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Der Letzte Bus Nach Woodstock

Der Letzte Bus Nach Woodstock

Titel: Der Letzte Bus Nach Woodstock
Autoren: Colin Dexter
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Mann war offensichtlich betrunken. Er wühlte umständlich und nicht sehr methodisch in seinen Taschen nach dem passenden Kleingeld, zahlte, nahm einen Schluck von seinem Whisky und ließ sich vorsichtig vom Hocker gleiten. Einen Augenblick lang fixierte er angestrengt die Tür, bevor er erstaunlich geradlinig auf sie zusteuerte.
    Auf dem Hof waren früher Pferdehufe über das Pflaster getrappelt. Um von dort auf die Straße zu gelangen, mußte man einen schmalen Torbogen passieren. Über die Jahre hatte sich dieser Hof für den Black Prince als unschätzbarer Vorteil erwiesen. Die Pest der Bußgeldbescheide, der keiner entging, der die Park- und Halteverbote an den Straßen mißachtete, hatte bewirkt, daß diese Verbote inzwischen, wenn auch widerwillig, respektiert wurden. Da es keine noch so abgelegene Straße zu geben schien, die von diesen Verboten ausgenommen war, konnte jedes Haus, das seinen Gästen einen privaten Parkplatz bieten konnte – Nur für Gäste. B e nutzung auf eigene Gefahr –, mit regem Zuspruch rechnen. Auch an diesem Abend war der Hof wieder mit den unvermeidlichen Volvos und Rovers vollgepackt. Eine Lampe über dem Torbogen warf ein schwaches Licht auf die Einfahrt, der Rest lag im Dunkeln. Der junge Mann stolperte auf eine der hinteren Ecken zu. Er hatte sie noch nicht ganz erreicht, als er hinter dem letzten Wagen undeutlich etwas liegen sah. Er bückte sich und tastete danach. Das Grauen kroch ihm den Rücken hoch. Er erbrach sich unvermittelt und heftig gegen die Tür eines ausgedienten Stallgebäudes.

Kapitel 2 – Mittwoch, 29. September
     
    Der Geschäftsführer des Black Prince verständigte, nachdem er von der Entdeckung der Leiche erfahren hatte, umgehend die Polizei. Dort reagierte man mit lobenswerter Schnelligkeit. Sergeant Lewis von der Thames Valley Police gab ihm präzise Verhaltensmaßregeln. Ein Polizeiwagen werde innerhalb der nächsten zehn Minuten eintreffen, er solle darauf achten, daß keiner den Black Prince verlasse, niemand den Hof betrete. Falls ein Gast darauf bestehe zu gehen, solle er Namen und Adresse des Betreffenden notieren. Sollte jemand nachfragen, was das alles zu bedeuten habe, könne er wahrheitsgemäß antworten.
    Es dauerte eine Zeit, bis es sich herumgesprochen hatte: ein Mord war geschehen. Die aufgekratzte Stimmung verflog, das Stimmengewirr wurde gedämpfter. Niemand schien besonders eilig aufbrechen zu wollen, zwei oder drei Gäste baten darum, telefonieren zu dürfen. Alle fühlten sich auf einmal nüchtern, auch der blasse junge Mann im Büro des Geschäftsführers, dessen fast volles Whiskyglas noch immer auf der Theke der Lounge Bar stand.
    Als Sergeant Lewis zusammen mit zwei Constables am Black Prince eintraf, sammelte sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite sogleich eine kleine Gruppe Neugieriger. Es wurde mit Interesse registriert, daß sich das Polizeifahrzeug direkt vor die Einfahrt gestellt hatte und sie auf diese Weise wirksam blockierte. Fünf Minuten später fuhr ein zweiter Polizeiwagen vor. Alle Augen folgten dem zierlichen, dunkelhaarigen Mann, der ausstieg, mit dem Constable an der Einfahrt ein paar Worte wechselte, mehrmals zustimmend mit dem Kopf nickte und dann im Black Prince verschwand.
    Inspector Morse kannte Sergeant Lewis nur flüchtig und war angenehm überrascht von seiner Kompetenz und ruhigen Umsicht. Die beiden Männer hatten eine kurze, lebhafte Unterredung miteinander und waren sich dann über das weitere Vorgehen einig: Lewis würde mit Hilfe eines der beiden Constables Namen, Adressen und Autokennzeichen der Anwesenden notieren. Alle würden angeben müssen, wo sie sich den Abend über aufgehalten hatten und unter welcher Adresse sie in den nächsten Stunden zu erreichen sein würden. Es waren über fünfzig Personen zu befragen, und Morse war klar, daß dies längere Zeit in Anspruch nehmen würde.
    »Soll ich versuchen, noch einige Leute zu Ihrer Unterstützung zu bekommen, Sergeant?«
    »Ich glaube, der Constable und ich kommen schon klar.«
    »Gut, dann lassen Sie uns anfangen.«
    Der Hof ließ sich durch eine Seitentür von der Lounge Bar her betreten. Morse machte bedachtsam einige Schritte und sah sich um. Er zählte die dicht an dicht geparkten Autos und kam auf dreizehn. Es war allerdings gut möglich, daß er sich um eins oder zwei verzählt hatte, denn die etwas weiter hinten abgestellten Wagen verschwammen fast mit dem schwarzen Schatten der Hofmauer. Einen Augenblick sann er erstaunt
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