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Der Liebhaber meines Mannes

Der Liebhaber meines Mannes

Titel: Der Liebhaber meines Mannes
Autoren: Bethan Roberts
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holen.«
    »Nächstes Mal würde ich gerne mit ihm sprechen.«
    »Natürlich, Doktor.«
    »Gut.« Er hielt kurz inne. »Wenn in den nächsten Tagen keine Besserung eintritt, denke ich wirklich, wir sollten an ein Pflegeheim denken.«
    Ich hatte gewusst, dass das kommen würde, und hatte schon die Antwort parat. Ernsthaft nickend, sagte ich in bestimmtem, aber freundlichem Ton: »Dr. Wells, Tom und ich wollen uns hier um ihn kümmern. Patrick fühlt sich sehr wohl, selbst wenn er nicht die Fortschritte macht, die Sie – wir – uns wünschen. Und Sie haben selbst gesagt, dass er bei Freunden viel mehr Chancen auf Genesung hat.«
    Der Doktor trommelte mit den Fingern auf sein cordbedecktes Knie. »Ja, das stimmt. Aber ich weiß nicht, wie lange wir noch auf sinnvolle Weise von Genesung sprechen können.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass er auf keinen Fall genesen wird?« Ich wusste, er würde keine klare Antwort darauf geben.
    »Das kann niemand sagen. Aber wenn nicht, könnte es ziemlich bald – schwer zu bewältigen sein.« Er sprach jetzt schnell. »Was, wenn Patrick zum Beispiel keine flüssige Nahrung mehr zu sich nehmen kann? Er muss dann vielleicht künstlich ernährt werden. Ich würde niemandem empfehlen, das zu Hause zu machen. Es ist schwierig und kann quälend sein.«
    »Jeder Tag ist schwierig und quälend, Doktor.«
    Er lächelte flüchtig. »Die Verschlechterung kann bei Schlaganfallpatienten ziemlich plötzlich eintreten und wir wollen darauf vorbereitet sein. Das ist alles, was ich sagen will.«
    »Wir schaffen das. Ich will nicht, dass er bei Fremden ist.«
    »Sie könnten jeden Tag im Heim verbringen, wenn Sie wollen. Es wäre viel leichter für Sie. Und für Ihren Mann.«
    Ah, dachte ich. Das ist es. Der abgeschobene Ehemann tut ihm leid. Er denkt, wenn ich mich um dich kümmere, geht das auf Kosten von Tom. Er macht sich Sorgen, dass ich meine Ehe riskiere, weil ich eine Schwäche für dich habe. Ich brach beinahe in Gelächter aus.
    »Besprechen Sie es mit Tom«, sagte er, stand vom Sofa auf und griff nach seinem Koffer. »Ich komme nächste Woche wieder.«
    Gestern Abend haben wir »Anna Karenina« zu Ende gelesen. Ich bin deshalb lange aufgeblieben, obwohl du oft schon schläfst, bevor ich aufhöre zu lesen. Sicher hast du bei den letzten Kapiteln schon geschlafen, und um ehrlich zu sein, habe ich sie ziemlich heruntergerasselt. Sobald sie sich vor den Zug geworfen hat, verliere ich das Interesse. Und in Gedanken war ich schon damit beschäftigt, was ich als Nächstes lesen würde. Im Hinblick auf das, was Dr. Wells gesagt hat, wird es Zeit, dass du hörst, was ich geschrieben habe. Nur für den Fall, dass sie dich mir wegnehmen. Und geradeist mir der Gedanke gekommen: Vielleicht veranlasst dich meine Geschichte zu einer Reaktion. Vielleicht löst sie die Bewegung oder Geste aus, die Dr. Wells unbedingt sehen will.
    Nachdem ich den Brief an Mr Houghton eingeworfen hatte, schlief ich viele Stunden tief und fest. Als ich aufwachte, stand Tom da, die Nase ein bisschen von der Sonne verbrannt. Er sah verwirrt aus und sah mich prüfend an.
    »Schöne Willkommensfeier«, sagte er. »Was ist los?«
    Ich blinzelte, nicht sicher, ob ich richtig wach war.
    »Bekommt ein Mann keine Tasse Tee, wenn er von einer Reise zurückkommt?«
    Nein. Ich träumte nicht: Das war eindeutig mein Mann, leibhaftig. Ich brauchte einen Augenblick, bevor ich sprechen konnte.
    »Wie lange habe ich geschlafen?«
    »Ich weiß nicht. Wie es aussieht, seit ich weggefahren bin.«
    »Wie spät ist es?«
    »Ungefähr zwei. Warum bist du im Bett?«
    Ich setzte mich schnell auf, ging in Gedanken schnell die Ereignisse der letzten paar Tage durch. Ich blickte an mir herunter und sah, dass ich vollständig angezogen war, bis hinunter zu den Schuhen, die immer noch staubig waren vom Park. Mir wurde plötzlich übel und ich hielt mir den Mund zu.
    Tom setzte sich auf den Rand der Matratze. »Geht’s dir gut?«
    Er trug ein weißes Hemd, das am Hals offen war. Der Kragen war ganz steif und strahlend sauber, die Ärmel herunter verliefen Bügelfalten. Er bemerkte meinen Blick und grinste. »Hotel-Wäscheservice. Toll.«
    Ich nickte und sagte nichts. Aber ich wusste, das Hemd war nagelneu und ein Geschenk von dir.
    »Also. Was ist hier los?«, fragte er.
    Ich schüttelte den Kopf. »Nichts. Ich kann nicht glauben, dassich so lange geschlafen habe. Ich war mit Sylvie was trinken und wir sind spät nach Hause gekommen, ich bin einfach ins
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