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Der letzte Polizist: Roman (German Edition)

Der letzte Polizist: Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Polizist: Roman (German Edition)
Autoren: Ben Winters
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Depressionen?«
    »Tja«, sagt er. »Sie wissen schon … Moment.« Er hält abrupt inne, legt eine Hand vor den Mund und kneift die Augen zusammen, als versuchte er, etwas Verschwommenes und Fernes zu erkennen.
    »Mr. Gompers?«
    »Ja, ich … Verzeihung, ich versuche gerade, mich an etwas zu erinnern.« Seine Augen schließen sich für eine Sekunde, dann klappen sie schlagartig auf, und ich mache mir einen Moment lang Sorgen um die Zuverlässigkeit meines Zeugen und frage mich, wie viele Gläser Gin er sich an diesem Vormittag schon hinter die Binde gekippt hat. »Da war dieser eine Vorfall.«
    »Vorfall?«
    »Ja. Wir hatten hier so ein Mädchen – Theresa, eine Buchhalterin –, die ist an Halloween als Asteroid verkleidet zur Arbeit gekommen.«
    »Oh?«
    »Ich weiß. Krank, was?« Aber Gompers grinst bei der Erinnerung. »Es war bloß ein großer schwarzer Müllbeutel mit der Nummer, zwei-null-eins-eins-G-V-eins, auf einem Namensschildchen. Die meisten von uns haben gelacht, die einen mehr, die anderen weniger. Aber Zell ist aus heiterem Himmel total ausgeflippt . Er schreit und brüllt das Mädchen an und zittert am ganzen Körper. Es war wirklich beängstigend, vor allem, weil er, wie gesagt, normalerweise so ein stiller Typ ist. Jedenfalls hat er sich entschuldigt, aber am nächsten Tag ist er nicht zur Arbeit erschienen.«
    »Wie lange ist er weggeblieben?«
    »Eine Woche? Zwei Wochen? Ich dachte, er wäre endgültig fort, aber dann ist er wieder aufgetaucht. Keine Erklärung, und er war so wie immer.«
    »Genau so?«
    »Ja. Still. Ruhig. Konzentriert. Hat hart gearbeitet und getan, was man ihm gesagt hat. Selbst als der aktuarische Bereich ausgetrocknet ist.«
    »Der … Verzeihung?«, sage ich. »Wie bitte?«
    »Der aktuarische Bereich. Ende Herbst, Anfang Winter haben wir endgültig aufgehört, Policen zu verkaufen.« Er sieht meine fragende Miene und lächelt grimmig. »Ich meine, Detective: Würden Sie jetzt gern eine Lebensversicherung abschließen?«
    »Wohl kaum.«
    »Na eben«, sagt er, rümpft die Nase und leert sein Glas. »Wohl kaum.«
    Das Licht flackert, Gompers schaut hoch, murmelt: »Komm schon«, und gleich darauf leuchtet es wieder hell.
    »Na, jedenfalls habe ich Peter dann angewiesen, dasselbe zu machen wie alle anderen, nämlich Schadensfälle zu überprüfen, nach unzutreffenden Angaben und zweifelhaften Ansprüchen zu forschen. Es klingt verrückt, aber davon ist Variegated, unsere Muttergesellschaft, heutzutage besessen: Betrugsbekämpfung. Es geht ausschließlich um die Sicherung der Gewinne. Viele Führungskräfte haben ihre Chips eingelöst, wissen Sie, und sind jetzt auf Bermuda oder Antigua oder bauen Bunker. Aber unser Vorstandsvorsitzender nicht. Unter uns, er denkt, er kann sich den Weg in den Himmel erkaufen, wenn das Ende kommt. Ist zumindest mein Eindruck.«
    Ich lache nicht. Mit der Spitze meines Kulis tippe ich auf mein Buch und versuche, aus all den Informationen schlau zu werden und im Kopf eine Zeitleiste anzulegen.
    »Denken Sie, ich könnte mit ihr sprechen?«
    »Mit wem?«
    »Mit der Frau, die Sie erwähnt haben.« Ich werfe einen raschen Blick auf meine Notizen. »Theresa.«
    »Ach, die ist schon lange weg, Officer. Sie ist jetzt in New Orleans, glaube ich.« Gompers neigt den Kopf, und seine Stimme verebbt zu einem Gemurmel. »Viele junge Leute gehen da runter. Meine Tochter auch.« Er schaut wieder aus dem Fenster. »Kann ich Ihnen sonst noch was erzählen?«
    Ich schaue auf das blaue Buch, auf das Spinnennetz meines unleserlichen Gekrakels. Also – was kann er mir noch erzählen?
    »Wie steht’s mit Freunden? Hatte Mr. Zell Freunde?«
    »Äh …« Gompers legt den Kopf schräg und schiebt die Unterlippe vor. »Einen. Oder vielmehr, ich weiß nicht, was er war, ich vermute, er war ein Freund. So ein Koloss, mit dicken Armen. Ein- oder zweimal habe ich Zell im letzten Sommer mit ihm zu Mittag essen sehen, bei The Works, dem Sandwichladen um die Ecke.«
    »Ein kräftiger Mann, sagen Sie?«
    »Ein Koloss, habe ich gesagt, aber ja. Ich erinnere mich an ihn, erstens, weil Peter nie zum Mittagessen rausging, also war das an sich schon ungewöhnlich. Und zweitens war Peter ein so kleiner Bursche, dass die beiden ein Bild für die Götter waren, wissen Sie?«
    »Kennen Sie seinen Namen?«
    »Von dem großen Kerl? Nein. Ich habe nicht mal mit ihm geredet.«
    Ich schlage die Beine andersherum übereinander, ver suche, mir die richtigen Fragen auszudenken, überlege, wa s
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