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Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht

Titel: Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht
Autoren: Ruth Rendell
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befragen.«
    »Das sehe ich ein.« Seine Stimme klang leise, kultiviert und rauh. »Es war kindisch von mir, mich hier einzuschließen. Was möchten Sie von mir wissen?«
    »Dürfen wir uns vielleicht setzen?«
    “Oh, aber natürlich... Entschuldigen Sie, ichhätte...«
    »Dafür habe ich volles Verständnis, Mr. Nightingale.« Wexford nahm in einem Ledersessel Platz, der seinem eigenen Sessel auf dem Polizeirevier ähnelte, und Burden setzte sich auf den hohen Holzschemel, der neben dem Bücherregal stand. »Zunächst sollten Sie mir etwas über den gestrigen Abend erzählen. Haben Sie und Mrs. Nightingale ihn allein verbracht?«
    »Nein. Mein Schwager und seine Frau sind auf eine Partie Bridge vorbeigekommen.« Ein bewundernder Ton schlich sich in seine Stimme, als er fortfuhr: »Wissen Sie, er ist der renommierte Verfasser der Werke über Wordsworth.«
    »Tatsächlich?« erwiderte Wexford höflich.
    »Sie kamen gegen halb neun und gingen um halb elf. Mein Schwager meinte, er wolle noch etwas in der Schulbibliothek recherchieren, ehe er zu Bett gehe.«
    “Verstehe. Welchen Eindruck machte Ihre Frau gestern abend auf Sie?«
    »Meine Frau...« Quentin zuckte bei dem Wort zusammen, und es fiel ihm sichtlich schwer, es selbst aussprechen zu müssen. »Meine Frau war ganz normal, lieb und lustig wie immer.« Seine Stimme versagte, doch er brachte sie wieder unter Kontrolle. »Sie war eine überaus freundliche Gastgeberin. Ich weiß noch, daß sie meiner Schwägerin gegenüber besonders nett war. Sie machte ihr irgendein Geschenk, das Georgina hellauf begeisterte. Eine großzügigere Frau als Elizabeth gab es nicht.«
    »Was war das für ein Geschenk, Sir?«
    »Ich weiß nicht«, antwortete Quentin, der mit einemmal wieder sehr matt wirkte. “Ich habe nur gehört, wie Georgina sich dafür bei ihr bedankte.«
    Burden rutschte unruhig auf dem Schemel hin und her. »Weshalb ist Ihre Frau in den Wald gegangen, Mr. Nightingale?«
    »Das weiß ich auch nicht. Bei Gott, ich wollte, ich wüßte es. Sie ging häufig im Park spazieren. Am späten Abend, meine ich. Es wäre mir nicht im Traum eingefallen, daß sie in den Wald gehen könnte.«
    »Führten Sie eine glückliche Ehe, Sir?«
    »Gewiß doch. Wunschlos glücklich. Da können Sie alle unsere Bekannten fragen. Lieber Himmel, würde ich denn jetzt so vor Ihnen stehen, wenn wir nicht glücklich gewesen wären?«
    »Bitte regen Sie sich nicht auf, Mr. Nightingale«, sagte Wexford beruhigend. “Ich möchte, daß Sie sich die Antwort auf meine nächste Frage sehr sorgfältig überlegen. Sie wissen, daß Palmer kurz nach fünf Uhr heute morgen in Ihr Schlafzimmer kam, Sie dort aber nicht finden konnte? Würden Sie so freundlich sein, mir zu erklären, wo Sie waren?«
    Dunkle Schamröte stieg Quentin ins Gesicht. Er legte sich die Hände auf die Wangen, als hoffe er, durch die kalte Berührung das Blut vertreiben zu können. “Ich war im Bad«, antwortete er gepreßt.
    »Eine ungewöhnliche Zeit für ein Bad.«
    “Hin und wieder tun wir alle etwas Ungewöhnliches, Chief Inspector. Wegen des Sturms bin ich sehr früh aufgewacht. Ich konnte nicht mehr einschlafen, deshalb habe ich ein Bad genommen.«
    »Na schön, Mr. Nightingale. Ich würde dieses Haus jetzt gern durchsuchen, wenn es Ihnen recht ist.«
    »Wie Sie möchten«, sagte Quentin. Er sah aus wie ein zum Tode Verurteilter, der Vollstreckungsaufschub erhalten hat, sich jedoch darüber im klaren ist, daß damit die Hinrichtung nur zeitweilig ausgesetzt ist. Nervös drehte er einen Briefbeschwerer in den Händen, einen mit Silber eingefaßten dunkelblauen Stein, dann sagte er: »Sie werden doch vorsichtig sein?«
    “Wir sind keine Vandalen«, erklärte Wexford barsch, doch etwas rücksichtsvoller setzte er hinzu: »Hinterher werden Sie gar nicht merken, daß wir hier waren.«
     
    Im Vergleich mit anderen Landsitzen war Myfleet Manor nicht sonderlich groß, doch um mit Burden zu sprechen, konnte man es auch nicht gerade eine Sozialwohnung nennen. Insgesamt waren es fünfzehn Zimmer, jedes geschmackvoll und mit Liebe eingerichtet, fast wie Museumsräume voller Kunstgegenstände. Nichts wirkte fehl am Platz, nicht ein Fleck auf den Teppichen, nicht eine Knitterfalte in den Kissen. Zweifellos hatte hier niemals ein Kind und schon gar kein Hund herumtoben dürfen. Nur die von den Blumenarrangements abgefallenen Blätter zeugten von der halbtägigen Vernachlässigung.
    Doch trotz der mit Dahlien gefüllten Vasen und der
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