Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Maedchensammler

Der Maedchensammler

Titel: Der Maedchensammler
Autoren: Iris Johansen
Vom Netzwerk:
dem Hund aus.«
    Jane lachte und lief in Richtung See, gefolgt von Toby.
    »Sie ist glücklich.« Eve folgte Joe lächelnd ins Haus.
    »Schön, sie so zu erleben.«
    »Also, es ist ja nicht so, als würde sie normalerweise mit einem langen Gesicht rumlaufen. Sie ist doch meistens ziemlich glücklich. Sie lebt jede Minute voll aus.«
    »Ich weiß. Aber diesmal ist es etwas anderes. Meinst du, wir sollten ihr ein Auto kaufen?«
    »Nein, sie würde es nicht annehmen. Sie hat schon davon gesprochen, sich einen Teilzeitjob zu suchen, damit sie sparen und sich selbst eins kaufen kann.«
    »Das wird ja ewig dauern. Könnten wir ihr nicht eins zum Geburtstag schenken?«
    Joe schaute sie an. »Was glaubst du?«
    Eve seufzte. »Dass sie es sofort durchschauen würde.«
    »Genau.« Joe leerte die Einkaufstüten und stellte die Lebensmittel auf die Küchenanrichte. »Wir können nicht mehr tun, als den bestbezahlten Teilzeitjob in der Gegend für sie aufzutreiben und dafür zu sorgen, dass sie problemlos zur Arbeit kommt.« Er wickelte die Steaks aus. »Am besten machst du dich jetzt wieder an die Arbeit. Wie weit bist du denn?«
    »Womöglich werde ich heute noch fertig. Sobald Jane ins Bett geht, beginne ich mit der letzten Phase.«
    »Gute Idee.« Er nahm den Sack mit der Holzkohle und trug ihn nach draußen.
    Kein Tadel wegen übertriebenen Arbeitseifers. Kein Vorschlag, die Fertigstellung des Schädels auf den nächsten Morgen zu verschieben.
    Stirnrunzelnd ging Eve in ihr Arbeitszimmer. Ruths Gesichtszüge waren ausdruckslos und warteten darauf, zum Leben erweckt zu werden.
    Leben.
    Durch das Fenster konnte Eve sehen, wie Joe die Holzkohle in dem gemauerten Grill neben dem Haus anzündete. Das Leben bestand aus so vielen winzigen Handlungen. Aus so vielen Stunden, so vielen Erfahrungen. Jane hatte heute eine wichtige Erfahrung gemacht …
    Aber Ruth war aus dem Leben gerissen worden, bevor sie eine Chance gehabt hatte, mehr als die ersten Anzeichen des Frauseins zu erfahren. Etwa Anfang zwanzig, stand im Bericht der Gerichtsmedizin, wie Joe ihr gesagt hatte. So jung.
    »Ich bin bald so weit«, flüsterte sie. »Nur noch ein paar Messungen, dann geht’s los. Ich hole dich nach Hause, Ruth.«

    Die Frau war verdammt schwer.
    Keuchend schleppte er die in eine Plane gewickelte Leiche den Hügel hinauf.
    Sie war zu schwer. Zu üppig. Er hatte von Anfang an gewusst, dass sie nicht Cira war, aber sie war ihr immerhin so ähnlich, dass sie eliminiert werden musste.
    Er konnte kein Risiko eingehen.
    Nicht mit Cira. Niemals.
    Schwer atmend, blieb er auf dem Hügel stehen, ließ die Leiche auf den Boden fallen und schaute über die steile Uferböschung zum See hinunter. Hier war das Wasser tief, und er hatte das Bündel mit Steinen beschwert. Wahrscheinlich würde es ein paar Wochen dauern, bis man sie fand.
    Und wenn man sie früher entdeckte, dann hatte er eben Pech gehabt. Das würde ihm die Sache zwar erschweren, aber nichts ändern.
    Er holte tief Luft, dann gab er der Leiche einen kräftigen Schubs, sodass sie die Böschung hinunterrollte. Er sah zu, wie sie im Wasser versank.
    Verschwunden.
    Er hob den Kopf und spürte die kühle Luft im Gesicht. Ein Schauer der Erregung überkam ihn, und er fühlte sich noch lebendiger als seit dem Moment, in dem ihm klar geworden war, was er zu tun hatte.
    Er war ganz in ihrer Nähe. Er konnte es regelrecht spüren.

    »Okay«, murmelte Eve und richtete den Sockel zum Licht aus.
    »Jetzt wird’s ernst, Ruth. Die Messungen geben nicht mehr her.
    Jetzt musst du mir helfen. Das kann ich nicht allein machen.«
    Glätten.
    Bei den Wangen anfangen.
    Schnell arbeiten.
    Nicht nachdenken.
    Oder an Ruth denken.
    Sie nach Hause holen.
    Die Oberlippe.
    Glätten.
    Ein bisschen weniger?
    Nein, erst mal nicht.
    Glätten.
    Eves Hände arbeiteten geschickt, wie von selbst.
    Wer bist du, Ruth?
    Sag’s mir. Hilf mir.

    Der Abstand zwischen Nase und Lippen. Kürzer?
    Ja.
    Glätten.
    Glätten.
    Glätten.
    Drei Stunden später ließ Eve die Arme sinken und schloss die Augen. »Mehr kann ich nicht tun«, flüsterte sie. »Ich hoffe, es reicht, Ruth. Manchmal habe ich ja Glück.« Sie öffnete die Augen und trat einen Schritt zurück. »Wir werden einfach …
    Mein Gott! «
    »Du bist ja noch gar nicht fertig«, sagte Joe von der Tür her.
    Er trat an die Werkbank und nahm Eves Augenkasten hervor.
    »Du weißt, welche Augen du ihr geben musst.«
    »Zur Hölle mit dir, Joe!«
    Er nahm zwei Glasaugen aus dem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher