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Der letzte Wunsch

Der letzte Wunsch

Titel: Der letzte Wunsch
Autoren: Andrzej Sapkowski
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Pockennarbige und trat dicht an den Unbekannten heran. »Solche wie dich brauchen wir hier in Wyzima nicht. Das ist eine anständige Stadt!«
    Der Unbekannte nahm seinen Krug und wich zurück. Er schaute zum Wirt hin, doch der wich seinem Blick aus. Es fiel ihm nicht ein, den Rivier zu verteidigen. Und überhaupt, wer konnte schon einen Rivier leiden?
    »Jeder Rivier ist ein Verbrecher«, redete der Pockennarbige weiter und dünstete Bier, Knoblauch und Wut aus. »Hörst du, was ich sage, du Gauner?«
    »Er hört’s nicht. Hat Dreck in den Ohren«, sagte einer von den beiden anderen, und der Zweite lachte böse auf.
    »Bezahl und pack dich!«, knurrte der Narbige.
    Erst jetzt sah ihn der Unbekannte an.
    »Ich werde erst noch mein Bier austrinken.«
    »Wir helfen dir«, zischte der Grobschlächtige. Er schlug dem Rivier den Krug aus der Hand, packte ihn gleichzeitig an der Schulter und krallte die Finger um den schräg über die Brust des Fremden laufenden Gurt. Einer von den beiden hinter ihnen holte mit der Faust aus. Der Fremde wich zur Seite und brachte den Pockennarbigen aus dem Gleichgewicht. Das Schwert fuhr zischend aus der Scheide und blitzte kurz im Lichte der Öllampen auf. Einen Augenblick lang herrschte Durcheinander. Ein Schrei. Jemand von den übrigen Gästen stürzte zum Ausgang. Krachend fiel ein Stuhl um, mit dumpfem Poltern stürzte Tongeschirr zu Boden. Der Wirt – seine Lippen bebten – blickte auf das schrecklich gespaltene Gesicht des Pockennarbigen, der, die Finger in den Rand des Schanktisches gekrallt, hinabsank, aus dem Blick entschwand, als ginge er unter. Die beiden anderen lagen am Boden, der eine reglos, der Zweite wand sich und zuckte in einer rasch zunehmenden dunklen Lache. In der Luft zitterte in die Ohren schneidend der dünne, hysterische Schrei einer Frau. Der Wirt zuckte zusammen, schnappte nach Luft und begann sich zu übergeben.
    Der Unbekannte zog sich zur Wand zurück. Zusammengekrümmt, angespannt, wachsam. Das Schwert hielt er mit beiden Händen und ließ die Spitze in der Luft kreisen. Niemand regte sich. Wie kalter Morast hatte sich das Grauen über die Gesichter gelegt, die Glieder gefesselt, die Kehlen verstopft.
    Die Wachen stürmten mit Getöse und Geklirr in die Schenke, sie waren zu dritt. Sie mussten in der Nähe gewesen sein. Sie hielten die mit Riemen umwundenen Knüppel bereit, doch beim Anblick der Leichen griffen sie sofort zu den Schwertern. Der Rivier presste den Rücken gegen die Wand und holte mit der Linken ein Stilett aus dem Stiefelschaft.
    »Weg damit!«, brüllte einer der Wächter mit vor Erregung bebender Stimme. »Weg damit, du Mörder! Du kommst mit!«
    Ein anderer Wächter warf den Tisch um, der ihn daran hinderte, sich dem Rivier von der Seite zu nähern. »Hol mehr Leute, Treska!«, rief er dem Dritten zu, der sich in der Nähe der Tür hielt.
    »Nicht nötig«, sagte der Unbekannte und senkte das Schwert. »Ich komme von selbst mit.«
    »Du kommst mit, Hundesohn, aber mit einem Strick um den Hals!«, platzte der Aufgeregte heraus. »Lass das Schwert fallen, sonst hau ich dir den Schädel ein!«
    Der Rivier richtete sich auf. Rasch klemmte er das Schwert unter die linke Achsel, mit der Rechten aber, die er den Wachen entgegenstreckte, zeichnete er schnell ein kompliziertes Zeichen in die Luft. Die Nieten blitzten auf, mit denen die bis an die Ellenbogen reichenden Ärmelaufschläge des ledernen Wamses dicht besetzt waren.
    Die Wächter zogen sich augenblicklich zurück und hielten die Arme vors Gesicht. Einer von den Gästen sprang auf, ein anderer huschte wieder zur Tür. Die Frau begann erneut zu schreien, wild und furchterregend.
    »Ich komme von selbst mit«, wiederholte der Unbekannte mit tönender, metallischer Stimme. »Aber ihr geht voran. Ihr führt mich zum Stadtvogt. Ich kenne den Weg nicht.«
    »Ja, Herr«, murmelte ein Wächter mit gesenktem Kopf. Er eilte zur Tür und blickte sich unsicher um. Die beiden anderen folgten ihm hastig. Der Unbekannte ging ihnen nach und steckte dabei das Schwert in die Scheide, das Stilett in den Stiefelschaft. Als sie an den Tischen vorbeikamen, verbargen die Gäste die Gesichter hinter den Tonkrügen.

II
    Velerad, der Stadtvogt von Wyzima, kratzte sich am Kinn und überlegte. Er war weder hochnäsig noch furchtsam, doch ihm behagte der Gedanke nicht, mit dem Weißhaarigen allein zu bleiben. Schließlich fasste er einen Entschluss.
    »Geht raus«, befahl er den Wachen. »Und du setz dich. Nein,
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