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Der Letzte Bus Nach Woodstock

Der Letzte Bus Nach Woodstock

Titel: Der Letzte Bus Nach Woodstock
Autoren: Colin Dexter
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darüber nach, mittels welcher außergewöhnlichen Fahrkünste es den Gästen des Black Prince gelingen mochte, ihre Fahrzeuge selbst noch in alkoholisiertem Zustand ohne Schrammen durch die enge Ausfahrt zu steuern. Langsam schritt er die Länge des Hofes ab und ließ dabei den Strahl seiner Taschenlampe systematisch über das Pflaster wandern. Der Fahrer des letzten Wagens in der linken Reihe hatte sich beim Rückwärtseinparken, offenbar ohne genauer hinzusehen und wohl in der Annahme, es mit einer der üblichen schmalen Parklücken zu tun zu haben, dicht an das neben ihm stehende Auto gequetscht und dabei zwischen seiner Beifahrerseite und der Hofmauer fast einen Meter Platz gelassen. Ausgestreckt in diesem Zwischenraum lag die Leiche eines jungen Mädchens. Sie lag auf der rechten Seite, den Kopf fast im Winkel der Hofmauern, das lange blonde Haar blutverklebt. Ein Blick genügte, um zu erkennen, daß das Mädchen durch einen wuchtigen Schlag auf den Hinterkopf getötet worden war. Neben ihr auf dem Pflaster sah Morse ein schweres, flaches Montiereisen, wie es sich früher in jedem Autowerkzeug befunden hatte. Es war ungefähr vier Zentimeter breit und knapp einen halben Meter lang, mit einer wellenförmigen Krümmung an beiden Enden zum Abheben der Reifendecke. Seit die meisten Autos mit schlauchlosen Reifen fuhren, waren Montiereisen eine Seltenheit geworden. Morse stand ein paar Minuten in die Betrachtung der Ermordeten versunken. Es war kein schöner Anblick. Die Tote war nur mit dem Notwendigsten bekleidet. Eine weiße Bluse, ein knapper dunkelblauer Minirock, Schuhe mit Keilabsatz. Morse lenkte das Licht seiner Taschenlampe auf ihren Oberkörper. Die linke Hälfte der Bluse war zerrissen, die beiden oberen Knöpfe standen offen, der dritte Knopf fehlte, so daß ihre vollen Brüste fast ganz entblößt waren. Morse leuchtete suchend über das Pflaster. Er hatte den fehlenden Knopf schnell entdeckt – eine kleine weiße Perlmuttscheibe, die im Schein der Taschenlampe aufblinkte. Wie er Sexualmorde verabscheute! Er rief nach dem Constable an der Einfahrt.
    »Ja, Sir?«
    »Wir brauchen ein paar Bogenlampen!«
    »Wär sicher nicht schlecht, Sir.«
    »Besorgen Sie welche!«
    »Ich, Sir?«
    »Wer denn sonst?«
    »Und woher …?«
    »Wie, zum Teufel, soll ich das wissen!« blaffte Morse.
    Eine Viertelstunde vor Mitternacht war Lewis mit der Befragung fertig. Morse saß derweil schon im Büro des Geschäftsführers und hatte sich in die Times vertieft. Das Getränk vor ihm auf dem Tisch sah sehr nach Whisky aus.
    »Da sind Sie ja, Lewis!« Morse hielt ihm die Zeitung entgegen.
    »Hier, sehen Sie mal. 14 senkrecht. Paßt doch genau, was?« Lewis las: › Essenz der Potenz, drei Buchstaben.‹ Die entsprechenden Kästchen waren schon ausgefüllt. SEX. Erwartete Morse, daß er sich dazu äußerte? Lewis arbeitete das erste Mal mit ihm zusammen.
    »Hübsche Definition, finden Sie nicht auch?«
    Lewis, der sich höchstens mal an das Kreuzworträtsel im Daily Mirror mit der Überschrift Rätsel zur Kaffe e stunde herantraute, wußte nicht recht, was er von alldem halten sollte.
    »Ich mache mir eigentlich nicht so besonders viel aus Kreuzworträtseln, Sir.«
    »Haben Sie den Eindruck, ich stehle Ihnen die Zeit?«
    Lewis besaß eine ganze Portion Standfestigkeit und ließ sich nicht so leicht etwas vormachen. »Ja, Sir.«
    Morses Mund entspannte sich zu einem gewinnenden Lächeln. Er hatte das Gefühl, der Sergeant und er würden gut miteinander auskommen.
    »Lewis, ich möchte, daß Sie mit mir zusammen diesen Fall bearbeiten.« Der Sergeant sah Morse mit geradem Blick in die wachen grauen Augen und hörte sich antworten, daß es ihm eine Freude wäre.
    »Das ist ein Grund zum Feiern«, sagte Morse. »Herr Wirt!« Westbrook hatte sich die ganze Zeit unauffällig in der Nähe zu schaffen gemacht und war sofort zur Stelle. »Einen doppelten Whisky.« Morse schob ihm sein Glas über den Tisch.
    »Für Sie auch einen, Sir?« wandte sich Westbrook nach einem Moment des Zögerns an Lewis.
    »Sergeant Lewis ist im Dienst, Mr. Westbrook.«
    Als der Geschäftsführer mit dem Whisky zurückkehrte, bat ihn Morse, Gäste und Personal im größten verfügbaren Raum zusammenzurufen, trank schweigend seinen Whisky und überflog die restlichen Seiten der Times.
    »Lesen Sie auch die Times, Lewis?«
    »Nein, Sir. Wir kriegen immer den Mirror .« Es klang wie eine Entschuldigung.
    »Da sehe ich auch manchmal rein«, sagte Morse.
    Eine
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