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Der Mann am Strand

Der Mann am Strand

Titel: Der Mann am Strand
Autoren: Henning Mankell
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Mit Hilfe eines tüchtigen Archivars beim Landgericht bekam ich auch eine Antwort auf deine zweite Frage, inwieweit sie mit der Ermittlung im Fall des Todes von Bengt Alexandersson befaßt war."
    Er verstummte. Wallander wartete gespannt.
    "Du hattest tatsächlich recht", sagte Åkeson. "Sie leitete die Voruntersuchung, und sie war es auch, die die Ermittlung schließlich auf Eis legte. Ein Täter wurde nie gefaßt."
    "Danke für die Hilfe", sagte Wallander. "Ich laß mir das alles durch den Kopf gehen. Ich melde mich später wieder."
    Als er aufgelegt hatte, stand er auf und trat ans Fenster. Die Scheibe war beschlagen. Es regnete jetzt stärker als am frühen Morgen. Es gibt nur eins, dachte er. Hingehen und herausfinden, was eigentlich passiert ist. Er beschloß, nur Rydberg mitzunehmen. Über das Haustelefon rief er ihn und Hansson zu sich. Er erzählte ihnen, was Åkeson gesagt hatte.
    "Donnerwetter!" sagte Hansson.
    "Ich dachte, du und ich fahren hin", sagte Wallander zu Rydberg. "Drei ist einer zuviel."
    Hansson nickte. Er verstand.
    Sie fuhren schweigend in Wallanders Wagen nach Svarte. Wallander parkte hundert Meter hinter Stenholms Haus.
    "Was erwartest du von mir?" fragte Rydberg, als sie durch den Regen gingen.
    "Daß du dabei bist. Sonst nichts."
    Plötzlich wurde es Wallander bewußt, daß Rydberg zum erstenmal ihm assistierte und nicht umgekehrt. Rydberg hatte sich nie formell als sein Vorgesetzter verhalten, es paßte nicht zu seinem Temperament, Chef zu sein. Sie hatten immer Seite an Seite gearbeitet. Aber seit 34
    Wallander in Ystad war, hatte er Rydberg als seinen Lehrer betrachtet. Das berufliche Können, über das Wallander heute verfügte, ver-dankte er hauptsächlich Rydberg.
    Sie traten durch die Gartenpforte und gingen zum Haus.
    Wallander klingelte. Als habe er sie erwartet, öffnete der alte Arzt ihnen fast auf der Stelle die Tür. Wallander schoß der Gedanke durch den Kopf, wie merkwürdig es war, daß der Labrador sich nicht zeigte.
    "Ich hoffe, wir stören nicht", sagte Wallander. "Aber wir haben noch einige Fragen, die leider nicht warten können."
    "Was für Fragen?"
    Wallander merkte, daß jede Freundlichkeit bei dem Mann jetzt verschwunden war. Er wirkte verängstigt und zugleich gereizt.
    "Nach dem Mann, der am Strand spazierenging", sagte Wallander.
    "Ich habe Ihnen doch schon gesagt, daß ich ihn nicht gesehen habe."
    "Wir würden auch gern mit Ihrer Frau sprechen."
    "Ich habe ihnen gesagt, daß sie todkrank ist. Was hätte sie denn sehen sollen? Sie liegt im Bett. Ich begreife nicht, warum Sie uns nicht in Frieden lassen können!"
    Wallander nickte. "Dann werden wir nicht mehr stören", sagte er. "Jedenfalls im Moment nicht. Aber ich bin ziemlich sicher, daß wir wiederkommen werden. Und dann werden Sie uns hereinlassen müssen."
    Er nahm Rydberg am Arm und ging mit ihm zur Gartenpforte. Hinter ihnen wurde die Tür zugeschlagen.
    "Warum hast du so schnell nachgegeben?" fragte Rydberg.
    "Das hast du mir doch beigebracht", antwortete Wallander. "Daß es nicht schadet, die Leute nachdenken zu lassen. Außerdem brauche ich von Åkeson einen Durchsuchungsbefehl."
    "Hat wirklich er Alexandersson getötet?" fragte Rydberg.
    "Ja", sagte Wallander. "Ich bin mir sicher. Er war es. Aber wie das Ganze zusammenhängt, weiß ich noch immer nicht."
    Am selben Nachmittag bekam Wallander seinen Durchsuchungsbe-35
    fehl. Er beschloß, bis zum nächsten Morgen damit zu warten. Um sich abzusichern, ließ er sich von Björk die Zustimmung geben, das Haus solange zu bewachen.
    Als Wallander in der Morgendämmerung des folgenden Tages, es war der 7. Mai, aufwachte und das Rollo hochschnappen ließ, war die Stadt in Nebel gehüllt. Bevor er duschte, tat er etwas, was er am Abend zuvor vergessen hatte. Er schlug den Namen Stenholm im Telefonbuch nach. Es gab darin weder eine Kajsa noch einen Martin Stenholm. Als er die Auskunft anrief, wurde ihm mitgeteilt, die Nummer sei geheim. Er nickte stumm, als habe er genau das erwartet.
    Während er Kaffee trank, überlegte er, ob er Rydberg mitnehmen oder allein nach Svarte fahren sollte. Erst als er sich ins Auto setzte, entschied er sich dafür, allein zu fahren. Über der Küste lag dichter Nebel.
    Wallander fuhr sehr langsam. Kurz vor acht Uhr hielt er unmittelbar vor Stenholms Haus. Er ging durch die Gartenpforte und klingelte. Erst beim dritten Klingeln wurde aufgemacht. Als Martin Stenholm sah, daß es Wallander war, versuchte er, die Tür zuzuschlagen.
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