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Der Mann auf dem Einhorn

Der Mann auf dem Einhorn

Titel: Der Mann auf dem Einhorn
Autoren: Hans Kneifel
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Berg der Gesichter und in weitem Umkreis lag nicht nur vorübergehender Sonnenschein des frühen Morgens, sondern auch eine Art leuchtende Aura.
    Sie ließ sich schwer begreifen. Es war, als umhülle und schütze eine lichte Wolke dieses Stück des Landes. Mythor wusste es, ohne die Gründe zu kennen und eine Erklärung zu haben: Aus einem Stützpunkt der Schwarzen Magie, der düsteren Mächte aus der Schattenzone, war schon jetzt ein Hort des Lichtboten geworden. Wenn dereinst Hesters gigantische Arbeit vollbracht war, würde dieser Eindruck vollkommen sein. Dann würde der Berg der Gesichter in weitem Umkreis wirken und zu einer Festung gegen das Böse werden.
    Mythor ließ den Arm sinken und ritt weiter. Hoch über ihm schwebte ruhig, in weiten Kreisen, sein Späher. Horus, der Schneefalke, würde ihn warnen, wenn sich auf seinem Weg Gefahren sammelten.
    Pandor fiel in einen leichten, schnellen Trab. Die Satteltaschen, die Mythor mit einem breiten Gurt aus dem Sattel des anderen Rappen an seinem Rücken festgebunden hatte, waren voller Nahrungsmittel und Ausrüstung. Der Helm der Gerechten schlug gegen seinen Oberschenkel.
    Einen Pfeilschuss entfernt schnürte Hark dahin, der riesige Bitterwolf. Obwohl er immer wieder zu Mythor und dem Einhorn herüberäugte, sah es aus, als gehöre er nicht zu dem dunkelhaarigen Krieger.
    Mythor schlug, sich nach der Sonne richtend, den Weg zum verwunschenen Tal ein. Er wusste, hinter welchem Hügel die Felsnadel lag.
    Und er begann, Hester und den Berg der Gesichter aus den Gedanken zu verlieren. Im Schutz der lichterfüllten Aura würde der einäugige Bruder Königin Elivaras sein Werk vollenden, wie lange es auch dauern mochte.
    In der ersten Stunde ritt Mythor auf einem deutlichen Pfad durch das schneebedeckte Land.
    Dann wurde diese Spur schmaler. Immer weniger Fährten kreuzten seinen Weg. Das Einhorn war auf dem ersten Teil des Pfades galoppiert, jetzt wurde es langsamer und bahnte sich kraftvoll einen Weg durch den Schnee. Längst war der Berg der Gesichter hinter dem Wald verschwunden.
    Horus kam zurück, zog einige Runden über Mythors Schultern und ließ sich dann auf dem rechten Unterarm nieder. Der Fellmantel trug bereits die Reißspuren der nadelscharfen Fänge. Mythor hatte Horus scharf beobachtet, aber das Tier wirkte nicht im mindesten beunruhigt oder aufgeregt. Also drohten wohl keine Gefahren.
    Als die Sonne ihren höchsten Stand erreicht hatte, machte Mythor eine kurze Pause. Er hielt unter den ausladenden Zweigen und Ästen eines einzelnen Baumes an, der auf der Kuppe eines Hügels lag.
    Wieder wandte sich Mythor um. Er konnte den Berg der Gesichter von hier aus nicht mehr sehen. Längst war die Sonne wieder hinter langgezogenen Schleiern von Schneekristallen verschwunden. Nur an drei Stellen, weit entfernt, erkannte Mythor dünne Rauchfäden irgendwelcher Lagerfeuer. Auch das Leuchten über dem Tafelberg sah er nicht mehr.
    »Es gibt kein Zurück mehr«, murmelte er. Horus fauchte auf seinem Arm. »Das verwunschene Tal wartet. Und Kalathee!«
    Er aß im Reiten und ritt bis zur Dämmerung weiter. In der Nacht fanden sie einen trockenen Platz in einem dichten Gebüsch, von mannshohen Schneeverwehungen umgeben. Der Wolf bewachte Mythors Schlaf am Boden, der Falke flatterte auf und verbrachte die Nacht irgendwo in den Ästen der Bäume.
    Und schließlich sah Mythor, als er zwischen den Stämmen eines Waldstreifens hervorritt, die Felsnadel vor sich. Noch zwei Stunden Ritt trennten ihn von diesem Treffpunkt. Seine Wachsamkeit wuchs, denn er dachte an die Caer, die entlang der Grenze von Dandamar streifen mochten.
    »Was hast du?« knurrte Mythor, als Horus sein Gefieder sträubte, einen krächzenden Ruf ausstieß und die Schwingen entfaltete. Der Schneefalke wirkte unruhig. Mythor riss den linken Arm in die Höhe und stieß den Falken ab. Mit schnellen Flügelschlägen gewann das Tier Höhe und flog nach rechts davon. Mythor sah ihm nach. Dort drüben zeichnete sich Wald gegen den Himmel ab. Mythor blinzelte, dann hob er schützend die Hand über die Augen.
    Er meinte, zwischen den Baumwipfeln Rauch aufsteigen zu sehen. Die Luft flimmerte. Er blickte genauer hin und entdeckte tatsächlich eine schwache Rauchspur. Als er Pandor in diese Richtung gehen ließ, vermochte er sogar den Rauch zu riechen.
    »Es wird Nottrs Lagerfeuer sein«, murmelte er.
    Als Mythor auf die bewusste Stelle zuritt, kam der Bitterwolf hinter ihm aus den Büschen hervor und hetzte mit
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