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Der Leberwurst-Mörder

Der Leberwurst-Mörder

Titel: Der Leberwurst-Mörder
Autoren: Jo Jansen
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Fortgang der Erzählung.
    »Und dann wollte sie plötzlich weg. Ihr eigenes Leben leben. Ausgerechnet in Ägypten, ihrem angeblichen Traumland, Bilder malen, die die Sonne Afrikas einfangen. Und mich und die Tiere allein zurücklassen.«
    Mit dem Taschentuch tupft Karoline eine nicht vorhandene Träne ab, bevor sie fortfährt. »Als Liane die Wohnung kündigen wollte, habe ich ihr nicht geglaubt. Am Sonntagmorgen habe ich dann von hier aus beobachtet, wie Liane einem mir fremden Mann Papiere und Schlüssel zu ihrem Auto übergab. Da wusste, ich, dass sie es ernst meint. Ich saß gerade hier in der geschlossenen Galerie mit Herrn Willmann beim Tee, sodass ich mir vornahm, erst am Abend zu Liane hinaufzugehen und sie noch einmal zur Rede zu stellen. Später am Tag beschäftigte ich mich dann oben in der Wohnung, streichelte meine Katzen und überlegte, wie ich Liane überzeugen könnte, doch hier zu bleiben. Irgendwann fasste ich mir ein Herz. Gerade als ich mich anschickte, meine Wohnung zu verlassen, kam mein Neffe wie ein Irrer die Treppe heruntergerannt. Ich konnte im letzten Moment einen Schritt rückwärts machen und mich in meine geöffnete Wohnungstür zurückziehen, da stürmte Rolf auch schon an mir vorbei. Natürlich dachte ich mir sofort, dass er bei Liane gewesen war, und lief, so schnell ich konnte, hinauf zu ihr.
    Sie lag am Boden und wirkte leicht benommen. Als sie mich sah, lachte sie nur mit ihrer tiefen, rauchigen Stimme und meinte, sie wäre froh, dass sie endlich aus dem ganzen Wahnsinn hier herauskäme, wo sich alles nur ums Geld drehe. Sie lachte und lachte, hustete zwischendurch, lachte wieder, als wollte sie nie mehr aufhören damit. Es tat mir in den Ohren weh und stach mir mitten ins Herz.
    Nein, ich wollte sie nicht nach Ägypten gehen lassen. Sie sollte meine liebe, treue Liane bleiben, die sich um mich und die Katzen kümmert. Vor allem aber sollte sie aufhören mit diesem dämonischen Lachen.
    Meine Hände hielten plötzlich, wie von selbst, eines ihrer Sofakissen in der Hand. Einige Augenblicke später fand ich mich auf Liane sitzend wieder und presste ihr das Kissen aufs Gesicht. Wie ich dahin gekommen war, weiß ich nicht mehr. Jetzt wollte ich nur eins – dass sie mit diesem schrecklichen Lachen aufhört.
    Liane war noch geschwächt, wohl von dem Sturz, sodass sie sich kaum wehrte, nur ein bisschen mit Armen und Beinen zappelte. Dann wurde sie ruhig, endlich. Nachdem es ganz still war, legte ich wie in Trance das Kissen zurück aufs Sofa und ging nach unten in meine Galerie.
    Als ich euch auf das Haus zukommen sah, wäre ich am liebsten in einem Mauseloch verschwunden. Konnte ich es doch selbst nicht glauben, dass ich Liane umgebracht hatte. Der heranbrausende Notarztwagen ließ mich für einen Moment wieder Hoffnung schöpfen, Liane könnte noch am Leben sein.« Karoline schluchzt.
    »Aber dann dachte ich, dass Liane mich von nun an hassen würde für das, was ich getan hatte, und wünschte doch wieder, sie möge tot sein. Ich war so durcheinander.«
     
    Die alte Dame ist nun ganz ruhig. Sie erhebt sich langsam und geht mit der Teekanne in ihre kleine Küche. Jule und Mara sitzen wie betäubt auf dem Sofa, müssen das Gehörte erst einmal verarbeiten.
    In mir macht sich eine tiefe Traurigkeit breit. Die nette alte Dame eine Mörderin? Rolf Krumm unschuldig, zumindest an Lianes Tod? Ich verstehe die Welt nicht mehr.
     
    Plötzlich ertönt aus der Küche Ninos lautes Bellen. Mein alter Freund bellt sonst nie, also muss es einen besonderen Grund dafür geben. Sofort springe ich auf und eile zu ihm. Gerade noch sehe ich, wie Karoline eine Hand an den Mund führt, dann ein Wasserglas greift und aufgeregt schluckt.
    Nun stimme auch ich in Ninos Gebelle ein. Flocke weiß zwar nicht, was los ist, da er gerade erst unter dem Tisch aus seinem Dämmerschlaf erwacht, aber auch er ist nun bei dem Radau mit dabei.
    Mara erfasst die Situation als Erste. Sie nimmt Karoline das Wasserglas aus der Hand und schüttelt sie. Was macht sie mit der alten Dame?
    Jetzt ist auch Jule da, hebt ein Röhrchen mit Tabletten auf und schreit Karoline ins Gesicht: »Hast du die alle genommen?«
    Karoline schaut die beiden Freundinnen verwundert an. »Nein, nur eine. Wie jeden Abend seit Lianes Kündigung.« Resignierend zuckt sie mit den Schultern: »Ich will mich nicht aufregen, wenn ich nachher diesem schrecklichen Hauptkommissar alles noch mal erzählen muss.«
     
     

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