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Der Mann im braunen Anzug

Der Mann im braunen Anzug

Titel: Der Mann im braunen Anzug
Autoren: Agatha Christie
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wahrer Panik ergriffen.»
    Einer der Geschworenen meinte, viele Menschen hätten vor Katzen Angst. Vielleicht sah er eine Katze? Mir kam dieser Hinweis recht kläglich vor, aber er fand Anerkennung vor dem Gericht, weil die Leute offensichtlich keine Lust zu einer näheren Untersuchung hatten. Der Spruch der Geschworenen lautete einstimmig, es handle sich um einen Unglücksfall und nicht um Selbstmord.
    «Merkwürdig erscheint es mir», sagte der Coroner, «dass der Arzt, der den Mann am Unfallort untersuchte, sich nicht gemeldet hat. Man hätte natürlich sofort seinen Namen und seine Adresse verlangen sollen. Das war eine grobe Unterlassung.»
    Ich lächelte innerlich, denn ich hatte eine eigene Theorie über diesen Arzt. Diese Theorie gedachte ich so bald wie möglich Scotland Yard mitzuteilen.
    Doch der nächste Morgen brachte eine Überraschung. Die Flemmings waren Leser des Daily Budget, und das Daily Budget hatte seinen großen Tag.
     
    Merkwürdige Folge des Unfalls an der U-Bahn
    Frau in einem einsamen Haus erdrosselt
     
    Begierig verschlang ich den Artikel.
     
    «Eine Aufsehen erregende Entdeckung wurde gestern im Haus zur Mühle bei Marlow gemacht. Der Besitz gehört Sir Eustace Pedler und wird unmöbliert vermietet. Eine Genehmigung zur Besichtigung des Hauses fand sich in der Tasche des Mannes, der an der U-Bahn-Station Hyde Park Corner ums Leben kam. Zunächst wurde angenommen, der Mann – ein Mr L. B. Carton aus Kimberley – habe Selbstmord begangen, indem er sich auf die Schienen warf. Gestern wurde in dem Haus zur Mühle die Leiche einer bildschönen jungen Frau gefunden, die allen Anzeichen nach erdrosselt wurde. Bisher konnte die Frau nicht identifiziert werden, man glaubt jedoch, dass sie eine Ausländerin ist. Die Polizei verfolgt eine Spur. Sir Eustace Pedler, der Eigentümer des Hauses, hält sich während der Wintermonate an der Riviera auf.»

4
     
    Es fand sich niemand, der die Frau identifizieren konnte. Die Leichenschau brachte folgende Tatsachen ans Licht: Kurz nach 13 Uhr am 8. Januar erschien eine elegante Dame mit fremdländischem Akzent bei den Häusermaklern Butler & Park in Knightsbridge. Sie erklärte, dass sie ein Haus an der Themse mieten oder kaufen möchte, das in erreichbarer Nähe von London liege. Die Makler machten verschiedene Vorschläge, darunter auch das Haus zur Mühle. Die Dame nannte sich Mrs de Castina und gab als Adresse das Hotel Ritz an. Dort war jedoch dieser Name unbekannt; der zur Leichenschau berufene Empfangschef hatte die Dame nie gesehen.
    Mrs James, die Frau des Gärtners im Haus zur Mühle, wurde als Zeugin aufgerufen. Sie wohnte in einem kleinen Häuschen beim Parkeingang und verwaltete den Besitz während der Abwesenheit von Sir Eustace Pedler. Am 8. Januar erschien ungefähr um 15 Uhr eine Dame, um das Haus zu besichtigen. Sie wies die Genehmigung der Makler vor, woraufhin ihr Mrs James wie üblich die Schlüssel aushändigte. Sie pflegte die Interessenten nicht zu begleiten, denn das Haus stand ziemlich entfernt von der Pförtnerwohnung. Ein paar Minuten später betrat ein junger Mann das Grundstück. Mrs James beschrieb ihn als groß und breitschultrig, mit einem tiefgebräunten Gesicht und hellen grauen Augen. Er war glattrasiert und trug einen braunen Anzug. Er behauptete, ein Freund der jungen Dame zu sein, die soeben das Haus besichtige; er habe nur noch rasch bei der Post ein Telegramm aufgegeben. Mrs James wies ihm den Weg zum Haus und dachte nicht weiter über die Angelegenheit nach.
    Fünf Minuten später kehrte der junge Mann zurück und händigte ihr die Schlüssel aus mit der Bemerkung, das Haus entspreche leider nicht ihren Wünschen. Da Mrs James die Dame nicht sah, nahm sie an, dass sie bereits vorausgegangen sei. Allerdings fiel ihr auf, dass der junge Mann sehr erregt war. «Er sah aus wie ein Mensch, der einen Geist gesehen hat. Ich glaubte, er sei plötzlich krank geworden.» Am nächsten Tag wollte eine andere Dame mit ihrem Gatten das Haus besichtigen, und die beiden fanden die Leiche in einem Zimmer des oberen Stockwerks. Mrs James erkannte die Tote als die Dame, die am Tag zuvor gekommen war. Auch die Häusermakler identifizierten sie als Mrs de Castina. Nach Meinung des Polizeiarztes war die Frau seit ungefähr vierundzwanzig Stunden tot.
    Das Daily Budget zog den Schluss, der Mann aus der U-Bahn-Station habe die Frau erdrosselt und danach Selbstmord begangen. Da jedoch das Opfer des Bahnunfalls um 14 Uhr starb, während
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