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Der Mann aus Israel (German Edition)

Der Mann aus Israel (German Edition)

Titel: Der Mann aus Israel (German Edition)
Autoren: Margaret Jardas
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recht, wie sie sich verhalten
sollen.
    Und - er lächelt nicht. Sie aber sind meine gute Laune
gewöhnt. Und dann erst seine Stimme! Wie Attacken klingen seine Erklärungen,
wie Erschießungsbefehle. „Drehen Sie den Kopf nach links!“ „Die nächsten
Toiletten gibt es erst in Bet Shean.“ „Zigaretten rauchen ist im Autobus
verboten“ „Unsere Geschichte ist kompliziert, aber wenn Sie sich konzentrieren,
werden Sie sie verstehen.“ Er zitiert den ehemaligen Verteidigungsminister
Ariel Scharon, der nach dem Sechstage-Krieg von 1967 zum damaligen Staatschef
Menachem Begin gesagt haben soll „Leg’ ein jüdisches Hufeisen um die Araber“.
„Wasser gibt es beim Fahrer. Fünf Schekel die Flasche. Bier gibt es
selbstverständlich nicht.“
    Ohlàlà, denke ich, dicke Luft im Mini-Bus.
    Ich drücke mich ganz fest an meinen Fensterplatz, nur nicht
zu ihm hinüberschauen. Ich tue es aber doch. Er hat ganz wunderschöne Hände,
denke ich, so schmal und feingliedrig. Ganz leicht und elegant hält er damit
das Mikrofon. Wieso irritiert mich das? Wir fahren in Richtung Jericho.
    „Natürlich ist es unmöglich hineinzufahren. Es könnten
Steine fliegen.“ sagt er. „Die Palästinenser sind der Autonomie halt noch nicht
gewachsen.“ Wieder dieser hochnäsige Israeli-Ton. Könnte er sich nicht auf
objektive Information beschränken, anstatt uns seine höchstpersönliche Meinung
aufzudrängen?
    Ich setze meine Sonnenbrille auf, damit niemand meinen Zorn
sehen kann. Was mache ich nur mit dem Kerl? Wir fahren nach Beit-Shean, einem
Ruinenfeld aus der Römerzeit. Vielleicht hat er ja keine Ahnung von
Archäologie, dann könnte ich ihm gleich ins Wort fallen. Dann würde er merken,
dass ich nicht irgendeine doofe Kuh aus Deutschland bin. Aber er ist einfach brillant.
Völlig unliebenswürdig knallt er den Leuten einwandfreie Information hin. Statt
Vespasian sagt er immer Aspasian. Das klingt aber irgendwie ganz lustig. Mehr
Fehler kann ich nicht finden, obwohl ich buchstäblich danach suche. Er
verwechselt kein Jahrhundert, kennt die Funktionen der antiken Gebäude, setzt
alles in den richtigen Zusammenhang. Na, tröste ich mich, wenigstens ist er
fachlich Spitze. Aber es ärgert mich auch.
    Und es ärgert mich, dass er die Gruppe sofort unter eiserner
Kontrolle hat. Bei mir sind die meisten immer zum Fotografieren verschwunden,
als ich mit meinen wissenschaftlichen Erklärungen beginnen wollte. Oder noch
schlimmer, sie unterhielten sich über irgendwelche Familiengeschichten oder
Berufsprobleme. Nicht so bei Erzengel Raffael. Ganz brav stehen sie um ihn
herum, schauen immer in die von ihm vorbestimmte Richtung, nicken und tun so,
als würden sie aufmerksam zuhören.
    Es ist Mittag und sehr heiß. Er schlägt eine Mittagspause
vor. „Wir fahren nach Hamat Gader am Fuße des Golan.“ sagt er. „Dort gibt es
wunderbaren Petrusfisch, eine Krokodilfarm, heiße Quellen, antike Thermen und
einen schönen Park.“
    Den Preis, den er nennt, finde ich viel zu hoch.Im Übrigen,
ich will gar nicht nach Hamat Gader, ich fühle mich übertölpelt. Er lässt einem
ja überhaupt keine Wahl. Alles Zwang bei diesem bulligen Feldwebel.
Wahrscheinlich kann er dort richtig absahnen, in die eigene Tasche
wirtschaften, deshalb müssen wir jetzt um den ganzen Süd-Golan fahren. Und
diesen trockenen Petrusfisch kann ich schon überhaupt nicht leiden. Keiner der
Gäste wagt es zu widersprechen. Ich halte mich zurück. Ich muss mir erst eine
Strategie überlegen. Was kann ich tun? Ich könnte mich natürlich mit ihm streiten.
Dann allerdings würden es ausgesprochen unangenehme Tage werden. Denn gewachsen
bin ich ihm nicht. Er ist sehr schlagfertig und angriffig, selbstsicher und
stark. Außerdem hat er Heimvorteil.
    Ich denke an all die schwierigen Momente in Jordanien. Als
keine Zimmer für uns reserviert waren, als der Bus nicht da war, als das Zimmer
eines Gastes direkt neben dem Hauptgenerator lag. „ No
problem, my dear, it only will take five minutes “  hörte ich
dann.Manchmal haben die fünf Minuten eine Ewigkeit gedauert. Aber
gekoppelt mit einem Blick aus meinen blauen Augen und einem netten Lächeln,
habe ich dann doch jedes Mal erreicht, dass ich all das bekam, was fehlte.
    Vielleicht sollte ich diesen Weg auch bei Raffael versuchen?
Irgendwie ist es mir aber unangenehm. Er sieht so männlich aus, so erfahren. Ob
der sich von mir blitzen lässt? Ich bezweifle es sehr. Außerdem ignoriert er
mich nach wie vor. Kein Blick, kein
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