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Der Mann aus dem Safe

Der Mann aus dem Safe

Titel: Der Mann aus dem Safe
Autoren: Steve Hamilton
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rückwärtstaumelte. Dann rannte er durch den Gang, riss die Tür am Ende auf und verschwand die Treppe hinunter.
    Ich rappelte mich auf und rieb meine Schultern. Durch die offenstehende Wohnungstür sah ich die Zerstörung darin. Der Mann hatte alles auseinandergenommen bei seiner Suche nach irgendwelchen Wertgegenständen. Damit er mehr Drogen kaufen konnte oder was es sonst war, was er gerade so dringend brauchte. Der Kühlschrank stand offen, und sogar das Essen darin war durchwühlt worden und nun verdorben. Ich schloss die Wohnungstür und ging.
    Als ich nach unten kam, schrieb ich die Nummer des Apartments auf die Rückseite einer Speisekarte und gab sie dem Portier. Dann ging ich zurück zum Restaurant.
    Ich stieg in mein Zimmer hinauf und zählte mein übriges Geld. Ich lebe von geborgter Zeit, dachte ich. Wie lange noch, bis du so verzweifelt bist wie dieser Einbrecher?
    Es wurde stetig kälter. Der erste Schnee fiel in der Nacht. Zuerst weiß, aber schmutzig am Morgen.
    Ich wachte auf und hörte einen der Pager piepen.
     
    Ich traf mich mit den Männern in einem Diner in der Bronx. Eine kleine Taxifahrt über den Hudson River. Sie hatten mich auf dem gelben Pager angerufen, und ich wusste natürlich noch, was der Ghost über den gelben Pager gesagt hatte. Das war die allgemeine Nummer, mit der mich so gut wie jeder Schwachkopf erreichen konnte. Deshalb äußerste Vorsicht walten lassen. Allerdings war ich derzeit, sagen wir mal, besonders motiviert. So betrat ich also an diesem kalten Nachmittag den Diner und stand ein paar Minuten einfach da, bis mich jemand in einer Sitznische ganz hinten neben der Schwingtür zur Küche herbeiwinkte. Drei Männer saßen dort. Einer von ihnen stand auf, packte meine Hand und zog mich in eine angedeutete Umarmung.
    »Du musst der Kleine sein«, sagte er. Er trug eine grasgrüne Jacke von den New York Jets und eine Goldkette, und er hatte so einen kurzen Julius-Caesar-Haarschnitt, dem er offenbar zu viel Zeit widmete. Dazu einen rasiermesserdünnen, perfekt symmetrischen Backenbart, der in einem kleinen Unterlippenbärtchen zusammenlief. Sie wissen schon – weißer Junge, der ums Verrecken nicht weiß aussehen will.
    »Das sind meine Jungs«, stellte er die anderen beiden vor. »Heckle und Jeckle.«
    Damit ersparte er mir wenigstens die Mühe, Aliasse zu erfinden. Er rutschte wieder auf seine Sitzbank und machte Platz für mich.
    »Willst du was essen? Wir haben gerade bestellt.« Dieses dünne Bartding ließ seinen Mund irgendwie größer wirken, und ich sollte bald feststellen, dass er ihn keine Minute lang halten konnte. Also taufte ich ihn prompt Großmaul. Er rief die Kellnerin, die mir eine Speisekarte gab. Ich zeigte auf einen Hamburger.
    »Was ist, redest du nicht?«, fragte sie.
    »So isses. Er redet nicht«, sagte Großmaul. »Hast du ein Problem damit?«
    Sie nahm mir die Speisekarte ab und ging ohne ein weiteres Wort davon.
    »Ich hab von dir gehört«, sagte er, als sie außer Hörweite war. »Du hast gerade eine kleine Nummer mit einem Freund von einem Freund von mir durchgezogen.«
    Das beantwortete meine erste Frage, nämlich wieso er am Telefon schon zu wissen schien, dass ich irgendwo in der Stadt war. Unwillkürlich stellte ich mir eine Unzahl von zwielichtigen Typen dort draußen vor, die alle jederzeit meinen ungefähren Aufenthaltsort kannten.
    »Verdammt, Mann«, sagte er. »Ich hab zwar gehört, dass du jung aussiehst, aber Mann, leck mich.«
    Heckle und Jeckle sagten nichts. Sie hatten Milchshakes vor sich stehen, Schokolade und Vanille, wie es aussah, und gaben sich damit zufrieden, an ihren Strohhalmen zu nuckeln und zu allem zu nicken, was Großmaul von sich gab.
    »Okay, die Situation ist folgende«, begann er und senkte die Stimme. »Wir haben da einen Kumpel …«
    Er macht das tatsächlich hier, dachte ich. Er breitet den ganzen Plan in einem Diner aus.
    »Er arbeitet in einer Bar in Uptown. Die haben oben so einen noblen Raum für Partys und große Feiern und all so was. Vor ein paar Wochen also war da eine Weihnachtsfeier. Gruppe von Juden aus dem Diamantenviertel. Moment mal, hab ich gerade gesagt, ’ne Gruppe von Juden hatte ’ne Weihnachtsfeier?«
    Heckle und Jeckle prusteten und spuckten ihre Milchshakes durch die Gegend. In dem Augenblick hätte ich aufstehen und gehen sollen.
    »Eine Jahresendfeier, meine ich. Eine Hanukkah-Party oder was weiß ich. Jedenfalls, sie feiern ordentlich, und dieser eine Typ gießt sich kräftig
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