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Der Kuss des Verfemten

Der Kuss des Verfemten

Titel: Der Kuss des Verfemten
Autoren: Susan Hastings
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ein Dorf mit einer kleinen Kirche. Bei dieser Gelegenheit können wir in der Kirche beten.«
    »Ich halte es nicht für gut, die Straße zu verlassen, Herrin«, gab der Hauptmann zu bedenken. »Für eine Rast eignet sich das freie Feld besser, und beten könnt Ihr auch im Wagen.«
    Isabella zog die Brauen zusammen. »Warum widersprecht Ihr mir, Hauptmann? Ich habe den Wunsch, in der Kirche zu beten und etwas meine Füße zu vertreten. Mit welchem Recht verweigert Ihr meinen Wunsch?«
    Der Hauptmann blickte sie ernst an. »Es steht mir nicht zu, Euren Wünschen zu widersprechen, Hoheit, aber ich bin auch für Eure Sicherheit verantwortlich. Deshalb halte ich es nicht für klug, die Straße zu verlassen.«
    »Was ist der Grund für Euer Misstrauen? Ist es nicht sicher im Reich meines Vaters? Ist es nicht sicher für seine Tochter?«
    »O nein, darüber braucht Ihr Euch keine Gedanken zu machen, Hoheit. Natürlich ist es sicher auf den Straßen Eures Vaters.«
    Der Hauptmann versuchte etwas zu hastig, Isabella zu besänftigen. In ihrem Ärger achtete sie jedoch nicht darauf.
    »Na also, was hindert uns daran, in dieses Dorf da drüben zu fahren und die Kirche zu besuchen?«, fragte sie und warf den Kopf zurück. Sie war immerhin die Tochter des Herzogs. Auch wenn sie im Kloster zu Bescheidenheit und Demut erzogen worden war, konnte es nicht sein, dass ein einfacher Soldat sich ihren bescheidenen Wünschen nach einem Gebet in der Kirche widersetzte.
    Widerstrebend wies der Hauptmann die Eskorte an, in den Seitenweg einzubiegen. Langsam näherte sich der Tross dem Dorf, das am Fuß einer kleinen Anhöhe lag. Oben auf dem Hügel stand die Kirche, ein massiver, trutziger Bau mit einem mächtigen Turm. Seltsamerweise trug der Turm kein Dach. Das Schiff war hinter der Breite des Turmes kaum zu erkennen.
    Isabella war so in den Anblick der seltsamen Kirche versunken, dass sie nicht auf andere Einzelheiten am Fuße des Hügels achtete. Erst als Mathilda einen leisen Schrei ausstieß, zuckte sie zusammen. Verwirrt löste sie den Blick von der Kirche und schaute sich um.
    Mathilda wies mit der ausgestreckten Hand auf einen Baum, der einsam auf einem verwilderten Feld stand. An seinen knorrigen Ästen hingen zwei leblose Körper. Eine Schar schwarzer Krähen hockte auf dem Baum. Ab und zu flatterten einige Vögel auf, um an den Leichen zu hacken.
    Entsetzt schlug Mathilda die Hände vors Gesicht. Isabella jedoch beugte sich aus dem Wagen heraus.
    »Herr Hauptmann, haltet an! Was ist hier geschehen?«
    »Wir sollten besser nicht anhalten, Hoheit«, entgegnete der Hauptmann mit einem Blick auf den Baum. »Der Ort ist nicht geheuer.«
    Isabella schwieg, doch ihr blasses Gesicht zeigte große Besorgnis. Jetzt sah sie auch, dass die Häuser teilweise verbrannt, die Ställe leer und die Felder verwüstet waren. War hier etwa die Pest ausgebrochen?
    Isabella sprang vom fahrenden Wagen herunter, was Mathilda wiederum zu einem kleinen Protest veranlasste. »Isabella, das dürft Ihr nicht tun«, rief sie.
    Der Hauptmann wendete sein Pferd. Doch Isabella war schneller. Sie betrat eines der kleinen Lehmhäuser, die hinter niedergerissenen Weidezäunen standen. Entsetzt blickte sie sich um. Das Haus bestand nur aus einem Raum mit einer Feuerstelle an der Giebelwand. Die wenigen Einrichtungsgegenstände lagen zerschlagen und zerbrochen auf dem gestampften Boden, das Schilfdach war verbrannt und in den Raum hineingestürzt, verkohlte Balken ragten gespenstisch in die Luft. In einer Ecke lag der Kadaver eines Hundes, von dem bestialischer Gestank ausging. Aus zerschlagenen Vorratskrügen war Mehl herausgefallen. Mäuse liefen piepsend darauf herum. Sie hatten auch das graue Brot angenagt, das noch auf dem Tisch lag. Zwei Bettlager an der Wand waren zertrümmert worden und die strohgefüllten Matratzen aufgeschlitzt. Schaudernd erblickte Isabella an der Wand Blutspuren. Deutlich konnte sie die Abdrücke von Händen erkennen, als wenn jemand verzweifelt versucht hätte, sich an der Mauer festzukrallen.
    Es schien nichts gestohlen worden zu sein, denn Lebensmittel waren, wenn auch kärglich, vorhanden. Aus einer offenen Truhe waren einige einfache Kleider und Stoffe herausgerissen und auf dem Boden verstreut worden. Alles sah aus, als hätte jemand wie wahnsinnig in diesem Haus gewütet. Es war unheimlich still. Kein Ochse brüllte, kein Schaf blökte, kein Hund bellte. Keine lebende Seele schien sich in diesem Dorf mehr zu befinden.
    Isabella warf
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