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Der letzte Wunsch

Der letzte Wunsch

Titel: Der letzte Wunsch
Autoren: Andrzej Sapkowski
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drauflosgezaubert, größtenteils am gedeckten Tisch. Gewiss, manche haben Foltest oder der Rat schnell entlarvt, ein paar wurden sogar gepfählt, aber zu wenig, zu wenig. Ich hätte sie allesamt aufgehängt. Dass die Striege unterdessen alle naslang jemanden auffraß, ohne sich um die Schwindler und ihre Zaubersprüche zu kümmern, brauche ich wohl nicht erst zu sagen. Auch nicht, dass Foltest nicht mehr im Schloss wohnte. Niemand wohnte mehr dort.«
    Velerad hielt inne, trank einen Schluck Bier. Der Hexer schwieg.
    »Und so, Geralt, geht das nun schon seit sechs Jahren, denn das Ding ist vor etwa vierzehn Jahren geboren worden. Wir hatten zu jener Zeit ein paar andere Sorgen, denn wir haben uns mit Wisimir von Nowigrad geschlagen, aber aus anständigen, verständlichen Gründen, es ging uns um eine Versetzung der Grenzpfähle, und das ist was anderes als irgendwelche Töchter oder dynastische Ehen. Foltest fängt übrigens schon an, sich um eine Heirat zu kümmern, und sieht sich die von den Nachbarhöfen geschickten Porträts an, die er früher in den Abort zu werfen pflegte. Tja, aber von Zeit zu Zeit überkommt es ihn wieder, und er schickt reitende Boten los, damit sie neue Zauberer suchen. Und eine Belohnung hat er auch ausgesetzt, dreitausend, woraufhin sich ein paar Wirrköpfe eingefunden haben, fahrende Ritter, sogar ein Hirt, ein in der ganzen Gegend bekannter Kretin, er möge in Frieden ruhen. Der Striege aber geht’s gut. Außer dass sie ab und zu jemanden auffrisst. Man kann sich dran gewöhnen. Und die Helden, die sie zu entzaubern versuchen, haben wenigstens den einen Nutzen, dass sich die Bestie an Ort und Stelle sattfrisst und nicht außerhalb des Schlosses umherstreift. Was Foltest angeht, der hat ein neues Schloss, ganz hübsch.«
    »Sechs Jahre lang« – Geralt hob den Kopf –, »sechs Jahre lang hat niemand die Sache erledigt?«
    »Stimmt.« Velerad sah den Hexer durchdringend an. »Denn gewisse Sachen lassen sich nicht erledigen, und man muss sich damit abfinden. Ich rede von Foltest, unserem gnädigen und geliebten Herrscher, der diese Bekanntmachungen immer noch an den Kreuzwegen anschlagen lässt. Nur dass die Freiwilligen viel weniger geworden sind. Kürzlich gab es allerdings einen, aber der wollte die dreitausend unbedingt im Voraus haben. Also haben wir ihn in einen Sack gesteckt und in den See geworfen.«
    »Schwindler gibt es immer.«
    »In der Tat. Sogar zu viel davon«, stimmte ihm der Stadtvogt zu, ohne den Blick von dem Hexer zu wenden. »Wenn du also ins Schloss gehst, verlange kein Gold im Voraus. Wenn du überhaupt hingehst.«
    »Ich gehe.«
    »Gut, das ist deine Sache. Aber denk an meinen Rat. Wenn die Sprache schon auf die Belohnung kommt, da ist neuerdings auch von dem anderen Teil die Rede, wie gesagt. Die Prinzessin zur Frau. Ich weiß nicht, wer sich das ausgedacht hat, aber wenn die Striege so aussieht, wie es heißt, dann ist das ein verdammt trauriger Witz. Trotzdem haben sich Dummköpfe gefunden, die in vollem Galopp zum Schloss geprescht sind, kaum dass bekannt wurde, da sei eine Gelegenheit, in die königliche Familie einzuheiraten. Genauer gesagt, es waren zwei Schustergesellen. Warum sind Schuster derart dumm, Geralt?«
    »Ich weiß nicht. Und was ist mit Hexern, Stadtvogt? Hat es einer versucht?«
    »Es waren ein paar da, aber nun ja. Als sie hörten, dass die Striege nicht getötet, sondern entzaubert werden soll, haben sie meistens mit den Schultern gezuckt und sind weggeritten. Darum ist auch mein Respekt vor den Hexern wesentlich gewachsen, Geralt. Ja, und dann kam einer, der war jünger als du, an den Namen erinnere ich mich nicht, falls er ihn überhaupt genannt hat. Der hat es versucht.«
    »Und?«
    »Die Prinzessin mit den großen Zähnen hat seine Gedärme über eine riesige Entfernung verstreut. Einen halben Pfeilschuss weit.«
    Geralt nickte. »Das waren alle?«
    »Da war noch einer.«
    Velerad schwieg eine Weile. Der Hexer drängte ihn nicht.
    »Also«, sagte der Stadtvogt schließlich. »Da war noch einer. Zuerst, als ihm Foltest mit dem Pfahl drohte, wenn er die Striege umbringt oder zum Krüppel macht, lachte er nur und begann seine Sachen zu packen. Aber dann . . .«
    Velerad senkte abermals die Stimme, fast bis zum Flüstern, und beugte sich über den Tisch.
    »Dann hat er den Auftrag angenommen. Siehst du, Geralt, es gibt hier in Wyzima ein paar vernünftige Leute, sogar in hoher Stellung, denen diese ganze Sache zum Halse raushängt. Es
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