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Der Leuchtturmwärter: Kriminalroman (German Edition)

Der Leuchtturmwärter: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Leuchtturmwärter: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Camilla Läckberg
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ein unheimlich starker Antrieb.« Er trank einen Schluck Kaffee.
    »Der arme Kleine«, seufzte sie und schwieg eine Weile. »Glaubst du, es ist etwas an dem dran, was die Leute sagen?«
    »Was meinst du?«
    »Über Gråskär, die sogenannte Geisterinsel. Dass die Toten die Insel nie verlassen.«
    Patrik lächelte. »Langsam merkt man doch, dass du einen Schlag auf den Kopf bekommen hast. Das sind doch nur alles Märchen und Spukgeschichten. Sonst nichts.«
    »Wahrscheinlich hast du recht«, sagte Erica, wirkte aber nicht vollständig überzeugt. Sie dachte an den Zeitungsartikel über die spurlos verschwundene Familie des Leuchtturmwärters. Vielleicht waren diese Leute immer noch da draußen.
    In ihr herrschte eine seltsame Leere. Sie wusste, was sie getan hatte, fühlte jedoch nichts. Keine Trauer, keinen Schmerz. Nur Leere.
    Sam war tot. Die Ärzte hatten sich Mühe gegeben, es ihr schonend beizubringen, aber sie wusste es bereits. In dem Moment, als das Wasser über seinem Kopf zusammenschlug, hatte sie es begriffen. Die Stimmen waren schließlich zu ihr durchgedrungen und hatten sie dazu gebracht, loszulassen. Sie sagten, es sei das Beste für ihn, wenn er mit ihnen käme, sie würden gut für ihn sorgen. Sie war froh, dass sie auf sie gehört hatte.
    Als das Boot sie von Gråskär fortbrachte, hatte sie sich noch einmal umgedreht, um ein letztes Mal die Insel und den Leuchtturm zu sehen. Die Toten standen auf den Klippen und blickten ihr nach. Sam war bei ihnen. Er stand neben der Frau, und auf ihrer anderen Seite stand ihr Sohn. Zwei kleine Jungen, einer blond und einer dunkelhaarig. Sam sah fröhlich aus, und an seinem Blick konnte Annie erkennen, dass es ihm gut ging. Sie wollte die Hand heben und ihm winken, schaffte es aber nicht, Abschied von ihm zu nehmen. Es tat so weh, dass sein Platz nun nicht mehr bei ihr, sondern bei ihnen war. Auf Gråskär.
    Ihr Zimmer war klein, aber hell. Ein Bett, ein Schreibtisch. Meistens saß sie im Bett. Manchmal musste sie sich mit jemandem unterhalten, mit einem Mann oder einer Frau, die ihr mit freundlicher Stimme Fragen stellten, die sie nicht immer beantworten konnte. Aber sie sah von Tag zu Tag klarer. Es war, als hätte sie geschlafen und würde nun aufwachen. Erst allmählich konnte sie zwischen Traum und Wirklichkeit unterscheiden.
    Fredriks verächtliche Stimme war wirklich gewesen. Er hatte es genossen, sie ihren Koffer packen zu lassen und ihr dann mitzuteilen, dass er ohne sie fahren wollte. Dass die andere mitkommen würde. Wenn Annie protestierte, würde er die Behörden über ihre Kokainabhängigkeit informieren, so dass sie das Sorgerecht für Sam verlöre. In seinen Augen war sie schwach. Ein Klotz am Bein.
    Doch er hatte sie unterschätzt. Sie war hinunter in die Küche gegangen und hatte dort gewartet, bis er im Bett war. Wieder einmal hatte es ihm gefallen, sie zu zerstören und sich einfach zu nehmen, was er wollte, aber er hatte sich getäuscht. Sie war vielleicht vor Sams Geburt schwach gewesen, und in gewisser Hinsicht war sie es noch immer. Die Liebe hatte ihr jedoch mehr Kraft gegeben, als Fredrik ihr jemals zugetraut hätte. Mit den Händen auf der kalten Marmorplatte hatte sie auf einem Barhocker gesessen, bis er eingeschlafen war. Dann hatte sie sich seine Pistole geholt und so viele Schüsse wie möglich in das Bett abgefeuert, direkt in die Bettdecke. Es hatte sich gut angefühlt. Und richtig.
    Erst als sie in Sams Zimmer ging und das leere Bett sah, bekam sie Panik. Langsam hüllte der Nebel sie ein. Sie wusste sofort, wo er war. Trotzdem war der Anblick des kleinen blutverschmierten Körpers ein solcher Schock, dass sie auf der dicken Auslegeware zusammenbrach. Der Nebel verdichtete sich, und obwohl sie jetzt wusste, dass sie in einem Traum gelebt hatte, hatte sie immer noch das Gefühl, dass Sam lebte.
    Und Matte. Nun erinnerte sie sich an alles. Die Nacht, die sie zusammen verbracht hatten, sein vertrauter und geliebter Körper neben ihrem. Sie wusste noch, wie geborgen sie sich an seiner Seite gefühlt hatte, wie einem Damals eine mögliche Zukunft hinzugefügt wurde und alles dazwischen plötzlich nichtig war.
    Dann die Geräusche aus dem Erdgeschoss. Sie war wach geworden, weil er verschwunden war. Da die Wärme seines Körpers noch spürbar war, konnte er erst kurz vorher aufgestanden sein. Sie hüllte sich in die Decke, ging nach unten und blickte in seine enttäuschten Augen. Er hielt ihr die Tüte hin. Sie hatte in einer Schublade
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