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Der letzte Werwolf

Der letzte Werwolf

Titel: Der letzte Werwolf
Autoren: Brigitte Endres
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hatte.
    „Wer ist der Nächste?“ Die Würstchenverkäuferin reckte den Hals.
    „Ich!“ Karl hob den Arm, dann zwinkerte er Phil zu. „Du isst doch bestimmt eine mit?“
    Phil schüttelte den Kopf. „Ich hab …“
    Aber noch ehe er loswerden konnte, dass er bereits eine gegessen hatte, sagte Karl: „Zwei Mal Bratwurst, einmal mit Senf und einmal mit …“ Er sah Phil fragend an. „Ketchup?“
    „Aber …“
    „Also hör mal“, sagte Karl. „In deinem Alter konnte ich im Alleingang eine Meterbratwurst verdrücken. Senf und Ketchup“, sagte er dann zu der Verkäuferin, die ungeduldig auf seine Bestellung wartete.
    Zähneknirschend fand sich Phil kurz darauf an einem Biertisch.
    „Ich hab einen Bärenhunger!“ Genussvoll biss Karl in sein Bratwurstbrötchen. Er nickte Phil zu. „Lasch esch dir schmecken!“
    Mit einem gequälten Lächeln folgte Phil seiner Aufforderung. Verdammt! Jetzt saß er erst mal hier fest. Besorgt spähte er nach der allmählich sinkenden Sonne. Die Vorstellung, dass seine Schwester beim Tempel auf ihn wartete, schnürte ihm den Magen ab.
    „Schmeckt es dir nicht?“ Karl seufzte. „Na ja, früher waren die Würste auch besser. Überhaupt, der ganze Budenzirkus heute. Was hatten wir damals für tolle Sonnwendfeste, ganz ohne diesen Kommerztrubel! Weißt du, was wir immer gemacht haben …?“
    Damit begann er ausschweifend von den Johannisfesten seiner Kindheit zu erzählen.
    Phil rutschte auf der Bank hin und her. Shit! Wie kam er bloß hier weg? Wenn Karl erst mal in Fahrt war, war er nicht mehr zu bremsen. Verzweifelt starrte er zum Horizont, der sich schon dunkelrot verfärbte.
    „Hörst du überhaupt zu?“, unterbrach Karl plötzlich seinen Redefluss.
    Phil nickte verlegen, dem Röntgenblick des Psychiaters war nicht entgangen, dass er mit den Gedanken ganz woanders war.
    Karl sah erneut auf seine Armbanduhr. „Na, die anderen werden ja schon bald da sein.“
    Phil schreckte hoch. „So spät schon? – Entschuldige Karl, aber ich muss mal dringend.“
    Wie ein Springteufel schnellte er hoch und sprintete los, ohne sich noch einmal umzusehen. Er rannte, als ginge es um sein Leben, bis er von einer Menschenmenge aufgehalten wurde, die sich um einen Feuerschlucker scharte.
    Während er panisch nach einem Ausweg suchte, fiel ihm ein schwarzer Haarschopf auf, der ihm nur zu bekannt vorkam.
    Verdammt, das war doch …! Obwohl er heute ein grünes Shirt trug – das war hundertprozentig der kleine Strolch, der ihn schon zweimal angeführt hatte! Die Deckung der Menschenmenge nutzend, schlug Phil einen Bogen und schob sich von rückwärts näher an den Burschen, der sich gerade an die offene Handtasche einer Frau machte, die damit beschäftigt war, ihrer kleinen Tochter den Mund abzuwischen. Mit festem Griff packte er den überraschten Jungen am Arm und zerrte ihn weg. Ein wild funkelndes Augenpaar blitzte ihn an.
    „Mit dir hab ich was zu klären!“, fuhr Phil ihn an. „Wenn du nicht sofort mitkommst, verfrachte ich dich zur Polizei. Dein Chef wird nicht begeistert sein, wenn er dich dort abholen muss.“
    Die Wut in den Augen des Jungen wandelte sich in blanke Angst. Ohne Gegenwehr ließ er sich aus dem Gedränge hinter einen Stand zerren. Phil entließ ihn nicht aus der Umklammerung. Der Kleine war vielleicht schneller als er, aber auf keinen Fall kräftiger. Mit einem Ruck stieß er ihn an die Bretterwand und beugte sich drohend über ihn. „Wo ist das Amulett?“
    „Nix weiß!“, sagte der Junge.
    „Die Kette, die du für den Alten geklaut hast.“
    Der Junge zuckte mit den Schultern. „Nix weiß.“
    Phils Augen verengten sich. „Du kleines Aas …“ Dann stutzte er und riss mit einer blitzschnellen Bewegung eine Kette von dem schmutzigen Hals des Jungen.
    „Wow!“ Fassungslos blickte er auf das Amulett. Wahnsinn, er hatte das Amulett gefunden! In allerletzter Minute. Ohne sich weiter um den verdutzten Jungen zu kümmern, rannte er los.

K APITEL 23
    V alentina blickte beunruhigt zum Himmel. Der Tag welkte dahin, Blau und Grau hielten sich schon die Waage. Verdammt noch mal, wo blieb Phil bloß? Ungeduldig spähte sie in die Richtung, aus der ihr Bruder kommen musste. Nachtfalter schwirrten durch die Dämmerung und erinnerten sie an den verzauberten Spätnachmittag des Vortags. Sie sann noch darüber nach, was Dorian über Schmetterlinge gesagt hatte, als sich der weiße Wolf, der bislang ruhig neben ihr gelegen hatte, erhob.
    Gravitätisch schritt
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