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Der Löwe

Der Löwe

Titel: Der Löwe
Autoren: Nelson DeMille
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taten so, als wären sie froh und überrascht, einander zu sehen, was der reine Blödsinn ist. Sie schüttelten sich die Hand, und ich dachte, irgendetwas würde übergeben werden. Vielleicht schüttelten sie sich aber wirklich bloß die Hand. Das weiß man nie genau. Aber sie wissen oder vermuten, dass sie überwacht werden, und manchmal verscheißern sie einen.
    Jedenfalls hat der Große Vogel diplomatische Immunität, und wir werden ihn mit Sicherheit nicht festnehmen, weil er einem anderen Gentleman aus dem Morgenland die Hand schüttelt. Vielmehr müssen wir jetzt zwei Leute überwachen.
    Der Große Vogel und der Unbekannte trennten sich, worauf der Unbekannte auf der Third Avenue in Richtung Norden lief, während der Große Vogel an Ort und Stelle blieb. All das wurde natürlich auf Fotos und Video gebannt, vielleicht kannte ja jemand an der Federal Plaza Nummer 26 den anderen Typ.
    »An Einheiten Drei und Vier«, sagte ich ins Funkgerät, »bleibt an dem Unbekannten dran und versucht ihn zu identifizieren.«
    Sie bestätigten, und Ms Sims sagte zu mir: »Ich glaube nicht, dass das eine zufällige Begegnung war.«
    Ich gab ihr keine spöttische Antwort und verdrehte nicht einmal
die Augen. »Ich glaube, Sie haben recht«, sagte ich lediglich. Das würde ein langer Tag werden.
    Eine Minute später hielt ein großer, grauer Mercedes neben dem Großen Vogel, und ich konnte die Diplomatennummernschilder sehen – blau-weiß, mit vier Ziffern, gefolgt von einem DM, was aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen die Bezeichnung des Außenministeriums für den Iran ist, dann einem weiteren D, das für Diplomat steht, was ich begreife.
    Der Fahrer, ein weiterer iranischer Gentleman, sprang heraus und rannte zur anderen Seite des Wagens, als würde er von einem israelischen Kommandotrupp gejagt. Er verbeugte sich tief – das sollte ich meiner Fahrerin auch beibringen –, dann öffnete er die Tür, worauf sich der Große Vogel auf den Rücksitz klemmte.
    »Der Große Vogel ist mobil«, sagte ich ins Funkgerät. Ich gab Marke und Farbe des Wagens sowie die Autonummer durch, und Einheit Zwei bestätigte. Einheit Zwei ist übrigens der blaue Dodge Minivan, gefahren von einem Typ, den ich kenne, Mel Jacobs, Detective bei der nachrichtendienstlichen Einheit des NYPD. Detective Jacobs ist Jude und kann ein bisschen Hebräisch, auf das er zurückgreift, wenn er arabischsprachige Verdächtige vernimmt. Das und der Davidstern, den er trägt, jagen diese Typen in die Erdumlaufbahn, was lustig anzuschauen ist.
    Jedenfalls war der andere Typ, der heute mit Mel im Auto saß, George Foster, ein Special Agent des FBI, mit dem ich arbeite und den ich mag, weil er aus Erfahrung weiß, wie hervorragend ich bin.
    Der Mercedes fuhr auf der Third Avenue in Richtung Norden, und Special Agent Sims fragte mich: »Soll ich ihm folgen?«
    »Gute Idee.«
    Sie brachte das SUV in die Gänge, worauf wir uns durch den dichten Verkehr schlängelten. New Yorker Fahrer werden in gute und tote unterteilt. Rein darwinistisch. Ms Sims würde sich
entweder weiterentwickeln oder aussterben. Und ich saß auf dem Beifahrersitz, um entweder das eine oder das andere mitzuerleben.
    Der iranische Chauffeur, den ich, glaube ich, schon einmal verfolgt habe, war ein unberechenbarer Fahrer, und mir war nicht recht klar, ob er so fuhr, weil er einen Beschatter abhängen wollte oder einfach ein schlechter Autofahrer war. So als hätte er zuletzt ein Kamel gelenkt.
    Unterdessen reckte Special Agent Sims ihr Kinn über das Lenkrad zwischen den weißen Knöcheln ihrer Handgelenke, während ihr rechter Fuß von der Bremse zum Gaspedal wanderte, als hätte sie das Zappelbeinsyndrom.
    Der Mercedes bog jählings links in die 51 st Street ab, und Ms Sims folgte ihm.
    Einheit Zwei blieb auf der Third Avenue, wo sie an der 53rd links abbiegen und parallel zu uns fahren würde, bis ich ihr mitteilen konnte, was der Mercedes machte. Man will bei der Verfolgung des Fahrzeugs keinen Konvoi haben; man will ein bisschen Abwechslung schaffen.
    Wir waren jetzt in Richtung Westen unterwegs, kamen an der St. Patrick’s Cathedral vorbei und überquerten dann die Fifth Avenue. Das zu beschattende Fahrzeug fuhr weiter, was ich Einheit Zwei meldete.
    Ich hatte keine Ahnung, wohin der Große Vogel wollte, aber er war in Richtung Theater District und Times Square unterwegs, wohin diese Typen manchmal gehen, um etwas amerikanische Kultur zu erleben, zum Beispiel Stripschuppen und
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