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Der Lügner

Der Lügner

Titel: Der Lügner
Autoren: Stephen Fry
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Lister, Istvan Moltaj sowie Simon und Nancy Hesketh-Harvey waren alle zugegen, schwatzten und lachten mit der hysterischen Gutmütigkeit von Geschäftsleuten bei einer Weihnachtsfeier. In der Mitte des Tisches war auf Lady Helens Seite ein Stuhl frei.
    »Aber warum mußten Sie so weit gehen?« fragte Adrian Trefusis gerade. »Ich meine, warum konnten Sie mir nicht einfach
sagen
, was los war?«
    »Es war äußerst notwendig, fürchte ich, daß Sie in völliger Unkenntnis der ganzen Angelegenheit handelten. Schließlich wurden Sie von David Pearce dafür bezahlt, mir nachzuspionieren. Sie glaubten, Sie handelten im Interesse seiner Abteilung. So mußte es auch bleiben. Wirwußten, daß er Mendax für sich wollte, nicht für sein Land, sondern zur eigenen Bereicherung. Es war unerläßlich, daß Sie davon nichts wußten.«
    »Was ist mit Lister? Ist er wirklich Golka?«
    »Lister hat als untergeordneter Beamter im British Council in Bonn gearbeitet. Simon fand heraus, daß Pearce ihn aus unerklärlichen Gründen zum Salzburger Konsulat versetzt hatte. Das machte Simon stutzig. Er knöpfte sich Lister vor und fragte ihn mit einigem Nachdruck aus. Lister ist tatsächlich Golka – unter uns gesagt«, sagte Trefusis und senkte die Stimme, »kein Mann, mit dem gut Kirschen essen ist, fürchte ich. Es wurde offensichtlich, daß Sir David durchaus imstande war, für Mendax zu morden. Das konnten wir nicht hinnehmen. Wir machten Lister ein Angebot. Er sollte uns über Pearces Pläne auf dem laufenden halten, ungefähr so, wie Sie Pearce von den unsrigen in Kenntnis setzten, und wir arrangierten es so, daß er bloß so zu
tun
brauchte, als brächte er Moltaj und Martin um.«
    »Solange ich Zeuge dieses Mordes wurde?«
    »O ja, das war Bedingung. Deren Beschreibung Ihrem Onkel David gegenüber war von äußerster Wichtigkeit. Für ihn mußte es so aussehen, als ob er, obwohl die Mendax-Papiere ihm gerad durch die Lappen gegangen waren, zumindest Erfolg damit gehabt hätte, die eine Hälfte des Apparats in die Finger zu bekommen. Sobald er wußte, daß ich den Rest hatte, mußte er aus seiner Deckung kommen und seine wahren Motive offenbaren.«
    »Eins noch«, sagte Adrian. »Als Sie mich mit Mendax verbunden haben, habe ich durch diesen Kopfhörer nichts als weißes Rauschen gehört. Ich fühlte keinen Zwang zu irgend etwas, außer einzuschlafen. Der ganze Quatsch,den ich gebrabbelt habe, war vorgetäuscht. Ich hab’s erfunden.«
    »Natürlich!« sagte Trefusis. »Haben Sie es noch nicht verstanden? Mendax gibt es nicht.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Es ist ein unsinniges Konzept, absolut unsinnig. Aber wir mußten Pearce dazu bringen, an sein wirkliches Funktionieren zu glauben.«
    »Aber Sie haben mich dran angeschlossen!«
    »Stimmt.«
    »Ich hätte das Ganze doch auffliegen lassen können. Einfach verkünden können, daß es überhaupt nichts bei mir bewirkte, mir bloß ins Ohr zischte. Woher wußten Sie, daß ich das nicht tun würde?«
    »Ich habe mich auf die Tatsache verlassen, daß Sie ein notorischer Lügner sind. Sobald Sie an einen Apparat angebunden wurden, durch den Sie angeblich die Wahrheit sagen mußten, der aber nicht funktionierte, würden Sie naturgemäß unehrlich vorgehen und so tun, als funktionierte er. Es war eine Mischung aus Vermutung meinerseits und erschreckender Unehrlichkeit Ihrerseits. Nicht, daß es etwas ausgemacht hätte, ob Sie diesen charmanten und absurden Auftritt absolvierten oder nicht. Zu dem Zeitpunkt hatte Pearce seine Karten schon aufgedeckt. Es tut mir bloß leid, daß Sie sich entschieden, auf diese merkwürdige Art und Weise zu reagieren, sich vor Listers Waffe zu werfen.«
    »Das war sehr tapfer von dem armen Schatz«, sagte Lady Helen. »Und es war auf schon kriminelle Weise dumm von Lister, Platzpatronen geladen zu haben. Die können sehr gefährlich sein.«
    »Es hätte notwendig für ihn werden können, scheinbar einen von uns zu erschießen«, sagte Trefusis.
    »Einen Toast!« rief Simon Hesketh-Harvey. »Auf Adrian Healey, Heiliger und Held.«
    »Adrian Healey, Heiliger und Held.«
    »Ich danke Ihnen«, sagte Adrian bewegt. »Es war nur eine Kleinigkeit.« Er lächelte durchs Zimmer. »Die Erfindung von Mendax war also ein bloßer Trick.«
    »Einige von uns«, sagte Hesketh-Harvey, »zogen Sir Davids Verläßlichkeit seit einigen Jahren in Zweifel. Donald hatte die Idee mit Mendax. Zwei Jahre lang korrespondierte er mit Béla über das Thema, wohl wissend, daß Sir David
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