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Der letzte Agent

Der letzte Agent

Titel: Der letzte Agent
Autoren: Jacques Berndorf
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nicht genug zu essen. Und jetzt möchte ich ein Stündchen schlafen.« Mehr wollte sie jetzt offenbar nicht erzählen.
    Sie stand auf, sah mich an und setzte hinzu: »Ich glaube, wir kommen ganz gut miteinander aus. Bis nachher. Und wenn ich störe, dann sagst du es einfach.« Damit ging sie hinaus.
    Meine Katze Krümel saß auf der Fensterbank und sah mich an, als habe sie eine Frage.
    »Ich weiß nicht«, sagte ich, »ich weiß es noch nicht. Vielleicht ist sie ganz in Ordnung. Würdest du gern auf einer Art Rittergut in der Mark Brandenburg wohnen?«
    Meine Katze Krümel ist eine kluge Katze, sie antwortete nicht. Ich ging zu Fuß in die Kneipe von Mechthild und Markus und süffelte trübe einen Apfelsaft vor mich hin.
    Erwin kam gutgelaunt vom Golfplatz her und fragte dröhnend: »Wie nennt man einen Schäfer, der seine Schafe prügelt?«
    Höflicherweise sah ich ihn fragend an.
    »Mähdrescher!«, strahlte er und bestellte sich ein Bier. Dann sah er mich listig an und fragte: »Was hältst du denn von der Leiche?«
    »Was soll ich davon halten? Sie antwortet ja nicht auf Fragen.«
    »Eine komische Sache«, murmelte er. »Ich hab mal rumgefragt, kein Mensch kennt den Menschen. Niemand hat ihn je gesehen. Da fragst du dich doch: Wie kommt der ausgerechnet mitten in den Bruch? Und wieso hat der das Schaumzeug im Leib?«
    »Vielleicht werden wir das eines Tages wissen, vielleicht nicht.«
    »Da ist heute Nachmittag eine Frau gewesen. Im Windbruch. Sie kam an, parkte den Wagen, ging rein, soweit sie konnte, und sah sich einfach um. Dann fuhr sie wieder.«
    »Was für eine Frau?«
    »Was weiß ich. So um die dreißig, vierzig. Rotes Kleid, braune Lederjacke. Eine Stadt-Tussi. War ein Golf, ein weinroter Golf.«
    »Wer hat sie denn gesehen?«
    »Mattes. Der hat da Holz vermessen. Sagte, es wäre so um vier Uhr gewesen.«
    »Was hatte der Golf für eine Nummer? Woher kam die Frau?«
    »Was weiß ich? Mattes hat nichts gesagt.«
    »Hat die Frau Mattes auch gesehen? Hat sie ihn entdeckt?«
    »Soweit er gesagt hat, hat sie ihn nicht gesehen.«
    »Und wo ist Mattes jetzt?«
    »Zu Hause, denke ich. Kümmerst du dich vielleicht beruflich um die Leichen?«
    »Eigentlich nicht, aber eigentlich doch.«
    »Du hast ja auch Besuch«, grinste er.
    »Komm bloß nicht auf den Hof«, warnte ich ihn, »die heißt Anni und hat Haare auf den Zähnen.«
    »Da sollen sich ja angeblich Geheimdienste drum kümmern«, sagte er so leise, als würden wir beobachtet. »Also, ich meine um die Leiche, nicht um deine Tante Anni.«
    »Das ist mir egal«, sagte ich. »Geheimdienste sind geheim, also gehen sie mich nichts an.« Ich zahlte meinen Apfelsaft und ging.
    Mattes war zu Hause und bastelte an seinem Trecker. Er sah mich und grinste, schüttelte den Kopf und brummte: »Ich weiß nichts.«
    »Wenn du sagst, du weißt nichts, dann hast du dir garantiert die Autonummer aufgeschrieben.«
    Er schüttelte den Kopf. »Nicht aufgeschrieben. Ging mich ja nichts an.«
    »Wenn du sie nicht aufgeschrieben hast, dann hast du sie im Kopf.«
    »Das könnte sein«, gab er zu.
    »Was kostet das?«
    »Na ja, du könntest auf dem nächsten Kameradschaftsabend vom Musikverein einen Kasten Bier schmeißen. Oder warte mal: einen Kasten Bier und eine Flasche Pflaumengeist. Oder warte mal: Einen Kasten Bier, eine Flasche Pflaumengeist und eine Flasche Aufgesetzten.«
    »Wenn ich noch drei Minuten hierbleibe, kostet mich das den Inhalt einer ganzen Kneipe. Also gut, die Nummer?«
    »Ich war für das Forstamt unterwegs, weil die da den Windbruch saubermachen wollen. Ich sollte das Holz grob vermessen. Die Frau kam gegen zehn vor vier. Sie kam direkt von der Schnellstraße her, parkte den Golf, weinrot war der, also dunkelrot. Dann ging sie langsam erst um den ganzen Bruch herum, kam dann zurück und wollte von der Weggabelung aus in den Bruch hinein. Das klappte nicht. Wenn du das nicht gewöhnt bist, kommst du da keine zehn Meter rein. Sie stand auf einem Stamm und sah sich um. Ganz langsam und ganz ruhig. Dann kletterte sie die paar Meter raus, ging zu dem Wagen und haute ab.«
    »Blond, braun, dunkelhaarig?«
    »Dunkelhaarig. Ziemlich langes Haar, würde ich sagen. Ein Kleid, dunkelrot, sage ich mal, jedenfalls dunkel. Dann eine Lederjacke, dunkelbraun. Dann blaue Jeans und Turnschuhe. Sah so aus wie die Wochenendtouristen immer aussehen.«
    »Wie alt schätzt du sie?«
    »Dreißig, würde ich sagen.«
    »Und sie hat dich nicht gesehen?«
    »Nein. Konnte sie gar
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