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Der Leuchtturm von Alexandria

Der Leuchtturm von Alexandria

Titel: Der Leuchtturm von Alexandria
Autoren: Gillian Bradshaw
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Anregung, damit ein Hospital zu gründen, stammte dann von ihm. Ich lachte und versuchte, mir ein eigenes Hospital vorzustellen.
    »Wir werden eine durch und durch ehrbare Hochzeit feiern, mit dem Segen der Kirche. Und auf den heidnischen Brauch, die Braut wie eine Gefangene fortzukarren, können wir verzichten. Wir werden sehr feierlich zum Altar schreiten und im Namen der heiligen Dreifaltigkeit und der göttlichen Heilkunst und des Sankt Hippokrates geloben, einander ewig zu lieben. Und dann werde auch ich den Eid des Hippokrates schwören.«
    »Warum denn das?«
    »Damit du mir nichts mehr voraushast. Wie lautet er doch?
    ›Ich werde meine Kunst dazu benutzen, zu heilen und niemandem zu schaden, ich werde keusch sein…‹«
    »Nun übertreibst du aber!«
    »Keine Angst. Dann werden wir nach Hause gehen. Ich nehme irgendwo eine Dauerstellung mit einem festen Standort an, und du bekommt dein Hospital. Wir werden ein großes Haus haben und werden es alle beide jeden Morgen verlassen, um unserer Arbeit nachzugehen.«
    »Und meine Maia wird unsere Haushälterin sein«, spann ich den Faden weiter und fing an, mich darauf zu freuen. »Deine Maia? Hast du irgendwo noch ein altes Kindermädchen?« Ich erzählte ihm von Maia und wie sehr sie sich immer gewünscht hatte, für meine Kinder die Großmutter zu spielen.
    Athanaric lachte. »Wir werden Kinder haben!« rief er begeistert aus. »Die Jungen können in den Staatsdienst treten, und die Mädchen können von ihrer Mutter die Heilkunst erlernen.«
    »Und was ist, wenn die Jungen die Heilkunst erlernen wollen?«
    »Ich glaube, ich würde es erlauben.«
    »Und was ist, wenn die Mädchen in den Staatsdienst treten wollen?«
    »Ich werde ihnen sagen, sie sollen sich die Haare abschneiden und sich als Eunuchen verkleiden.«
    Ich lachte. »Und wo wollen wir uns niederlassen, um eine solche Familie aufzuziehen?«
    »Armenien? Alexandria? Ephesus? Rom? Wir haben das ganze Kaiserreich zur Auswahl. Es wartet nur auf uns.« Er schwang seinen Arm einmal herum, nach Osten und Süden und Westen, als wolle er das wüste und ausgestorbene thrazische Land fortwischen und mir die große, strahlende, glitzernde Welt zu Füßen legen. Übermütig lachte ich erneut, und Athanaric und Arbetio lachten ebenfalls. Die Welt gehört uns, dachte ich. Die ganze Welt gehört uns.
    Am späten Nachmittag jenes Tages erreichten wir Novidunum.
    Ich war völlig erschöpft, und der Himmel verdunkelte sich, da ein Sturm heraufzog. Das Land um uns herum lag ruhig und verlassen da: flache, grüne und gelbe Weiden, brachliegende Felder und verwaiste Häuser, der Gesang der Zikaden in der heißen, schwülen Luft. Aber im Nordosten zogen bereits schwarze Gewitterwolken am Horizont auf. Endlich zügelte Arbetio sein Pferd und deutete nach vorn. In der Ferne ragten die Mauern Novidunums auf, türmten sich schroff über dem flachen Land empor und hoben sich gegen den dunkler werdenden Himmel ab. Trotz meiner Erschöpfung stieß ich einen Jubelruf aus, und wir trieben unsere müden Pferde zu einem raschen Trab an.
    »Mit ein wenig Glück«, meinte Arbetio, »werden wir in dem Augenblick zu Hause sein, da der Sturm losbricht.«
    Seit dem frühen Nachmittag waren wir auf der Hauptstraße in Richtung Norden geritten. Das Land um uns herum lag eben und offen da, so daß wir keinen Hinterhalt befürchten mußten. Jetzt sahen wir zum erstenmal, seit wir Carragines verlassen hatten, auf den Feldern grasende Kühe und Pferde, bewohnt aussehende Häuser: Falls die Goten hier angriffen, konnten ihre Bewohner in der Festung Schutz suchen.
    Als wir nahe genug heran waren, um auf den steil aufragenden Mauern einzelne Gestalten ausmachen zu können, lenkte Athanaric sein Pferd von der Straße weg zu einem Apfelbaum in einem Obstgarten. Er schnitt ein paar grüne Zweige ab und händigte sie jedem von uns aus. »Auf diese Weise verstehen sie in der Festung, daß wir in friedlicher Absicht kommen«, sagte er. »Wir wollen schließlich nicht von unseren eigenen Leuten getötet werden.« So ritt ich also, meinen grünen Zweig zum Zeichen des Friedens in die Höhe haltend, wieder in die Festung ein, die ich anderthalb Jahre zuvor so sorglos verlassen hatte. Die Wachen standen mit erhobenen Schildern und wurfbereiten Lanzen auf ihrem Wachturm, und einer von ihnen forderte uns mit lauter Stimme auf, das Losungswort zu nennen.
    »Wir kennen es nicht«, erwiderte Athanaric mit vernehmlicher Stimme und hob seine Hände zum Zeichen
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