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Der magische Stein

Der magische Stein

Titel: Der magische Stein
Autoren: Jason Dark
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das neue Ziel zu. Carlotta war längst klar, dass sie wieder etwas erleben würde, das aus dem Rahmen des Normalen fiel. Aber das war sie gewohnt auf ihren nächtlichen Flügen. Irgendwie wurde sie davon verfolgt.
    Als sie auf den Stein zuflog, sah sie etwas Bleiches durchschimmern. Noch zwei Schläge mit den Flügeln, dann war das Ziel erreicht. Und schon zuvor sah sie, was sich da verändert hatte.
    »Das gibt’s doch nicht«, flüsterte sie. »Das ist ja unmöglich. Verdammt, ich habe...«
    Nein, sie dachte nicht mehr weiter. Es war jetzt wichtiger, sich eine Antwort zu holen. Sie setzte noch mal zu einem Flügelschlag an, schwebte über der besetzten Plattform, landete auf beiden Füßen und schaute direkt in das Gesicht einer mit Ketten gefesselten Frau
    ***
    Carlotta sagte zunächst nichts. Es hatte ihr die Sprache verschlagen, denn mit einem derartigen Bild hatte sie nicht gerechnet. Sie fragte sich, wie es möglich war, dass diese Frau mit den aschblonden Haaren auf den Stein kam, aber die Frage verschwand sehr schnell aus ihrem Kopf. Ohne weitere Informationen würde sie sowieso auf keine Antwort kommen.
    Das Vogelmädchen fühlte sich wie vor den Kopf geschlagen. Zugleich hatte sie einen unsichtbaren Tritt in den Magen bekommen, wobei der Druck dort so schnell nicht verschwand.
    Einen Schwindel hatte sie bisher nicht erlebt. Das war jetzt anders geworden. So merkte sie, dass ihre Beine zittrig geworden waren, doch das hing mehr mit der Person dieser Frau zusammen, die kniete und den Oberkörper dabei steif hielt und leicht nach hinten gedrückt hatte, sodass die Haltung sehr starr wirkte.
    Die Unbekannte bewegte sich jetzt. Da Ketten um ihren nur spärlich bedeckten Körper lagen, konnte sie sich nur sehr schwer bewegen. Aber ihr Kopf wurde nicht behindert. Sie hob ihn und schaute Carlotta an.
    »Wer bist du?«, flüsterte das Vogelmädchen.
    »Ich bin Isa.«
    »Danke, jetzt kenne ich deinen Namen. Aber was machst du hier? Warum sitzt du hier auf dem Felsen? Wer hat dich hingesetzt? Das ist doch ein Unding.«
    Isa bemühte sich um klare Worte. Es fiel ihr schwer, und so flüsterte sie: »Flieh, flieh so schnell wie möglich. Ich habe keine Chance, und du hast sie auch nicht.«
    Carlotta versuchte es mit einem Lächeln. »Nein, so leicht gebe ich nicht auf. Das kann ich nicht akzeptieren. Hier ist etwas passiert. Ich sehe einen Menschen in Not, und deshalb muss ich etwas tun. Man hat dich angekettet, das ist schon schlimm, aber wie bist du hierher gekommen? Die Steinsäule ist verdammt hoch. Wer hat dich hergeschafft?«
    »Flieg weg, Mädchen – bitte!«
    »Du kannst mich Carlotta nennen.«
    »Trotzdem solltest du wegfliegen. Ich bitte dich darum. Du machst dich unglücklich. Du hast damit nichts zu tun. Das musst du mir glauben.«
    Carlotta hatte genau zugehört. Sie merkte den inneren Drang in sich, der sich zu einer Wut zusammenballte. So etwas konnte sie einfach nicht hinnehmen. Hier befand sich ein Mensch in einer wirklich extremen Lage, und sie glaubte nicht daran, dass er keine Hilfe wollte. Wer sich in einer derartigen Lage befand, der musste sie einfach akzeptieren.
    Genau darauf wollte Carlotta hinaus, als sie sagte: »Ich kann dich mitnehmen, Isa. Ja, ich nehme dich mit. Wir brauchen nicht mal die Ketten zu lösen. Es ist für mich kein Problem, dich zu tragen. Gemeinsam werden wir Hilfe finden.«
    Isa schüttelte den Kopf. »Nein, das werden wir nicht. Ich habe mich entschieden.«
    »Ich auch.«
    »Du weißt nichts!«, flüsterte Isa. »Du kannst gar nichts wissen. Du bist fremd.«
    »Das weiß ich. Aber ich sehe die Tatsachen, und die sind nicht gut für dich.«
    »Trotzdem. Ich habe es nicht anders gewollt.«
    Das Vogelmädchen wunderte sich über eine solche Antwort. Es konnte nur den Kopf schütteln. So etwas hatte Carlotta noch nie erlebt. Da war jemand, der sich in einer Zwangslage befand und nicht wollte, dass man ihn daraus befreite.
    Was steckte dahinter?
    »Warum hockst du hier, Isa?«, fragte Carlotta. »Sag es mir doch. Vielleicht kann ich es begreifen.«
    »Nein, das wirst du nicht. Es ist ganz anders als du denkst. Alles ist übrigens anders. Ich bin eine Gefangene, aber ich bin nicht böse darum. Ich kannte mein Schicksal, glaube ich. Doch wenn ich dich anschaue, dann sehe ich in dir ebenfalls eine Gefangene.«
    »Wieso?«
    Isa, deren schmales Gesicht von einer gewissen Qual gezeichnet war, fragte zurück: »Hast du nicht bemerkt, was passiert ist? Dass plötzlich alles
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