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Der Lügner

Der Lügner

Titel: Der Lügner
Autoren: Stephen Fry
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ganze Welt weiß doch, daß Sie mein Moriarty sind, Donald. Ab und zu lassen die mich auf Sie los, um meinem Affen Zucker zu geben. Es erleichtert sie zu sehen, daß ich auch meine menschliche Schwäche habe, so sehe ich das.«
    »Und wann spielen Sie Ihre nächste Runde?« fragte der andere Szabó.
    »Wir versuchen, jede Runde mindestens zwei bis drei Jahre laufen zu lassen«, sagte Trefusis. »Wie jede Verpflichtung im richtigen Leben. Das nächste Jahr gönnen wir uns eine Pause, bevor wir wieder anfangen. David und ich sind die Gegenspieler, und wir können rekrutieren, wen wir wollen. Ich habe fast immer Humphrey und Helen auf meiner Seite, und David arbeitet gerne mit Dickon zusammen. Ich bin der Spion, und David ist bei der Abwehr.«
    »Donald entwirft das Szenario, und ich muß ihn aufhalten. Was ich ’74 gemacht habe.«
    »David darf sämtliche Einrichtungen des Dienstes benutzen, aber auf eigene Gefahr.«
    »Und auf Ihre, mein Bester«, sagte David. »Die Tatsache, daß Sie jetzt als schmutziger Toilettentreber gebrandmarkt sind, ist eine Art Sieg für mich, möchte ich mir zu bemerken erlauben.«
    »Das ist richtig«, sagte Simon. »Sie hätten sich fast ins Kittchen manövriert, Donald.«
    »Ein unvorhersehbarer Zwischenfall, gebe ich zu, aber derlei verleiht der Reputation eines verblühenden Dons zusätzlichen Glanz, finden Sie nicht?«
    »Können Sie da nicht etwas unternehmen, David?« fragte Helen. »Ein Wort ins richtige Ohr, eine Beweisprüfung, ein Widerruf des Beamten, der die Verhaftung vornahm …
irgend etwas

    »Natürlich, natürlich«, murmelte Onkel Davids Stimme leutselig.
    »Wirklich, David, Sie brauchen nicht …«
    »Wann haben Sie, bitte schön, mit alldem angefangen?«
    »Nach Ende des echten Spiels«, sagte David. »Vor ungefähr zwanzig Jahren wurde das Leben im Dienst träge, wichtigtuerisch, unerquicklich und absurd. Verdammt gute Bouillabaisse, Bob.«
    »Danke, Sir. Hab den Trick in Marseille gelernt.«
    »Köstlich, köstlich.«
    »Eins wüßte ich noch gern«, sagte Trefusis. »Als wir mit dem Wagen nach Salzburg unterwegs waren, hat Adrian mir etwas erzählt, was man seine Lebensgeschichte nennen könnte.«
    »Ach ja?«
    »Er hat mir von Ihnen und Helen an der Schule erzählt, Humphrey.«
    »Ja, er kam zu einigen unserer Freitagnachmittagstees, nicht wahr, Schatz?«
    »Er hat mir auch erzählt, wie er Ihnen bei Lord’s in die Arme lief, David … ’75 oder ’76 muß das gewesen sein.«
    »Ach ja, das wird das Länderspiel gegen die Aussies gewesen sein. Ich erinnere mich. Weiß allerdings nicht, was er mit ›in die Arme gelaufen‹ gemeint haben könnte.«
    »Nein?«
    »Seine Eltern fuhren in Urlaub. Natürlich wollten sie nicht, daß ihnen die kleine Ratte ständig auf den Zeiger ging. Haben ihn zu mir abgeschoben.«
    »Er war … also … er war nicht irgendwie von zu Hause
ausgerissen

    »Lieber Himmel, nein! Das hat er Ihnen erzählt? Nein, nein. Soweit ich mich erinnere, hat er eine ganz normale Schulzeit hinter sich gebracht. Wurde rausgeschmissen, weil er der halben Schule eins vor den Latz geknallt und in einer Schülerzeitung obszönes Zeug in Umlauf gebracht hat. Ein paar Jahre auf der örtlichen Schule in Gloucester, wo er seine Advanced Levels gemacht hat. Dann hat er an einer Prep School in Norfolk unterrichtet. Dann St. Matthew’s. Warum, hat er Ihnen was andres erzählt?«
    »Nein, nein. Im großen und ganzen ist es das, was er mir erzählt hat. Ein oder zwei, äh … Ausschmückungen vielleicht. Eine Menge höchst unterhaltsamen Unsinns über Piccadilly und Gefängnis und so weiter. Ich bin sicher, er hatte nie die beleidigende Absicht, zu erwarten, ich würde das glauben.«
    Adrians Fuß glitt vom Fensterbrett ab. Wild um sich schlagend, um seine Balance wiederzuerlangen, trat er miteinem Zeh durchs Fenster, trat die Mülltonne unter sich weg und fiel rücklings zu Boden. Ohne auch nur nachzusehen, welchen Schaden er sich oder dem Fenster angetan hatte, rappelte er sich hoch und rannte auf die Straße hinaus.

VIERZEHN
     
     
    Adrian legte die Fingerspitzen aneinander und lächelte nachsichtig. Die Mädchenstimme las weiter.
    »
Othello
ist eine Tragödie des Privaten, eine Formulierung, die selbst Inkongruität zum Ausdruck bringt, denn der Erfolg wird, wie in den meisten Tragödien Shakespeares, durch eine Behandlung erreicht, die der Form nicht entspricht. Und dieser Mangel an Entsprechung macht seinen Gegenstand zeitlos; das Niederreißen des
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