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Der letzte Wunsch

Der letzte Wunsch

Titel: Der letzte Wunsch
Autoren: Andrzej Sapkowski
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geht das Gerücht, dass diese Leute den Hexer im Stillen beredet haben, dass er sich nicht mit irgendwelchem Brimborium oder Zaubereien abgibt, sondern die Striege erledigt und dem König sagt, der Zauber habe nicht gewirkt, das Töchterchen sei von der Treppe gefallen, kurzum, es sei ein Betriebsunfall passiert. Der König würde natürlich wütend werden, aber es würde darauf hinauslaufen, dass er keinen einzigen Oron Belohnung zahlt. Also meint mein Hexer, dass wir ohne Bezahlung selber gegen die Striege ziehen könnten. Nun ja, was sollten wir machen ... Wir haben zusammengelegt, gehandelt ... Bloß dass nichts dabei herausgekommen ist.«
    Geralt hob die Brauen.
    »Nichts, sag ich«, erklärte Velerad. »Der Hexer wollte nicht gleich in der ersten Nacht losgehen. Er schleicht herum, hält Ausschau, durchstreift die Gegend. Schließlich, heißt es, hat er die Striege gesehen, sicherlich in Aktion, denn sie kommt nicht aus der Krypta, bloß um sich die Füße zu vertreten. Er hat sie also gesehen und sich in derselben Nacht davongemacht. Ohne sich zu verabschieden.«
    Geralt verzog leicht die Wangen – zu etwas, was wohl ein Lächeln sein sollte.
    »Die vernünftigen Leute«, sagte er, »haben dieses Geld sicherlich noch? Hexer nehmen keinen Vorschuss.«
    »Hm«, erwiderte Velerad, »sicherlich haben sie’s noch.«
    »Weiß das Gerücht nicht, wie viel es ist?«
    Velerad bleckte die Zähne. »Die einen sagen: achthundert . . .«
    Geralt wiegte den Kopf.
    »Andere«, murmelte der Stadtvogt, »reden von tausend.«
    »Nicht viel, wenn man bedenkt, dass das Gerücht immer übertreibt. Immerhin gibt der König dreitausend.«
    »Vergiss die Braut nicht«, spottete Velerad. »Wovon reden wir eigentlich? Es ist doch klar, dass du diese dreitausend nicht kriegst.«
    »Wieso soll das klar sein?«
    Velerad schlug mit der Hand auf die Tischplatte. »Geralt, verdirb mir meine Vorstellung von den Hexern nicht! Das dauert jetzt schon über sechs Jahre! Die Striege erledigt pro Jahr an die fünfzig Leute, jetzt weniger, weil sich alle vom Schloss fernhalten. Nein, Bruder, ich glaube an Zauberei, hab’s mehr als einmal gesehen, und natürlich glaube ich bis zu einem gewissen Grade an die Fähigkeiten von Magiern und Hexern. Aber das mit der Entzauberung ist Unsinn, den sich ein buckliger und rotznasiger Opa ausgedacht hat, dem das Einsiedlerleben den Verstand geraubt hat, Unsinn, an den niemand glaubt. Außer Foltest. Nein, Geralt! Adda hatte eine Striege zur Welt gebracht, weil sie mit dem eigenen Bruder schlief, das ist die Wahrheit, und da hilft kein Zauber. Die Striege frisst Menschen, wie’s eine Striege eben tut, und man muss sie schlicht und einfach töten. Hör mal, vor zwei Jahren sind die Bauern von irgendeinem gottverlassenen Nest bei Mahakam, denen ein Drache die Schafe weggefressen hat, gemeinsam losgezogen, haben ihn mit Balken erschlagen und es nicht einmal für zweckmäßig befunden, sich dessen besonders zu rühmen. Und wir hier in Wyzima warten auf ein Wunder und verriegeln bei jedem Vollmond die Türen oder binden Verbrecher vor den Schlossgebäuden an einen Pfahl, in der Hoffnung, dass sich die Bestie sattfrisst und in den Sarg zurückkehrt.«
    »Keine üble Methode«, sagte der Hexer lächelnd. »Ist die Zahl der Verbrechen zurückgegangen?«
    »Kein bisschen.«
    »Wo geht’s zum Schloss, zu dem neuen?«
    »Ich begleite dich persönlich. Was wird aus dem Vorschlag der vernünftigen Leute?«
    »Stadtvogt«, sagte Geralt. »Wozu die Eile? Es kann ja wirklich zu einem Arbeitsunfall kommen, unabhängig davon, ob ich es will. Dann müssen sich die vernünftigen Leute überlegen, wie sie mich vor dem Zorn des Königs bewahren, und die tausendfünfhundert Oron bereithalten, von denen gerüchtweise die Rede ist.«
    »Es sollten tausend sein.«
    »Nein, Herr Velerad«, sagte der Hexer entschieden. »Der, dem ihr tausend geben wolltet, ist beim bloßen Anblick der Striege davongelaufen, er hat nicht einmal gefeilscht. Also ist das Risiko für tausend zu hoch. Ob es nicht höher als anderthalbtausend ist, wird sich zeigen. Natürlich werde ich mich vorher verabschieden.«
    Velerad kratzte sich am Kopf. »Geralt? Tausendzweihundert?«
    »Nein, Stadtvogt. Das ist keine leichte Arbeit. Der König gibt dreitausend, und ich muss euch sagen, dass Entzaubern manchmal leichter als Umbringen ist. Schließlich hätte irgendeiner von meinen Vorgängern die Striege getötet, wenn es so einfach wäre. Glaubt ihr, sie haben sich
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