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Der Mann, der kein Mörder war

Der Mann, der kein Mörder war

Titel: Der Mann, der kein Mörder war
Autoren: Michael Hjorth , Rosenfeldt
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sollte.
    «Komm sofort her.»
    Haraldsson wollte gerade erklären, wohin er eigentlich auf dem Weg war, und fragen, was denn so wichtig sei, doch Hanser hatte bereits aufgelegt. Blöde Kuh. Er drehte erneut den Zündschlüssel, wendete und fuhr zum Präsidium.
    Dort erwartete Hanser ihn bereits. Diese kühlen Augen. Die etwas zu makellose blonde Haarpracht. Das perfekt sitzende und garantiert teure Kostüm. Sie habe gerade einen Anruf von einer aufgebrachten Lena Eriksson erhalten, die sich frage, was eigentlich unternommen werde, und müsse sich nun dasselbe fragen. Was wurde unternommen?
    Haraldsson referierte kurz seine Aktivitäten des Nachmittags, wobei es ihm gelang, ganze viermal zu erwähnen, dass der Fall erst nach der heutigen Mittagspause auf seinem Schreibtisch gelandet war. Falls sie plane, sich zu beschweren, solle sie sich bitte an die Verantwortlichen vom Wochenende wenden.
    «Das werde ich auch tun», entgegnete Hanser ruhig. «Aber warum hast du mich nicht darüber informiert, dass der Fall so lange liegengeblieben ist? Über genau solche Angelegenheiten muss ich unbedingt Bescheid wissen.»
    Haraldsson spürte, dass das Gespräch eine Wendung nahm, mit der er nicht gerechnet hatte. Er versuchte nur noch, sich herauszureden.
    «So was kann doch mal passieren. Ich kann nicht jedes Mal zu dir rennen, wenn es gerade ein bisschen im Getriebe knirscht. Du hast garantiert Wichtigeres zu tun.»
    «Wichtigeres, als auf der Stelle nach einem verschwundenen Kind zu suchen?»
    Sie blickte ihn fragend an. Haraldsson verstummte. Das Gespräch verlief nicht nach seinem Plan. Ganz und gar nicht.
     
     
    Das war am Montag gewesen. Jetzt stand er mit durchnässten Socken in der Nähe von Listakärr. Hanser hatte das ganze Register gezogen: Befragung der Nachbarn und Suchtrupps, die ein Gebiet durchkämmten, das jeden Tag ausgeweitet wurde. Bisher ohne Ergebnis. Gestern war Haraldsson auf dem Präsidium dem Kreispolizeidirektor in die Arme gelaufen und hatte ihn in scherzhaftem Ton darauf hingewiesen, dass die ganze Aktion nicht ganz billig werden würde. Viele Männer, die viele Stunden arbeiteten, um einen Jungen zu suchen, der sich lediglich in der Hauptstadt vergnügte. Haraldsson hatte die Reaktion des Polizeidirektors nicht zweifelsfrei deuten können, doch spätestens wenn Roger von seinem kleinen Ausflug zurückkehrte, würde sich der Vorgesetzte wohl an Haraldssons Worte erinnern. Dann würde er begreifen, welche Unsummen Hanser verschwendet hatte. Bei der Vorstellung musste Haraldsson grinsen. Dienstvorschriften waren eine Sache, die Intuition eines Polizisten etwas ganz anderes. Man lernte nie aus.
    Haraldsson blieb stehen. Auf halbem Weg zum Hügel. Er war erneut eingesunken. Und diesmal richtig. Er zog den Fuß hoch. Ohne Schuh. Er konnte gerade noch sehen, wie sich der Schlamm gierig über dem schwarzen Exemplar Größe dreiundvierzig zusammenzog, während die Socke an seinem linken Fuß weitere Milliliter des kalten Wassers aufsog.
    Jetzt hatte er genug.
    Es reichte.
    Dies war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.
    Auf die Knie, mit der Hand hinein in den Morast, hoch mit dem Schuh. Und dann würde er nach Hause fahren. Sollten die anderen doch mit ihren dämlichen Suchtrupps hier herumrennen. Er hatte eine Frau zu befruchten.

E ine Taxifahrt später und um dreihundertachtzig Kronen ärmer stand Sebastian vor seiner Wohnung in der Grev Magnigatan in Östermalm. Eigentlich wollte er sich schon seit langem von ihr trennen, sie war teuer und luxuriös, wie geschaffen für einen erfolgreichen Autor und Akademiker, der ständig zu Vorträgen eingeladen wurde und über ein großes soziales Netzwerk verfügte. All das, was er jetzt nicht mehr war oder hatte. Aber schon bei dem Gedanken daran, auszumisten, zu packen und sich um die Sachen zu kümmern, die sich über Jahre hinweg angesammelt hatten, erschien ihm die Aufgabe unüberwindbar. Daher hatte er einfach große Teile der Wohnung abgeschlossen und benutzte nur noch die Küche, das Gästezimmer und ein kleineres Badezimmer. Der Rest blieb unberührt. In Erwartung von … ja, irgendwas.
    Sebastian warf einen schnellen Blick auf sein ungemachtes Bett, entschied sich dann aber für eine Dusche. Warm und ausgiebig. Die Intimität der letzten Nacht war schon lange vergessen. War es ein Fehler gewesen, so schnell zu verschwinden? Hätte sie ihm in den folgenden Stunden noch etwas geben können? Mehr Sex vermutlich. Und ein Frühstück. Saft und
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