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Der Leuchtturm von Alexandria

Der Leuchtturm von Alexandria

Titel: Der Leuchtturm von Alexandria
Autoren: Gillian Bradshaw
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zehn Solidi geben, damit du dich in einem Haus einrichten kannst. Gudrun, weißt du schon, was du mit deiner Freiheit anfangen willst?«
    Sie errötete. Sie hatte sich in meiner Abwesenheit verändert , war gewachsen und war längst nicht mehr so mager. Mir wurde plötzlich bewußt, daß sie genauso alt war wie ich, als ich Festinus heiraten sollte. »Wenn es dir nichts ausmacht, Herr – ich meine Herrin –, würde ich gerne hier in Novidunum bleiben, bis Frieden herrscht. Die Herrin Irene hat gesagt, sie wolle mir ein Entgelt als Dienerin zahlen, wenn ich bei ihr bleibe. Das Entgelt ist nicht so wichtig. Doch ich würde gerne Hebamme werden, falls Arbetio es mir beibringen möchte.«
    Einen Augenblick lang konnte ich es nicht glauben, dann lächelte ich. »Natürlich. Ich werde morgen mit Arbetio sprechen. Und ich werde dir ebenfalls zehn Solidi schenken, damit du sie als Mitgift oder für deine Ausbildung verwenden kannst.«
    »Damals hast du nicht so viel für mich bezahlt!« sagte Gudrun und in ihren Augen schimmerten Tränen.
    »Aber für eine Frau, die Medizin studieren möchte, würde ich mehr zahlen. Doch jetzt laßt mich mein Bad nehmen.«
    Als Athanaric kam, war ich wieder in meinem Zimmer und sah meine Bücher durch. Ich hatte sie ebenso vermißt, wie man gute Freunde vermißt – meine zerlesenen Texte des Hippokrates; die feinen alexandrinischen Ausgaben der Schriften von Herophilos und Erasistratos, bei denen die Ecken der Papyrusseiten vom vielen Gebrauch ganz mürbe waren; und meinen schönen Pergamentkodex von Galen. Edico hatte immer noch meinen Dioskurides. Zum Teufel mit ihm, aber ich hoffte, eine andere Kopie kaufen zu können; es ist ein Standardwerk.
    Ich las gerade im Galen, als ich Athanaric an die Haustür klopfen hörte. Sofort hörte ich auf, mir Gedanken über die Funktion der Gallenblase zu machen, und wünschte, ich besäße einen Spiegel. Ich hatte mir die schönere der beiden Tunikas und meinen besten Umhang angezogen, da ich für Athanaric törichterweise schön sein wollte. Die Haare hatte ich in einem Bad aus Zedernöl und Rosmarin gewaschen und anschließend mit einem perlenbesetzten Goldband, das meiner Mutter gehört hatte, hochgebunden. Dieses besonders schöne Stück paßte gut zu den Ohrringen mit dem Perlengehänge, die Amalberga mir geschenkt hatte. Da klopfte Raedagunda schon an die Tür meines Schlafzimmers und kündigte den »höchst ehrenwerten Athanaric« an; ich dankte ihr und ging hinaus.
    Das Haus hatte ein sehr hübsches Eßzimmer, klein, aber sehr behaglich, mit roten Vorhängen und einem rot-weiß gemusterten Fußboden aus Fliesen. Tagsüber bekam es genug Licht durch ein großes, auf den Garten gehendes Fenster, und für den Abend war an der gegenüberliegenden Wand ein Ständer mit mehreren Lampen angebracht worden. Athanaric stand mit dem Rücken zu den Lampen, und sah aus dem Fenster in den Regen hinaus. Als ich eintrat, drehte er sich um.
    »Oh!« machte er. »Du hast also ein anderes Gewand auftreiben können. Ich habe mich schon gefragt, was du anziehen würdest.«
    Soviel also zu meiner Schönheit. »Arbetios Frau hat zwei von ihren eigenen Tunikas für mich geändert. Sie und ihr Mann sind sicher bald hier; ich habe sie ebenfalls eingeladen.«
    Gudrun, die gerade den Weinkrug unter dem Lampenhalter abstellte, schüttelte den Kopf. »Nein, edle Frau, der Herr läßt ausrichten, er möchte heute abend lieber mit seiner Frau zu Hause bleiben. Er lädt euch ein, morgen abend mit ihnen zusammen zu essen.«
    »Oh«, machte ich nun meinerseits und sah Athanaric an. Schweigend betete ich darum, Arbetio und Irene möchten immer soviel Freude und Glück haben, wie sie für ihr Zartgefühl, ihre Freundlichkeit, Rücksichtnahme und Großmut verdienten. Jetzt hatte ich einen Abend ganz allein mit Athanaric, die Möglichkeit, ausführlich mit ihm zu sprechen, und dazu die ehrbare Entschuldigung, daß eingeladene Gäste nicht erschienen waren.
    Athanaric lächelte schwach. Er sah müde aus und war offensichtlich direkt von einem Gespräch mit Valerius zu mir gekommen, ohne sich die Zeit für ein Bad zu nehmen oder frische Sachen anzuziehen. »Mit dem ›Herrn‹ meinst du Arbetio?« fragte er Gudrun.
    Sie errötete. »Ich bitte um Entschuldigung, meine Gebieterin«, sagte sie demütig.
    »Macht nichts«, antwortete ich ihr. »Haben wir noch etwas mit Honig gesüßten Weißwein? Athanaric, setz dich bitte und versuche, dich zu entspannen.«
    Athanaric machte es sich
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