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Der Mann, der kein Mörder war

Der Mann, der kein Mörder war

Titel: Der Mann, der kein Mörder war
Autoren: Michael Hjorth , Rosenfeldt
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zusammenzuhalten, auch wenn sie lediglich aus drei Gruppen mit je drei Personen bestand. Besonders, als sie tiefer in den Wald eindrangen und wegen des sumpfigen Bodens gezwungen waren, von ihrem vorbestimmten Kurs abzuweichen. Die eine Gruppe hatte Schwierigkeiten mitzuhalten, die andere verlangsamte das Tempo kein bisschen und war schon bald hinter den Hügeln verschwunden. Genau wie Haraldsson es vorausgesagt hatte. Joakim war mehr und mehr von diesem Mann beeindruckt. Er schien wirklich alles zu wissen. Joakim lächelte die Mädchen an und referierte noch einmal Haraldssons letzte Worte:
    «Wenn ihr etwas findet, dann schreit: ‹Fund!›.»
    Emma nickte entnervt.
    «Das hast du jetzt schon mindestens hundertmal gesagt.»
    Doch Joakim ließ sich davon nicht entmutigen. Die Augen gegen die Sonne zusammengekniffen, stapfte er weiter und bemühte sich, Abstand und Richtung einzuhalten, obwohl es immer schwieriger wurde. Und Lasses Gruppe, die noch vor kurzem ein Stückchen links von ihnen gelaufen war, war nicht mehr zu sehen.
    Nach einer halben Stunde wollte Emma eine Pause einlegen. Joakim versuchte ihr klarzumachen, dass sie das nicht einfach so tun konnten. Es bestand die Gefahr, die anderen vollkommen zu verlieren.
    «Welche anderen?»
    Alice lachte vielsagend, und Joakim musste sich eingestehen, dass sie die anderen nun schon seit geraumer Zeit nicht mehr gesehen hatten.
    «Es klingt so, als wären sie hinter uns.»
    Sie schwiegen und lauschten. In weiter Ferne waren schwache Geräusche zu hören. Jemand rief etwas.
    «Wir gehen weiter», bestimmte Joakim, obwohl ihm insgeheim dämmerte, dass Alice vermutlich recht hatte. Sie waren wahrscheinlich zu schnell gelaufen. Oder in die falsche Richtung.
    «Dann geh doch allein!», antwortete Emma und blickte ihn wütend an. Für einen Moment hatte Joakim das Gefühl, die Kontrolle über seine Gruppe zu verlieren, vor allem über Emma. Ausgerechnet über sie, die ihn während der vergangenen dreißig Minuten einige Male so sanft angeblickt hatte. Joakim brach der Schweiß aus, und das lag nicht nur an seiner viel zu warmen langen Unterwäsche. Eigentlich hatte er sie angetrieben, um sie zu beeindrucken, begriff sie das denn nicht? Und jetzt war plötzlich alles seine Schuld.
    «Hast du Hunger?», unterbrach Alice Joakims Gedanken. Sie hatte einige belegte Brote aus ihrem Rucksack geholt.
    «Nein», antwortete er etwas zu schnell, noch bevor er bemerkte, dass er doch hungrig war. Joakim ging ein Stück weiter und stellte sich auf einen Hügel, um den Anschein zu erwecken, er habe einen Plan. Emma nahm freudig ein Brot entgegen und würdigte Joakims Versuch, sich wichtig zu machen, mit keinem Blick. Er begriff, dass er seine Taktik ändern musste. Er holte tief Luft und ließ die frische Waldluft durch seine Lungen strömen. Der Himmel hatte sich zugezogen; die Sonne war verschwunden und mit ihr auch das Versprechen von einem perfekten Tag. Joakim ging zu den Mädchen zurück. Er beschloss, einen etwas sanfteren Ton anzuschlagen.
    «Ich hätte doch gern ein Brot, falls du noch eins übrig hast», sagte er so freundlich wie möglich.
    «Klar», antwortete Alice und kramte ein in Frischhaltefolie eingewickeltes Brot hervor. Sie lächelte ihn an, und Joachim merkte, dass seine neue Taktik besser ankam.
    «Ich frage mich, wo wir eigentlich sind», sagte Emma und zog eine kleine Karte aus ihrer Tasche. Die drei beugten sich darüber und versuchten, ihre Position zu bestimmen. Das war ziemlich kompliziert, das Gebiet hatte keine eindeutigen Orientierungspunkte, es war ein einziges Durcheinander aus Hügeln, Wald und Sumpfland. Aber sie wussten ja, wo sie losgelaufen und in welche Richtung sie ungefähr gegangen waren.
    «Wir sind fast die ganze Zeit nach Norden gegangen, also müssten wir ungefähr hier sein», schlug Emma vor. Joakim nickte beeindruckt. Emma war schlau.
    «Sollen wir weitergehen oder auf die anderen warten?», fragte Alice.
    «Ich finde, wir sollten weitergehen», antwortete Joakim prompt, fügte aber blitzschnell hinzu: «Es sei denn, ihr wollt lieber warten?»
    Er sah die beiden Mädchen an, Emma mit ihren klaren, blauen Augen und Alice mit ihren etwas kantigeren Zügen. Sie waren einfach beide furchtbar hübsch, dachte er und wünschte sich plötzlich, die Mädchen würden vorschlagen, hier zu warten. Und dass die anderen sehr, sehr lange nicht kämen.
    «Wahrscheinlich können wir genauso gut weitergehen. Wenn wir hier sind, dürften wir eigentlich nicht
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