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Der Leberwurst-Mörder

Der Leberwurst-Mörder

Titel: Der Leberwurst-Mörder
Autoren: Jo Jansen
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versteht, denn sofort greift sie in ihre Handtasche und hält sich das Handy ans Ohr.
    »Oh, Mara, das ist ja wunderbar! Ja, natürlich kommen wir dort hin und holen euch ab!«
    Euch? Hat Jule
euch
gesagt? Also muss noch jemand bei Mara sein, und ich hoffe sehr, dass es Flocke ist.
    »Stellt euch vor, Mara hat Flocke gefunden!«, verkündet eine strahlende Jule in der nächsten Sekunde.
    Uns allen fällt ein Stein vom Herzen. Carla plappert wieder aufgeregt und ist ganz die Alte. Karoline lächelt still vor sich hin, wie ältere Menschen das manchmal tun, wenn ihnen bewusst wird, dass sie in ihrem Leben schon mehr gesehen haben, als all die Menschen um sie herum. Jule sitzt pfeifend am Steuer, und ich hocke hinten im Auto und beobachte die Leute, die auf den Straßen laufen.
    Wieder sehe ich nur wenige fröhliche Gesichter, obwohl die Sonne scheint, was den Menschen doch angeblich für ihr Wohlbefinden so wichtig ist. Trotzdem sind die Missmutigen in der Überzahl, und ich frage mich, welche Probleme sie mit sich herumtragen? Ob ihnen auch der Hund fortgelaufen ist – oder nur eine Laus über die Leber?
     
    Nachdem wir Karoline vor ihrer Galerie abgesetzt haben, geht die Fahrt weiter, bis wir schließlich am Stadtpark vorbei auf das Tierheim zufahren. Ja, heute Morgen noch hat Jule mich von hier abgeholt, und nun wartet Flocke dort. Doch er wartet nicht allein. Vorne im Büro sitzen in vertrautem Gespräch Paula und Mara. Zu ihren Füßen dösen Flocke und Nino. Mein kleines Hundeherz wird ganz groß, als ich meine beiden alten Freunde so einträchtig nebeneinanderliegen sehe. Es folgt reihum eine freudige Begrüßung, ein gegenseitiges Umarmen, Hundeküsschen werden verteilt, überall sind kraulende Hände. Ach, Begrüßungen sind so schön, egal, wie kurz oder lang man sich nicht gesehen hat!
     
    Mara berichtet, wie sie Flocke wiedergefunden hat. »Ich bin die Straßen in der Nähe der Galerie hoch- und runtergelaufen und habe alle Leute gefragt, ob sie einen kleinen braunen Dackel gesehen hätten. Als ich schon fast verzweifelt aufgeben wollte, kam mir eine junge Frau auf dem Fahrrad entgegen. Vorn am Lenker hatte sie so ein Einkaufskörbchen mit einem kleinen Kissen darin. Ich dachte mir, dass sie auch einen Hund haben könnte, und sprach sie an. Ja, und dann erzählte sie mir, dass sie gerade einen Dackel ins Tierheim gebracht hätte, den sie im letzten Moment dem Metzger unter dem Beil wegschnappen konnte!«
    Mit
Oh!
und
Mein Gott!
bringen Carla und Jule ihr Entsetzen zum Ausdruck.
    »Ja, die junge Frau verreist heute Abend, darum war sie etwas im Stress. Sonst hätte sie sich selbst auf die Suche nach dem Besitzer des Dackels gemacht.«
    »Ach, Kinder, dann ist ja alles noch mal gut gegangen.« Carla schaut in die Runde. »Oder?« Ihr Blick bleibt bei Mara und Paula hängen.
    Mag sein, dass meine Hundeaugen mich täuschen, aber haben die beiden sich nicht gerade zugezwinkert? Irgendetwas führen sie im Schilde, das spüre ich und gebe ein leises Bellen von mir.
     
    Mein Gebell hat Flocke und Nino geweckt, sodass ich einen Moment abgelenkt bin und nicht auf das Getuschel und Gekicher der Frauen oben am Tisch achte. Dafür erfahre ich von den beiden Hunden umgehend das Gleiche, worum sich anscheinend auch das Gespräch der Menschen dreht:
    Flocke war nur ungefähr eine Stunde im Tierheim, dann tauchte Mara bereits hier auf. Flocke musste nicht, wie ich, traurig und allein in einer Zelle hocken, sondern durfte, genau wie jetzt, mit Nino unter Paulas Schreibtisch liegen.
    Als Mara die beiden alten Hunde so einträchtig dort liegen sah, taten sie ihr wohl leid. Flocke wird immer älter und muss deswegen oft ganz allein im Haus bleiben. So könnte er doch stattdessen mit Nino gemeinsam in den Tag hineindösen. Und der blinde Nino hätte auf seine alten Tage noch ein schönes Zuhause.
     
    »Ich gebe ihn nur ungern her.« Paula zwinkert schon wieder. »Er wird mir fehlen, unter meinem Schreibtisch.«
    Oh, ich freue mich so sehr für meinen alten Freund! Nun kann ich ihn zwar nicht mehr im Tierheim besuchen, aber dafür werde ich ihn jedes Mal sehen, wenn wir zu Mara aufs Land fahren.
    Nino flüstert mir zu, dass er Harry schon längst als seinen Nachfolger beauftragt hatte. Der Beagle wird mir künftig alle Neuigkeiten aus dem Tierheim übermitteln, wenn ich an den Zaun gelaufen komme. Ich kann mir vorstellen, dass der übereifrige Kerl diese Aufgabe sehr gewissenhaft ausführen wird.
    Jule berichtet Paula gerade
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