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Der letzte Agent

Der letzte Agent

Titel: Der letzte Agent
Autoren: Jacques Berndorf
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nicht.«
    »Und die Nummer vom Auto?«
    »D wie Düsseldorf, dann KL, dann 6789.«
    »Sonst noch irgendwas?«
    »Nein, aber nachgedacht habe ich. Das Foto von dem Toten war ja in allen Zeitungen. Aber es stand nicht genau dabei, in welchem Wald er gefunden wurde. Wenn sie also wegen der Leiche in den Windbruch gekommen ist, dann muss sie vorher irgendwo gewesen sein und gefragt haben, wo man den Toten gefunden hat. Oder?«
    »Das ist richtig, der Kandidat hat neunundneunzig Punkte. Wenn sie wegen der Leiche hier war, kannst du dir vorstellen, wen sie gefragt hat?«
    »Die Polizei?«, fragte er dagegen.
    Ich schüttelte den Kopf und fuhr weiter. Tatsache war, dass Tante Anni schon störte, noch ehe sie richtig angekommen war, denn eigentlich hatte ich keine Minute Zeit für sie – aber eigentlich war sie mein Gast.
    Ich fuhr heim, und ein mildes Schnarchen füllte das Treppenhaus. Die Tür zum Gästezimmer schloss nicht richtig.
    Ich hockte mich an den Schreibtisch und rief bei der Polizei in Köln an, Waidmarkt. Ich sagte forsch: »Mir ist jemand beim Parken in die Seite gefahren. Was mache ich, wenn ich die Autonummer habe?«
    »Sie können Anzeige erstatten, Sie können aber auch dem Halter des Fahrzeugs mitteilen, dass Sie sich gütlich einigen wollen. Oder, warten Sie mal, handelt es sich um Unfallflucht?«
    »So dicke nicht«, beruhigte ich ihn. »Es war eine Frau, es war ein weinroter Golf, er hatte eine Düsseldorfer Nummer. Und eigentlich«, ich zögerte ein bisschen, »eigentlich ist die Beule sehr klein, aber die Frau war sehr hübsch.«
    Auf so etwas fahren sie alle ab. Er lachte sehr sympathisch. »Sie sind sich im Klaren darüber, dass das Datenschutz ist?«
    »Also, diese Frau ist eigentlich unter Datenschutz irgendwie zu schade. Und ich dachte, Sie brauchen doch bloß in den Computer zu schauen, und – peng – bin ich glücklich.«
    »Also, geben Sie mir mal die Nummer, Sie sind vielleicht selbst eine Nummer!«
    »D-KL 6789.«
    Es dauerte eine Weile, dann sagte er: »Die Dame heißt Clara Gütt und wohnt in Düsseldorf, Immermannstraße 55.«
    »Ich küsse Sie!«
    »Sie meinen hoffentlich die Dame«, sagte er.
    Ich legte den Hörer bedächtig auf und beschloss, für diesen Tag Schluss zu machen. Ich rief: »Anni, wir gehen nach Gerolstein zum Chinesen.«
    »Du brauchst nicht so zu schreien, Junge«, sagte sie ruhig. Sie stand in der Tür. »Wieso zum Chinesen? Ich dachte, ich kriege hier endlich mal deftige Hausmannskost.«
    »Dann fahren wir nach Niederehe, zum Fasen. Willst du Forellen?«
    »Forellen?« Sie strahlte. »Junge, das, was ich in Berlin kriege, schmeckt immer ein bisschen nach altem Goldfisch.«
    »Du kriegst Forellenfilet zur Vorspeise, dann Forelle blau zum Warmwerden und zum Schluß eine aus der Pfanne statt Pudding.«
    »Du hast irgendwie seine Stimme.«
    »Meinst du meinen Vater?«
    »Ja. Seit ich dich wiedergesehen habe, denke ich darüber nach, was aus meinem Leben geworden wäre, wenn er deine Mutter nicht geheiratet hätte.«
    Dann schrillte das Telefon, ich hob ab, und Alfred sagte ohne Punkt und Komma: »Falls dich die Leiche wirklich interessiert: Da kriecht schon wieder einer im Windbruch rum. Diesmal ein Mann.« Er hängte einfach ein.
    »Ich muss mal eben aus dem Haus. Ich bin gleich wieder da.« Krümel war sofort an meiner Seite und sprang in den Wagen.
    Ich fuhr hinunter ins Dorf, dann die Kölner Straße entlang. Wer immer er war, ich wollte es besser machen, ich wollte ihn nicht warnen. Ich schaltete die Scheinwerfer aus und fuhr den Windbruch von Westen an. Das war schwierig, weil die Holzlader die Waldwege total verschlammt hatten. Die Fahrrinnen waren so tief, dass ich das Gefühl hatte, ein feuchtes Feld zu pflügen. Ungefähr einhundert Meter vor der Südecke des Bruchs ließ ich den Wagen stehen und rannte los. Anfangs war es leicht, weil das Licht noch ausreichte, den Weg klar auszumachen, aber als ich den Weg verlassen musste, um in den Bruch einzudringen, wurde es schwierig. Ich bewegte mich auf den Stämmen, glitt aber ein paarmal aus und konnte mich nur durch einen Sprung retten. Nach etwa fünfzig Metern hörte ich auf, mich strikt nach vorn zu bewegen, ich versuchte, unter den Stämmen durchzukommen.
    Flüchtig dachte ich, dass ich vielleicht einen Fehler machte. Wenn hier wirklich ein Mann war, musste er irgendwie gekommen sein. Mit einem Auto wahrscheinlich. Also wäre es besser gewesen, zuerst sein Auto zu finden und einfach zu warten. Ich blieb
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