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Der Mann, der's wert ist

Der Mann, der's wert ist

Titel: Der Mann, der's wert ist
Autoren: Eva Heller
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Professor
Ziermann ist. Und da sagte ich — der erste Satz, den ich zu Benedikt sagte:
»Wir haben beide auch das gleiche Ziel.«
    Wir sahen uns an und lachten.
    Es war unglaublich, alles war
von Anfang an so selbstverständlich zwischen uns. Nie mehr mußte ich
nachdenken, ob ich vielleicht etwas Falsches sagen könnte, etwas Blödes machen
würde. Plötzlich war alles richtig.
    Benedikt fragte mich vor
Ziermanns Tür, ob ich auch einen Termin hätte. Hatte ich aber nicht, und weil
er wegen des verrückten Fahrstuhls zu spät dran war, ließ ich ihn vor. Es
machte mir sogar Spaß, auf ihn zu warten. Ich malte mir aus, daß man sich
irgendwann zufällig wiedersehen und sich dann vielleicht irgendwie ein Gespräch
ergeben würde.
    Nach zwanzig Minuten kam
Benedikt strahlend aus Ziermanns Zimmer. Ziermann, ebenfalls lächelnd,
verabschiedete ihn mit Händeschütteln. Dann sah Ziermann mich und beendete sein
Lächeln.
    »Ich möchte nur das Referat von
Elisabeth Leibnitz aus dem sechsten Semester abholen, sie ist krank«, sagte ich
schnell.
    »Und Ihr Name?« fragte Ziermann
in dem Feldwebelton, den er Frauen gegenüber für sachlich hält.
    »Viola Faber.«
    So erfuhr Benedikt meinen
Namen. Er lächelte mir zu, als er ging.
    Es dauerte keine Minute, bis
Ziermann Elisabeths Referat rausgesucht, etwas in einer Karteikarte
nachgesehen, »2 +« unter das Referat und auf die Karteikarte geschrieben, mich
als Empfängerin des Referats notiert hatte, dann war ich wieder draußen. Vor
dem Fahrstuhl wartete Benedikt. Er fragte mich, ob ich bei Ziermann studiere,
wie er denn so sei, er kenne sich bei den Innenarchitekten nicht aus, er sei im
Fachbereich Architektur zu Hause, und dann lud er mich zur Feier des Tages zum
Kaffee in die Mensa ein. Er hatte sich nämlich eben bei Ziermann um eine Stelle
als Hilfsassistent beworben, und Ziermann wollte ihn einstellen.
    Ich erzählte ihm alles über
alle Profs und Lehrbeauftragte unseres Fachbereiches. Beim dritten Kaffee
stellten wir fest, daß wir beide nicht aus München kommen: Wir sind beide nur
achtzig Kilometer voneinander entfernt aufgewachsen, er nordöstlich von
Frankfurt, ich im Südwesten Frankfurts. Ja, Benedikts Stimme klang sofort so
vertraut, obwohl Benedikt kaum Dialekt spricht. Als wir uns kennenlernten, war
er seit fünf Jahren in München, er hatte erst nach dem Vordiplom hier einen
Studienplatz bekommen. Ich war damals schon neun Jahre hier —als ich fünfzehn
war, sind meine Eltern hergezogen.
    »Wann bist du wieder hier?« fragte
Benedikt zum Abschied. »Morgen um die gleiche Zeit«, sagte ich, ohne
nachzudenken. Und am nächsten Tag verabschiedeten wir uns wieder so.
     
    Eine Woche, nachdem wir uns
kennengelernt hatten, ging ich mit Benedikt nach Hause. Ich hatte gewußt, daß
es an diesem Abend geschehen würde, und hatte mir morgens einen seidenen Slip
und einen seidenen BH gekauft. In der Aufregung hatte ich den Plastikfaden am
Slip mit dem Preisschild übersehen. Benedikt sah es und sagte: »Ein guter Kauf,
den Slip hätte ich auch genommen.« — Alles, was sonst peinlich gewesen wäre,
mit Benedikt war es richtig und lustig. Es war, als
hätten wir uns schon immer gekannt.
    Und alles, was vor Benedikt
war, war vergessen.
     
    Vor Benedikt war sowieso nichts
Bedeutendes. Vorher hatte ich irgendwie immer Pech, es war nie die reine Liebe.
    Tommy, der sogenannte erste
Mann meines Lebens, damals war ich schon sechzehneinhalb, Tommy war achtzehn,
verließ mich wegen einer älteren Frau — sie war neunzehn. Tommy schwärmte total
für »reife Frauen«. Da konnte ich nicht konkurrieren. Der zweite war Klaus, da
war ich achtzehn, er zwanzig. Klaus verließ mich wegen einer jüngeren,
unverdorbenen und unverbrauchten, wie er sagte. Ihm hab ich schon gar nicht
nachgetrauert: Im Bett führte er sich auf wie ein Holzhacker mit verbundenen
Augen. Immer druffhacken, irgendwie wird ein Mann das Ding zwischen den Beinen
einer Frau schon auseinanderkriegen. Ich kann es nicht anders beschreiben, er
hat sich nicht anders aufgeführt.
    Ingo, der dritte, verließ mich,
weil er herausfinden mußte, ob er schwul ist. Neulich hat mir jemand erzählt,
Ingo habe bis heute nicht rausgefunden, ob er schwul ist oder bi oder doch nur
hetero.
    Dann Marcel — in seinem Ausweis
steht, daß er Max heißt -, vier Jahre war ich mit ihm zusammen. Das heißt,
zusammen waren wir selten, es war eher eine Telefonbeziehung. Marcel brauchte
mich, um mir zu berichten, was sein Therapeut über
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