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Der Mann der nicht zu hängen war

Der Mann der nicht zu hängen war

Titel: Der Mann der nicht zu hängen war
Autoren: Pierre Bellemare
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Larry Stevel zum ersten Mal in seinem eigentlichen Beruf als Architekt, aber nur mit halbem Herzen. In Wirklichkeit wartet er nur darauf, daß diese blöden drei Jahre vorübergehen. Seine Lebensaufgabe ist und bleibt das Kloster.
    Endlich ist es soweit. Larry ruft den »Boss« an. Wie üblich meldet sich der Assistent: »Das Kloster? Sie haben Sorgen. Wissen Sie eigentlich, daß wir im Jahre 1930 leben?«
    »Ja. Und?«
    »Und haben Sie vielleicht schon davon gehört, daß halb Amerika total ruiniert ist? Haben Sie schon mal was von der Inflation gehört?«
    »Ja. Und?«
    »Ja, und! Ja, und der Boss ist auch ruiniert. Also bitte verschonen Sie uns jetzt mit dem Kloster!«
    Funkstille. Larry Stevel bringt zunächst kein Wort heraus. Er verkümmert in einer letzten, läppischen Frage: »Ach so. Ja, natürlich. Ist ja klar. Nur, was soll ich jetzt damit machen?«
    »Zum Teufel damit! Lassen Sie es meinetwegen dort liegen, wo es ist!«
     
    Und das zisterziensische Kloster Santo Bernardo de Sacramenia, 1141 durch König Alfonso VII. für die Benediktiner errichtet, bleibt in einer Halle des New Yorker Hafens — in 35 871- Steine zerlegt, in 10 751 Kisten verteilt, in amerikanischem Stroh verpackt. Es bleibt dort bis 1939 und auch während des ganzen Krieges — von allen verlassen und vergessen. Nur Larry denkt noch daran. Ihm wäre es zwar lieber, wenn das Kloster endlich aufhören würde, in seinem Kopf herumzuspuken, aber er ist machtlos dagegen. Allein beim Gedanken daran könnte er die Zähne fletschen.
    Nach dem Krieg meldet sich der »Boss« nicht mehr. Er lebt verarmt und verbittert, bis er 1954 stirbt. Bald darauf kommen zwei Geschäftsleute aus Miami zu Larry: »Mister Larry Stevel?«
    »Ja. Worum geht es?«
    »Um das spanische Kloster. Sie erinnern sich? Wir haben es den Erben abgekauft.«
    »Freut mich für Sie. Ich gratuliere. Aber was habe ich damit zu tun?«
    »Alles. Mister Stevel. Sie haben es doch abgebaut, und Sie haben die Pläne. Nur Sie können es wieder aufbauen. Wir hätten es gerne in der Nähe von Miami. Für Touristen, verstehen Sie? So eine Art exotische Attraktion für Kulturreisende.«
    »Ich verstehe. Natürlich verstehe ich, aber nicht mit mir. O nein, nicht mit mir! Dieses Kloster hat mich fast zum Wahnsinn getrieben, aber so verrückt bin ich nicht, um nochmal damit anzufangen!«
    Anscheinend doch. Denn schließlich ist Larry damit einverstanden, das Kloster wieder zu errichten, obwohl ihm seine Frau mit Scheidung droht, falls er es tut. Er tut es, und sie knallt ihm die Tür vor der Nase zu. Larry läßt die 10 751 Kisten von New York nach Miami transportieren. Die Werbekampagne der beiden Manager ist perfekt: Presse, Funk und Fernsehen sind versammelt, als die Sonderzüge mit den 35 874 Steinen ankommen. Der bedeutende Augenblick wird festgehalten. Larry öffnet die Kiste mit der Nummer 1, die Kiste mit dem Fundamentstein. Ein eigenartiger Fundamentstein — er sieht eher aus wie das Stück einer Säule. Larry stürzt sich auf die Kiste Nummer 2 — und findet einen Stein, der zwar ganz sicher zum Kloster, aber ganz sicher nicht in die Kiste 2 gehört. Und so ist es bei allen anderen Kisten: hier ein Stück Spitzbogen, da ein Teil des Kreuzganges, alles total durcheinander — welch ein Wahnsinn!
    Drei Jahre haben die Beamten des Gesundheitsamts gebraucht, das spanische Stroh durch amerikanisches zu ersetzen — und das Chaos perfekt zu machen! Sie haben das Stroh gewechselt, steril — aber sie haben sich einen Dreck darum gekümmert, daß die richtigen Steine wieder in die richtig numerierten Kisten kommen! Dreißig Jahre also nach dem Anfang des ganzen Abenteuers steht Lary Stevel — in der Zwischenzeit auch schon sechzig Jahre alt geworden — vor dem größten Puzzle der Welt.
    Was hat Larry Stevel wohl gemacht? Richtig! Ihn hat auf einmal die Wut gepackt, eine göttliche Wut, eine grimmige Entschlossenheit: »Dieses Kloster schaffe ich! Entweder das Kloster oder ich!«
    Und er hat es geschafft. Drei Jahre lang tat er nichts anderes. Er lebte wie ein Mönch bei seinem Kloster, von der Welt abgetrennt, bis der letzte Stein wieder an seinem Platz stand. In Miami kann man das Kloster besichtigen. Eine einfache und strengte Architektur von zisterziensischem Stil.
    Am Tage der Einweihung sagte Larry Stevel nur einen Satz: »Ich wäre besser gleich Mönch geworden!«
     

Der Mann, der nicht zu hängen war
     
    23. Februar 1885 — 6 Uhr 58. Der Pfarrer des Gefängnisses von Exeter,
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