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Der Lächler

Der Lächler

Titel: Der Lächler
Autoren: Jason Dark
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geradeaus, und seine Killerhände lagen im Schoß verschränkt. Manchmal bewegten sich seine Wangen, dann sah es so aus, als wäre er dabei, auf etwas zu kauen, ansonsten zeigte er kaum eine Reaktion, wie Slatko hin und wieder mit einem Seitenblick nach rechts feststellte.
    Nicht daß er sich an die Gesellschaft des Mörders gewöhnt hätte, aber er akzeptierte ihn, und seine erste große Furcht war zudem verschwunden. Er wußte, daß es auf ihn ankam, und er wußte auch, daß er alles tun mußte, um den anderen bei Laune zu halten. Nur kein Verfliegen, keine Abweichung vom Kurs, das würde Onopko bemerken.
    Er war schlauer, als der Pilot gedacht hatte.
    Zwei tote Wächter hatte der Lächler zurückgelassen. Slatko überlegte, wann ihr Verschwinden auffallen würde. Er hatte keine genaue Zeit für die Rückkehr angegeben bekommen, es gab keine schriftlichen Protokolle, alles hatte so geheim wie möglich ablaufen sollen, denn für das Verschwinden eines Menschen sollte es keine Beweise geben.
    Unter ihnen bekam das Land ein etwas anderes Gesicht. Nicht sehr schnell, sondern unmerklich. Die weiten, leeren Flächen waren zwar nicht ganz verschwunden, aber sie hatten schon den Niedrigholz-Wäldern Platz schaffen müssen, die sich wie kleine Inseln aus dem Boden erhoben und weiter nördlich immer mehr zusammenrückten.
    Slatko wurde durch eine Bewegung neben sich aufmerksam. Er schaute hin und sah, daß Onopko genickt hatte. Ein Zeichen, daß er mit dem Kurs zufrieden war.
    Der Mann am Steuerknüppel war es auch. Noch – denn er wußte nicht, was nach der Landung passieren würde. Onopko mußte sich etwas einfallen lassen. Slatko war Realist. Er machte sich nichts vor und ging davon aus, daß der Killer keine Zeugen gebrauchen konnte. Für den Lächler mußte sein Tod eine sichere Sache sein.
    Daran zu denken war schlimm. Das schnürte ihm den Hals zu. Seinen Augen wollten wieder tränen. Er flog nicht mehr so konzentriert, ließ den Hubschrauber einige Meter tief absacken und reagierte auf den Fluch des Killers mit einem Ducken.
    »Entschuldigung…«
    »Schon gut.«
    Slatko wischte über seine Stirn. Der Schweiß darauf war eine Folge der Angst gewesen. Die Flüssigkeit brannte auch in seinen Augen. Er spürte sie an den Lippen und den Mundwinkeln. Immer stärker zitterte er, und plötzlich schössen ihm die verrücktesten Gedanken durch den Kopf.
    Wenn er schon sterben sollte, dann konnte er auch bestimmen, wie das geschah.
    Nicht durch den Killer, durch ihn selbst. Der Pilot hatte es in der Hand. Er brauchte den Hubschrauber nur zum Absturz zu bringen, was allerdings Mut erforderte, und den wiederum brachte er nicht auf.
    Er traute sich einfach nicht. Erstens aus Angst, und zweitens schössen ihm zu viele Wenns und Abers durch den Kopf, denn er stellte sich auch die Frage, ob Onopko ihn überhaupt töten wollte. Konkret gesagt hatte er jedenfalls nichts.
    Wie dem auch sei, Slatko mußte sich schnell entscheiden, denn die nördliche Grenze des Sumpfgeländes war bereits in Sicht, und dahinter erstreckte sich der Bahndamm. Wie mit dem Lineal gezogen zerschnitt er das flache Land.
    Slatko durchlief es wie ein elektrischer Schlag, als er die Berührung an seinem rechten Arm spürte.
    Onopko hatte ihn berührt und stellte auch mit gerade noch hörbarer Stimme eine Frage. »Du hast dich doch nicht gedanklich mit irgendwelchen anderen Dingen beschäftigt – oder?«
    Der Pilot fühlte sich ertappt. Er hoffte nur, daß der Killer die Röte in seinem Gesicht übersah. »Nein, nein«, erwiderte er schnell. »Wie kommst du darauf?«
    »Nur so…«
    »Ich dachte nur an die Bahn und an das Gelände dahinter. Ich weiß ja nicht, wo ich landen soll…«
    »Kriegst du gesagt.«
    »Gut.«
    Onopko kümmerte sich nicht um den Piloten. Er schaute aus dem Fenster, denn er wollte sehen, wie weit die Grenze noch entfernt war.
    Ein schiefes Lächeln zeigte sich auf seinem Gesicht, als er den Damm erkannte, der die flache Landschaft beherrschte. Auf seiner Oberfläche schimmerte das Schienenpaar wie lange Finger, die in die Unendlichkeit hineinführten.
    Der Hubschrauber bewegte sich auf den Damm zu. In seiner Nähe breitete sich kein Wald aus. Rechts und links davon griff Gestrüpp mit seinen dürren Armen in die Luft. Ein Zug war nicht zu sehen. Der Dunst war innerhalb des Sumpfgeländes geblieben, und eine freie Sicht erlaubte den Blick bis zu den Häusern einer Ortschaft, die sich im Osten abmalte und an der Bahnlinie lag.
    Der Killer
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