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Der magische Stein

Der magische Stein

Titel: Der magische Stein
Autoren: Jason Dark
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kenne ich noch aus meiner Kindheit. Früher fuhr hier noch eine kleine Bahn entlang, und das Haus war der Arbeitsplatz für einen Bediensteten, der hin und wieder die Schranke hob und sie wieder schloss. Man hat die Transportlinie eingestellt, aber das Haus wurde nicht abgerissen. Ich besitze einen Schlüssel.«
    »Woher?«, fragte Suko.
    »Der Bedienstete war mein Vater. Er ist längst im Ruhestand, aber ich konnte mir einen Wachsabdruck machen.«
    »Auch gut«, sagte Suko. »Ich meine, wenn es Ihnen dort besser gefällt, können wir uns da unterhalten.«
    »Da müssten wir uns durch den Wald schlagen.«
    »Kein Problem.«
    »Gut, dann lassen Sie uns gehen.«
    Mir war es letztendlich egal, wohin ich dieser Frau folgte. Aber ich wunderte mich schon, dass sie einen Pfad kannte, der durch dieses dichte Gelände führte. Zwar mussten wir uns hin und wieder den Weg bahnen, aber wir kamen voran und konnten gar nicht mal weit von der offiziellen Straße entfernt die dunkle Welt verlassen. Fast vor unseren Füßen lief der alte Schienenstrang entlang, der zum größten Teil durch Gras und Pflanzen überwachsen war.
    Das Bahnwärterhaus lag nicht weit entfernt. In unmittelbarer Nähe befand sich eine Schranke, ohne das bewegliche Mittelstück. Das hatte vielleicht ein Sammler mitgenommen.
    Das Haus sah aus wie eine übergroße Freilufttoilette. Viel Platz gab es darin nicht. Aber die Tür an der Vorderseite war abgeschlossen. Mandy musste sie erst aufschließen, und als sie das Ding dann öffnete, erklang ein erbärmliches Knirschen.
    »Es ist zwar eng, aber ich denke, wir passen hinein.«
    »Kein Problem«, sagte ich.
    Mandy Gilmore schaltete das Licht ein, und ich sah, dass ich den Mund ein wenig voll genommen hatte. Es war in der Tat mehr als eng. Mir kam eine Sardinenbüchse in den Sinn. Hinzu kam, dass sich Mandy das kleine Haus als einen Fluchtort ausgesucht hatte. Auf dem Boden lag ihre aufgeblasene Luftmatratze, die sie in der Nacht als Schlaflager benutzte.
    Ein Rucksack stand an der Wand. Es gab ein feststehendes Desk unterhalb des Fensters. Integriert waren ein Telefon und ein Lautsprecher. Schalter schauten mit ihren Griffen ebenfalls aus dem braunen Holz hervor.
    Durch die im Verhältnis zum Haus großen Fenster hatte Mandys Vater einen guten Blick nach vorne gehabt. Er hatte das Gleis wirklich gut beobachten können.
    Es gab einen Stuhl vor dem Desk. Allerdings nahm keiner von uns auf ihm Platz, bis ich darauf deutete und Mandy erklärte, dass sie sich setzen sollte.
    »Danke.«
    Wir hatten Zeit genug gehabt, sie uns anzuschauen. Mandy Gilmore war Mitte 30. Auf ihrem Kopf wuchsen die Haare wild. An einigen Stellen hatten sie sich zu dunklen Locken zusammengedreht. Von der Figur her war sie recht kräftig, obwohl die braune Lederjacke einen großen Teil ihres Körpers verbarg. Dafür saß die blaue Jeans recht eng. Mir fiel der Gürtel auf, der einen Drudenfuß zeigte, einen Fünfstern, der Schutz vor Druden bot – nicht Druiden! Als Druden bezeichnete man die bösen weiblichen Nachtgeister. Das schoss mir in diesen Momenten durch den Kopf. Unter ihren Augen sah ich Ringe. Die Haut wirkte grau und eingefallen. Blasse Lippen zitterten leicht, als sie uns anblickte, ohne ein Wort zu sagen.
    Ich lächelte ihr zu. »Eigentlich sind Sie an der Reihe.«
    »Bleiben wir doch beim Du.«
    »Auch gut. Also, was hast du uns zu sagen?«
    »Dass ich Angst habe«, antwortete sie.
    »Okay. Du hast es in deinem Brief geschrieben. Du hast dich auch hier versteckt, wie man sehen kann. Aber wir wissen nicht, wer dir die Angst einjagt.«
    »Ihr wollt es sehen?«
    »Natürlich«, entgegnete ich.
    »Ich kann euch den Beweis liefern. Und ich sage euch gleich, dass ich nicht so aussehen will wie sie.«
    Was das bedeutete, mussten wir zunächst mal abwarten. Sie fügte nichts mehr hinzu. Dafür bückte sie sich und zog eine Schranktür an der rechten Pultseite auf.
    Sie brauchte nicht lange darin herumzuwühlen.
    Was sie hervorholen wollte, schaffte sie mit einem Griff.
    Wir hörten ein leises Schaben, als sich die Frau aufrichtete und dann etwas in die Höhe gegen das Licht hielt.
    »Ich möchte nicht zu dem werden, was ich hier in meiner Hand halte«, flüsterte sie.
    Suko und ich schauten hin, schüttelten fast gemeinsam die Köpfe, und schauten noch mal hin.
    Es stimmte. Das war keine optische Täuschung.
    Mandy Gilmore hielt zwei grüne Menschenknochen in der Hand!
    ***
    Es gibt des Öfteren Situationen, in denen nichts passiert.
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