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Der männliche Makel: Roman (German Edition)

Der männliche Makel: Roman (German Edition)

Titel: Der männliche Makel: Roman (German Edition)
Autoren: Claudia Carroll
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Rachel und Kian, beschwipst hinaus. Wie mir auffällt, hat nur einer darauf verzichtet, sich von mir zu verabschieden. Hinter der geschlossenen Jalousie meines alten Büros kann ich die hagere Gestalt von Seth Coleman erkennen, der wie ein Gespenst die Feierlichkeiten beobachtet.
    Ob ich mit ihm tauschen will? Nur über meine Leiche.
    Es ist kurz vor Weihnachten, und es hat sich so viel verändert. Jake arbeitet noch immer in der Sprachenschule, inzwischen sogar Vollzeit, unterstützt mich und Lily und zahlt die Raten fürs Haus. Währenddessen habe ich mich auf die Stellensuche gemacht, wobei ich mich geweigert habe, von meinen Anforderungen abzuweichen.
    Ich arbeite nicht mehr am Wochenende.
    Ich mache um fünf Uhr Feierabend.
    Ich fordere sechs Wochen Urlaub im Jahr, und damit basta.
    Einige Headhunting-Agenturen haben mich angesprochen und mir Stellen angeboten, die der bei der Post zum Verwechseln ähnlich waren. Ich habe sie alle abgelehnt.
    »Überleg mal, was du am allerliebsten tun würdest«, meinte Jake eines späten Abends, als Lily schon im Bett lag und wir allein waren. Meine liebste Tageszeit. »Und dann schau, ob du damit Geld verdienen kannst.«
    Und da kam mir die Erleuchtung. Ich erinnerte mich daran, wie sehr ich meine Anfangstage als Reporterin geliebt habe, und auch, wie aufregend es vor all den Monaten war, Jakes Aufenthaltsort zu recherchieren. Und so habe ich beim Daily Echo angefragt, ob ich als freie Journalistin bei ihnen anfangen könnte. Sie haben sofort zugegriffen und mir seitdem immer wieder einen Posten als leitende oder verantwortliche Redakteurin angeboten. Doch ich habe nicht angenommen.
    Und so habe ich zum ersten Mal seit Jahren wirklich Spaß an meiner Tätigkeit. So lange habe ich tagtäglich mit der Angst im Nacken gelebt, dass ich die neue Leichtigkeit fast nicht erkenne, die ich empfinde, seit ich nicht mehr dauernd unter Druck stehe. Am späten Vormittag gehe ich beschwingt zur Arbeit. Oder, was noch besser ist, ich arbeite von zu Hause aus. Es klappt, und ich habe trotzdem genug Zeit, um für meine Tochter da zu sein. Glauben Sie mir, nichts auf der Welt wird je wieder etwas daran ändern.
    Auch bei Helen entwickeln sich die Dinge prächtig. In einer überraschenden Kehrtwende und mit meiner vollen Unterstützung hat sie Darren und seiner Pension in Cobh den Rücken gekehrt und wieder bei ihrer alten Firma angeheuert und ist mit Sack und Pack in ihre Wohnung in Sandymount gezogen. Außerdem hat Ben nicht lange gefackelt und sich richtig mit ihr verabredet. Inzwischen scheint es etwas Ernstes zu sein. Zumindest Jake zufolge, der sagt, Helen sei die erste Frau, die Ben seit dem Tod seiner Frau zum Lächeln gebracht habe. Sie versteht sich auch blendend mit seinem kleinen Sohn Josh, mit dem Lily inzwischen auch bestens befreundet ist.
    Mittlerweile kennt Lily mehr Leute als jeder Erwachsene, der mir je untergekommen ist. Seit Jake in ihr Leben getreten ist, hat sich einer ihrer sehnlichsten Wünsche erfüllt, denn sie hat nun Horden von Cousins und darüber hinaus noch eine zweite Oma. Jake hat insgesamt sieben Nichten und Neffen. Lily ist begeistert von ihnen und liegt mir ständig in den Ohren, dass sie mit ihnen spielen will. Es ist so schön, sie dabei zu beobachten, weil sie im Kreise ihrer Familie glücklich ist.
    Jetzt haben wir Weihnachten, und Jake hat Lily und mich wie versprochen für ein paar Tage ins EuroDisney nach Paris entführt. Ich glaube, das Kind platzt gleich vor lauter Glückseligkeit, hier zu sein, und um ehrlich zu sein, ist die Mutter nicht weit davon entfernt.
    Nun sitzen wir drei in einem dieser Fahrgeschäfte, die sich um die eigene Achse drehen, und werden mal hierhin, mal dorthin gewirbelt, kreischen und lachen und genießen unser Zusammensein. Ich sehe Jake an, wir grinsen beide breit und können es kaum fassen, dass unsere Geschichte so glücklich ausgegangen ist. Doch es ist wahr. Auch wenn ich es noch kaum glaube.
    Und plötzlich erstreckt sich die Zukunft vor uns wie ein roter Teppich, so weit das Auge reicht.
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