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Der Mann aus Israel (German Edition)

Der Mann aus Israel (German Edition)

Titel: Der Mann aus Israel (German Edition)
Autoren: Margaret Jardas
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Er
reizt mich bis aufs Blut, ich will ihn unbedingt beleidigen. „Oberst,
Elisabeth, Oberst, nicht Major.“ korrigiert er mich. Die Stimme duldet keinen
Widerspruch. Das kann doch einfach nicht stimmen, denke ich. Was macht er dann
hier? Oberst im israelischen Militär, das ist, als würde der Dirigent der
Wiener Staatsoper als Reiseleiter arbeiten.
    Es wird sich herausstellen, dass es stimmt, alles stimmt,
was er erzählt. Oberst Raffael Kidon. Eine Seite des Buches Raffael, eine nur,
eine sehr verwundete.
    Wir sitzen am Ufer des Sees, der Mond braucht noch ein paar
Tage zu seiner vollen Rundung. Er wirft sein Glitzerlicht auf den See. Wir sind
ganz allein. Ich erzähle ihm von meiner ständigen Sehnsucht zu reisen, von
meinen zwei Söhnen. Und ich erzähle ihm von meiner Liebe zu seinem Land. „Es
ist das einzige Land auf dieser Erde, wo ich sofort Wurzeln schlage, sobald ich
es betrete. Und es tut so weh, wenn ich sie beim Abschied wieder ausreißen
muss.“
    Raffael erzählt nichts und fragt nicht viel. Aber das, was
er wissen will, ist präzise. „Wie alt sind Deine Söhne? Weshalb kannst Du
hebräisch? Hast Du farbige Kontaktlinsen an?“
    Er liegt neben mir im Gras, entspannt. Es ist beinahe
gemütlich. Er macht überhaupt keine Anstalten, mich zu umarmen, zu küssen. Er
liegt einfach da und summt vor sich hin. Ich fange an, mich zu ärgern. Wieso
versucht er nicht, mich zu verführen. Kein Mensch ist weit und breit zu sehen,
es herrscht sichere Dunkelheit. Ich würde mich so gerne wehren, ihm sagen, wie
eklig und unattraktiv ich ihn finde. Ihm eine Beleidigung nach der anderen an
den Kopf werfen, als Sieger das Ufer verlassen. Er aber ist stumm. Ist er
eingeschlafen? Ich schaue ihn an. Sein Gesicht ist ganz ernst, zwischen den
Augenbrauen sehe ich wieder diese scharfe Falte. Der denkt überhaupt nicht an
die Frau an seiner Seite! An was denn dann? Und ich Dummkopf frage ihn „An was
denkst Du denn, Raffael?“
    Die Stimme, die mir antwortet kommt von ganz weit weg. So
als spräche er mehr zu sich selbst als zu mir. „Weißt Du, ich denke daran, wie
schön es hier ist. Israel ist der Garten Eden. Ich möchte ihn nicht verlassen.
Und doch versuchen sie alles, uns von hier zu vertreiben. Ich liebe dieses
Land, Elisabeth. Du verstehst das nicht. Du bist eine Fremde hier.“ Ich könnte
ihn erwürgen.
    „Wer ist sie ?“ schreie ich. „Meinst Du die bösen
Araber oder meinst Du alle Menschen - außer Euch, natürlich. Und überhaupt, was
soll dieser blöde Pathos? Meinst du, ich bin zu doof, um zu wissen, was es heißt,
ein Land zu lieben?“
    Ich fühle mich ausgesperrt, darf an seinen Gefühlen nicht
teilhaben. Den anderen ausgrenzen, dieses widerliche Spiel beherrscht der
Erzengel  medaillenreif. Er bestimmt, wer sein Territorium betreten darf, sein
inneres und sein äußeres. Er ist mein Gegner. Mondenschein und Wellenrauschen
hatten mich das für eine schwache Sekunde vergessen lassen.
    „Am besten, Ihr baut einen Stacheldraht um Euer geheiligtes
Zion. Dann könnt Ihr unter Euch bleiben. Und dann müsstest Du nicht mit einem
Trottel von Nicht-Juden am Strand sitzen.“ Ich bin so elend wütend. Es läuft
alles anders, als ich mir zurechtgelegt hatte.
    „Komm, lass uns das Programm von morgen festlegen.“ Seine
Stimme ist jetzt wieder sanft wie ein tropischer Windhauch. Ich verstehe diesen
Mann nicht.
    Es stellt sich heraus, dass er kein Reise-Programm erhalten
hat. Nur ich. Und meines ist in meinem Zimmer.
    „Dann lass uns doch dorthin gehen.“ sagt er. Aha, denke ich,
also doch. Ich nehme ihn mit in mein Zimmer. Noch nie habe ich das getan. Nie
hat ein fremder Mann mein Zimmer betreten. Was ist nur mit mir los, denke ich.
Er ist so groß und stark, so aggressiv. Ich würde mich nicht gegen ihn wehren
können.
    Ich spüre, wie mir plötzlich der Schweiß die Achselhöhlen
verklebt. Wir gehen in mein Zimmer. Nummer 125, neonbeleuchtet, karg, das ganze
Zimmer in eisblau gehalten. Ungemütlich, unsinnlich, weiß Gott kein Liebesnest.
    „Willst Du etwas trinken?“ frage ich ihn. „Ich habe aber nur
Cognac. Das ist nichts für Herrn Saubermann.“
    „Gib` schon her.“ grinst er, nippt an seinem Glas und schaut
mir in die Augen. Er liegt auf meinem Bett, hat sich mit dem rechten Arm
aufgestützt. Die Beine lässt er über den Bettrand baumeln. Er hat braune
Wildlederstiefel an. Wie seine Hände sind augenscheinlich auch seine Füße
elegant und langgliedrig, wenn sie in diese schmalen
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