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Der Löwe

Der Löwe

Titel: Der Löwe
Autoren: Nelson DeMille
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einen Weißwein bestellte und ich wie üblich einen Dewar’s mit Soda bekam.
    Wir stießen an, und sie sagte: »Cheers.« Dann fragte sie mich: »Warum sind wir hier?«
    »Nur um sicherzugehen, dass der Große Vogel spielt und sich nicht mit jemand trifft«, erwiderte ich.
    »Wir haben ein Team hier«, erinnerte sie mich. »Außerdem kann GV sich in seinem Zimmer mit jemandem treffen, ohne dass wir es wissen.«
    »Die SE-Jungs würden es wissen«, erwiderte ich und riet ihr: »Sie wollen doch zugegen sein, falls irgendwas abgeht. Zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein ist kein Zufall.« Ich fragte sie: »Haben Sie sich meine Geschichten angehört?«
    »Jedes Wort.«
    »Müssen Sie irgendwo anders hin?«
    »Nee.«
    »Gut. Wir lassen uns eine Stunde Zeit.«
    Eigentlich gab es keinen Grund dazubleiben, abgesehen davon, dass ich einen Drink brauchte. Außerdem war ich sauer auf
den Großen Vogel, weil er mir den Finger gezeigt hatte. Das war nicht sehr diplomatisch von ihm. Ich meine, das ist mein Land. Stimmt’s? Er ist ein Gast. Und ich bin nicht sein Gastgeber.
    »John? Ich habe gesagt, es tut mir leid, dass ich Ihnen nichts davon verraten durfte. Man wollte eine Standardüberwachung durchführen, damit die Zielperson anhand unseres Verhaltens nicht erraten konnte, dass wir wussten, wohin sie fährt«, erklärte sie und fügte hinzu: »Nur ich wusste es, für den Fall, dass wir ihn tatsächlich verlieren sollten.«
    »Richtig. Was auch immer.« Ich hatte keine Ahnung, wessen geniale Idee das war, aber ich konnte mir denken, dass Tom Walsh dahintersteckte, der verantwortliche Special Agent der Antiterror-Task Force in New York. Walsh steht irgendwo zwischen einem Genie und einem Idiot, und die beiden trennt nicht viel. Außerdem liebt er das Mantel-und-Degen-Zeug und kapiert die übliche Polizeiarbeit nicht ganz. Ich meine, dieser Geheimhaltungsmist wäre nie passiert, als ich noch ein Cop war. Aber es ist eine neue Welt und ein neuer Job, und ich nehme es nicht persönlich.
    Um das Thema zu wechseln, sagte ich: »Melden Sie sich beim SE-Team und lassen Sie sich den Aufenthaltsort vom Großen Vogel durchgeben.«
    Wir alle haben diese Nextel-Handys, die, wie ich schon sagte, eine Blingvorrichtung haben – man kann sie wie ein Walkie-Talkie benutzen –, und Ms Sims blingte einen der SE-Leute an, meldete unseren Standort und bat darum, uns zu verständigen, wenn der Große Vogel sein Zimmer verließ und runter ins Casino ging oder wohin auch immer.
    Dann plauderten wir, hauptsächlich über ihr Leben in New York, das sie persönlich nicht mochte, aber beruflich. Lisa Sims erinnerte mich in mancher Hinsicht an Kate Mayfield, meine Frau, die ich vor drei Jahren im Dienst bei dem bereits erwähnten Fall mit dem libyschen Arschloch kennengelernt hatte. Kate
stammt ebenfalls aus dem Hinterland, und sie war anfangs gar nicht begeistert über ihre Versetzung nach New York, aber nachdem wir uns kennengelernt hatten, wollte sie nirgendwo anders mehr leben. Und dann kam 9/11. Danach wollte sie, dass wir aus New York wegzogen, aber als das Trauma abklang – wir beide waren dort, als es geschah –, dachte sie noch mal darüber nach, und ihr wurde klar, dass sie nicht fortkonnte. Was gut war, da ich nicht weggezogen wäre.
    Ich genehmigte mir einen zweiten Drink, aber Ms Sims – Lisa jetzt – stieg auf Clubsoda um, weil ich ihr erklärte, dass sie zurückfahren müsse.
    Ihr Handy blingte. Sie zückte es, hörte zu und sagte zu dem Anrufer: »Okay, wir brechen wahrscheinlich auf.« Sie meldete sich ab und sagte zu mir: »Der Große Vogel sitzt allein an einem Roulettetisch.«
    »Wie läuft’s für ihn?«
    »Danach habe ich nicht gefragt.« Sie bat um die Rechnung, zahlte, und wir verließen die Ego Lounge.
    Sie wandte sich der Lobby zu, aber ich sagte: »Ich will mir den Typ noch mal genauer anschauen.«
    Sie zögerte, fügte sich dann meinem professionellen Urteilsvermögen und nickte.
    Wir begaben uns in das riesige Casino, und Lisa ließ sich von ihrem Kontaktmann beim SE-Team den Standort vom Großen Vogel durchgeben. Binnen weniger Minuten sahen wir ihn mit einem Drink in der Hand an einer Roulettemaschine sitzen.
    Mit dem sündigen Treiben des Iraners – wir zeichnen all das auf Film auf, und es kann ganz nützlich sein – hatte ich kein Problem, aber ich glaube, tief in diesen Leuten steckt etwas Schizohaftes, eine völlige Fehlschaltung, die nicht gut für den Kopf ist.
    »Okay?«, sagte Lisa. »Da ist
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