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Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht

Titel: Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht
Autoren: Ruth Rendell
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habe dann die Runde durch den Park gemacht und das Tor in der Mauer offenstehen sehen. Das beste wird sein, wenn du selber die Polizei rufst, Will, hab ich mir gedacht, aber als ich wieder ins Haus kam, war Mr. Nightingale auf den Beinen. Im Bad ist er gewesen, hat er gesagt, und als er sich abgetrocknet hat und herausgekommen ist, sei ich schon weg gewesen.«
    »Was geschah dann?« fragte Burden.
    Palmer kratzte sich am Kopf. »Mr. Nightingale sagte, der gnädigen Frau müsse draußen im Park was passiert sein, aber ich erklärte, daß ich den Park durchsucht hätte. Doch dann«, fuhr er fort und steigerte die Spannung wie ein routinierter Erzähler, »als mir wieder das offene Tor und der düstere alte Wald einfielen, krampfte sich mir das Herz im Leib zusammen. >Ich glaube, sie ist in den Wald gegangen, und dort ist ihr was zugestoßen<, hab ich zu dem armen Mr. Nightingale gesagt. Deshalb sind wir in den Wald, das Herz schlug uns beiden bis zum Hals. Ich bin vorausgegangen und hab sie dann gefunden. Mit dem Gesicht nach unten lag sie auf dem Boden, und ihr wunderschönes goldenes Haar war ganz voller Blut. Aber Sie haben sie ja selbst gesehen, Sir. Das wissen Sie bereits.«
    »Vielen Dank, Mr. Palmer. Sie haben uns sehr geholfen.«
    »Ich bin stets bemüht, meine Pflicht zu tun, Sir. Mr. Nightingale war wirklich gut zu mir, und die gnädige Frau auch. Ich könnte da einige nennen, die das ausnutzen würden, aber so einer bin ich nicht. Ich gehöre eben noch zur alten Schule, wenn ich mal so sagen darf.«
    Wexford blickte auf und sah zwischen den Zypressen die Silhouette eines Mannes, der sich auf einen Spaten lehnte. »Hat Sean Dingsda das ausgenutzt?« fragte er leise.
    »Lovell, Sir, Sean Lovell. Na ja, das hat er sozusagen schon. Die Leute wissen eben nicht mehr, wo sie hingehören, wie noch in meiner Jugend, und dieser Lovell - das ist ein ganz ordinärer Kerl. Von seiner Mutter kann man auch nicht mehr erwarten, und einen Vater er nie gehabt, glaube ich. Wenn Sie sehen könnten, wie’s in ihrem Haus aussieht, würde es Ihnen glatt den Magen umdrehen. Aber er kam sich als ebenbürtig mit der gnädigen Frau vor, falls Sie so was schon mal gehört haben. Elizabeth hier und Elizabeth da, hat er zu mir hinter ihrem Rücken gesagt. Aber dem hab ich Bescheid gestoßen! Freundchen, hab ich gesagt, laß mich bloß nicht mehr hören, daß du so von der gnädigen Frau sprichst.«
    »Wie hat er sie denn nun ausgenutzt?« fragte Burden ungeduldig.
    »Er bildet sich ein, in so einer Popgruppe singen zu können. Wissen Sie, die gnädige Frau war sehr höflich, und wenn er mit seiner Singerei anfing, hat sie immer gelächelt und mit Engelsgeduld zugehört. Er hat ihr tatsächlich vorgesungen...« Palmer verzog den Mund zu einer angewiderten Grimasse, wobei braune Zahnstummel zum Vorschein kamen. »Immer wenn sie ein Fenster offenstehen hatte, stellte er sich darunter und sang eines dieser Schundlieder, die er aus dem Fernsehen hatte. Und das mit einer plumpen Vertraulichkeit, einfach unglaublich! Eines Tages hab ich ihn überrascht, wie er mit der gnädigen Frau hier am Teich stand, in einem fort auf sie einredete und dabei seine dreckige Pfote auf ihren Arm gelegt hatte. Ich sah gleich, daß die gnädige Frau es nicht mochte. Sie ist richtig zusammengefahren und wurde ganz rot, als ich ihn anschrie. >Eine teuflische Freiheit nimmst du dir da heraus<, hab ich zu ihm gesagt, als wir allein waren. >Elizabeth und ich verstehen uns eben<, antwortet der mir doch ins Gesicht. So eine Frechheit!« Palmers alte Knochen knackten, als er sich erhob und einen finsteren Blick in Lovells Richtung warf. »Da kann ich nur sagen, hoffentlich muß ich es nicht mehr erleben, daß diese Gleichmacherei noch schlimmer wird, als sie schon ist.«
     
    Durch einen fachmännischen Umbau und die Verwendung von Raumteilern war die größte Dachstube in ein Einzimmerapartment für das Au-pair-Mädchen umgewandelt worden. Freistehende Regale aus poliertem Buchenholz, auf denen Bücher und Zimmerpflanzen standen, trennten das Wohnzimmer vom Schlafbereich. Alle Möbel waren modern. Das Sofa und die beiden Sessel waren mit zinnoberrotem Tweed bezogen; der Teppich war apfelgrün und die Vorhänge aus rotem Kordsamt.
    »Sie beherrschen unsere Sprache recht gut, nicht wahr, Miss Doorn?« fragte Wexford, als sie ihnen die Tür öffnete.
    »O nein, ich bin sehr schlecht«, antwortete die junge Holländerin kichernd. »Alle sagen mir, wie sehr, sehr schlecht
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