zu dieser Party eingeladen.«
    »Ich war ja auch dort«, gab ich
zu. »Aber hat mich vielleicht jemand engagiert, einen Mord an Paul Kendall zu
verhindern?«
    »Wie recht du hast, Danny«,
sagte sie warm. »Es offenbart mir wieder einmal die Wahrheit dessen, was du ja
immer sagst — daß ein Privatdetektiv weitaus gerissener ist als ein Polizist.
So kommt eben alles ins rechte Lot — die Polizei bemüht sich herauszufinden,
wer Kendall umgebracht hat, und du suchst nach dem Mörder von Donna Albertas
Hund!«
    Ich bemühte mich, diese
Bemerkung zu überhören, indem ich mich auf den Pullover konzentrierte, und
dabei wurde der Forscher in mir wieder einmal lebendig.
    »Hast du als Kind eigentlich
viel gesungen, Fran?« fragte ich beiläufig.
    »Du meinst, ob ich gepetzt
habe?« Sie dachte einen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher