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Der Lächler

Der Lächler

Titel: Der Lächler
Autoren: Jason Dark
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in der Kartei des KGB war er zu den alten Zeiten nur als der Lächler geführt worden. Als eine Person ohne Hintergrund, als Kämpfer, als Töter, als jemand, der eine ultimative Waffe sein sollte.
    Das lag zurück. Lange schon.
    Zu lange für Onopko, der sich bisher noch immer unter Kontrolle gehabt hatte, als er in der engen Einzelzelle sein verfluchtes Dasein fristete. Das aber gehörte der Vergangenheit an. Es gab jetzt wichtigere Dinge zu erledigen, und Onopko war bereit, auf den richtigen Zeitpunkt zu warten, um dann zuzuschlagen.
    Der Pilot drehte den Kopf. In seinen dunklen Augen stand eine Frage.
    Onopko bemerkte dies sehr deutlich, obgleich er so tat, als hätte er nichts gesehen, auch nicht das Nicken der beiden Wächter rechts und links neben ihm.
    Dafür verdrehte er die Augen, um nach rechts aus dem Fenster zu blicken, wo noch immer die Unendlichkeit der Taiga unter ihm hinwegfloß wie ein Meer, das nie aufhören wollte.
    Er sah nicht mehr so viele Waldstücke. Dafür mehr eine freie Fläche, noch grün, aber hin und wieder unterbrochen von unterschiedlich großen, stumpfen Augen, als lägen Riesen dicht unter der Oberfläche, die mit ihren Augen noch in die Höhe glotzten. Es waren Tümpel, kleine Teiche, Mini-Seen, die eben zu einem Sumpfgelände dazugehörten.
    Das genau war es.
    Der Sumpf.
    Unendlich, unheimlich und gierig. Er verschluckte alles und gab nichts mehr zurück. Würde man ihn mit einer Stadt füttern, er würde auch sie verschlingen, und ein Mensch war für ihn kein Hindernis. Der Lächler rechnete sich aus, was auf ihn zukommen würde, aber sein Gesicht blieb völlig ausdruckslos. Mit keiner Bewegung gab er zu verstehen, daß er Bescheid wußte.
    Nummer zwei seufzte.
    Es war ein Geräusch, das Onopko aufmerksam werden ließ. Er schaute den Mann an, der sich nach vorn beugte und die Hand nach der Lehne des Co-Pilotensitzes ausstreckte, um sich dort beim Hochkommen festzuhalten. Geduckt blieb er stehen.
    Der Pilot hatte die Bewegung mitbekommen. Die Maschine verlor noch mehr an Geschwindigkeit, sie glitt dabei etwas tiefer und kam schließlich zum Stehen.
    Der Lächler schaute rasch aus dem Fenster. Unter ihm lag der Sumpf und direkt unter dem Hubschrauber einer dieser größeren Tümpel. Seine Oberfläche kräuselte sich im Wind der Rotorblätter.
    Nummer zwei bewegte sich auf den Ausstieg zu. Mit einer Hand am Griff wandte er sich noch einmal an den Piloten. Was die beiden sprachen, erfuhr Onopko nicht. Das zufriedene Nicken der Männer deutete allerdings an, wie sehr sie übereinstimmten.
    Der Wächter riß den Ausstieg auf. Scharfer Wind peitschte in die Maschine und wirbelte sogar einige braune Blätter hinein. Onopko rührte sich nicht, aber der Typ neben ihm stieß ihn mit einem harten Gegenstand an.
    Der Lächler schaute hin, und sein Blick fiel auf den Lauf einer Pistole.
    »Steh auf!«
    »Warum?«
    »Hoch mit dir!« Nummer eins rammte Onopko die Mündung gegen den Hals. In seinen Augen lag kein Gefühl. Er würde schießen, aber er hatte, ebenso wie sein Kollege, einen anderen Befehl erhalten. Sie würden Onopko aussteigen lassen. Der Sumpf würde ihn für immer verschlucken. Daß sie ihn nicht als Leiche in die Tiefe werfen wollten, sah er als reine Boshaftigkeit ihrerseits an. Sie wollten ihn leiden sehen.
    Und irgendwo waren die Aufpasser auch nicht besser als die Gefangenen. Männer ohne Seele und Gefühl.
    »Ist gut!« sagte Onopko. In seiner Stimme hatte kein Gefühl mitgeklungen. Andere hätten gezittert und gebebt, was normal gewesen wäre, nicht aber der Killer, denn bei ihm war nichts normal und vergleichbar mit einem Menschen aus Fleisch und Blut.
    Er stand auf. Gebückt. Den Kopf hielt er vorgestreckt, der Blick seiner Augen war auf das Ziel – den offenen Ausstieg mit dem Wächter daneben – fixiert. Die Hände lagen auf dem Rücken, wobei die Gelenke von den Stahlklammem fest umschlungen waren.
    Nummer eins, der die Waffe hatte sinken lassen, schaute auf diese Hände, und er dachte daran, daß sie schon manchen Menschen vom Leben in den Tod befördert hatten. Es waren Killerpranken, daraus machte Onopko auch keinen Hehl.
    Er mußte sich zwischen den beiden Sitzen durchdrängen. Es war ein Hubschrauber, der seine besten Zeiten bereits hinter sich hatte. In den Staaten wäre er sicherlich bereits verschrottet worden.
    Sie standen noch immer in der Luft, als würden sie an einem dicken Band hängen. Der Typ an der Tür hatte den Kopf gedreht, um in Onopkos Gesicht
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