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Der Mann auf dem Einhorn

Der Mann auf dem Einhorn

Titel: Der Mann auf dem Einhorn
Autoren: Hans Kneifel
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großen Sprüngen hinter dem Einhorn her. Mythor war sich klar, dass der pechschwarze, glänzende Körper Pandors gegen den Schnee ein hervorragendes Ziel abgeben musste .
    Sorgfältig beobachtete er die Schneedecke. Er sah nur die Spuren von Vögeln und Rotwild. Das Einhorn versank bis zur Brust im Schnee und kämpfte sich wieder aus dem Graben heraus. Dann ging es über ein Stück Weide, wo die dürren Halme aus dem Schnee hervorstachen. Wind hatte die Schneedecke davongetragen.
    Mythor schlug den Mantel auf und griff nach Alton. Noch zog er das Gläserne Schwert nicht, blieb aber kampfbereit.
    Zuerst kreiste der Schneefalke über den Wipfeln, dann suchte er eine Öffnung zwischen den Ästen und verschwand dahinter. Schnee rieselte von den Zweigen. Das Schlagen der Flügel hallte leise im Wald wider. Noch immer keine Spuren, auch keine, die aus dem Wald in die Richtung der Felsennadel führten.
    Auf der leicht abschüssigen Weide galoppierte Pandor auf den Waldrand zu. Als sich aus dem höher werdenden Schnee Ranken und Dornen hochwanden, fiel er in Trab zurück. Mit einigen Sätzen überwand er diese natürliche Sperre. Dann polterten die Hufe dumpf auf schneefreiem Waldboden.
    Im Zickzack kam der Schneefalke zwischen den bemoosten Stämmen zurück. Diesmal wirkte er aufgeregt.
    »Was hast du entdeckt?« fragte Mythor, obwohl er wusste, dass er keine klare Antwort erwarten durfte. Er zog das Schwert und ritt dorthin, woher der Falke gekommen war.
    Der Geruch nach kaltem Feuerrauch wurde durchdringender. Zuerst wollte Mythor den Namen der Freunde laut rufen, unterließ es aber.
    Einige Wurzeln umgestürzter Stämme versperrten ihm den Weg. Ein kleiner Graben, auf dessen Grund Eis funkelte, wurde übersprungen. Hier lagen Holzspäne und abgerissene Rinde.
    Einige Schritte weiter: Mythor entdeckte eine Art Lager. Schräg in den Boden gerammte Stangen, darüber rohes Geflecht aus Zweigen, mit Schnee abgedichtet, und eine große runde Zone, von Steinen umgeben.
    Aus dem Feuer war Glut geworden, von einer dicken Schicht Asche bedeckt. Es ging keine Wärme mehr von dem großen, hellgrau staubenden Haufen aus.
    »Hark! Du musst mich beschützen!« sagte Mythor flüsternd und blickte in die großen Augen des Wolfes.
    Das Tier tat, als habe es verstanden, aber es gehorchte in Wirklichkeit nur seinen Instinkten. Es warf sich herum und schlug einen Kreis um das Lager ein.
    Mythor glitt vom Rücken des Einhorns. Pandor blieb stehen, als habe Mythor das Tier an einen Stamm gefesselt. Kein Muskel rührte sich unter dem glatten Fell. Der Krieger lief geduckt, das Schwert in der Hand, auf das Lager zu und war bestrebt, stets die Schutzdächer oder einen Baum zwischen sich und die fast erkaltete Feuerstelle zu bringen. Dann sprang er mit einem gewaltigen Satz in die Mitte der winzigen Lichtung.
    »Bei Erain!« stieß er hervor. »Leer!«
    Er drehte sich langsam einmal um sich selbst und spähte in jeden dunklen Winkel. Der Schneefalke kam heran und landete auf einem abgestorbenen Ast. Hinter Mythor raschelte Hark auf dem trockenen Boden aus Laub und Nadeln.
    Es gab keinen Hinweis, dass hier Nottr, Kalathee und Steinmann Sadagar gelagert hatten. Aber drei Leute hatten sich hier längere Zeit aufgehalten. Das war sicher. Es gab untrügliche Merkmale.
    Mythor streckte das Schwert aus und stocherte vorsichtig in der Mitte des großen Aschehaufens. Er förderte nur winzige Stücke fast schwarzer Glut zutage. Also hatte dieses Feuer vor rund einem Tag noch heftig gelodert.
    Er fand Federn, Knochen, einige Fellreste. Zwei gegabelte Holzstücke waren in den Boden gerammt gewesen und jetzt, fast verkohlt, umgefallen. Also hatten die drei Wanderer hier Fleisch gebraten. Mythor stand auf und ging dreimal um das Lager herum.
    Zwanzig Schritt entfernt, dem Waldrand zu, stand der Wolf.
    Und genau in diese Richtung führte eine deutliche Spur. Hark hatte sie vor Mythor wahrgenommen, und das gab den Ausschlag.
    Mythor flüsterte: »Sie haben vor kurzem dieses Lager verlassen und sind dorthin gegangen. In dieser Richtung liegt die Felsnadel mit ihrem Gebüsch. Also warten sie dort. Aber woher wussten sie schon so früh, dass ich komme?«
    Er zog sich auf Pandors Rücken und folgte, so schnell es hier möglich war, der Spur, die ihm Hark zeigte. Der Wolf heulte leise auf, als der Reiter, tief über den Hals des Einhorns gebeugt, aus dem Wald herauskam und über das offene Feld galoppierte, auf die Felsnadel zu.
    Ein undeutlicher Verdacht machte sich
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