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Der Kuss des Verfemten

Der Kuss des Verfemten

Titel: Der Kuss des Verfemten
Autoren: Susan Hastings
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Nonnenklosters, wo sie streng und konsequent im rechten Glauben erzogen werden sollte. Vor allem aber sollte sie vom Umgang mit Männern und niederem Volk entfernt werden, der für eine zukünftige Landesherrin nicht standesgemäß war. Denn dass Isabella einmal an der Spitze des Herzogtums stehen würde, war bereits zu diesem Zeitpunkt klar. Das heißt, an zweiter Stelle des Landes, denn sie würde sich einen der Ritter zum Gemahl nehmen, der nach dem Ableben des Herzogs sein Erbe weiterführen würde. Und dafür war der beste Ritter gerade gut genug.
    Die damals neunjährige Mathilda begleitete Isabella ins Kloster, wo sie, dem Stand entsprechend zwar untergebracht und versorgt, sonst jedoch in den klösterlichen Alltag integriert lebten. In diesen zehn Jahren und in der Kargheit des Klosters schwand der Standesunterschied mehr und mehr, und beide Mädchen fühlten sich bald wie Schwestern.
    Bereits einige Wochen vor Isabellas sechzehntem Geburtstag hatte die Äbtissin mit ihr gesprochen. Der Herzog rief seine Tochter wieder zu sich. Die Äbtissin bedauerte es sehr, dass Isabella das Kloster verlassen musste. Einer der Gründe war sicher, dass von nun an die herzöglichen Zuwendungen an das Kloster etwas geringer fließen würden. Doch sie hatte Isabella in ihr Herz geschlossen, wenngleich sie darauf achtete, dass sie nicht besser und nicht schlechter behandelt wurde als die anderen Nonnen.
    Isabella konnte viele Nächte nicht schlafen bei dem Gedanken, das Kloster, das ihr zur Heimat geworden war, wieder zu verlassen. Sie fürchtete sich vor der Welt da draußen, vor dem Leben, dem Teufel, eigentlich vor allen unbekannten Dingen, mit denen sie im Kloster nicht in Berührung gekommen war.
    »Nun, wir werden sehen, was es mit den goldenen Gesichtern auf sich hat«, sagte Isabella versöhnlich. »So wie wir wahrscheinlich die gesamte Burg neu entdecken müssen. Vielleicht finden wir Dinge, an die wir uns noch erinnern können.«
    »Ja, vielleicht«, seufzte Mathilda. »Wenngleich so ziemlich alle Erinnerungen verblasst sind wie hinter einer Nebelwand.« Sie zog den Umhang enger um ihre Schultern und unterdrückte ein Zittern. Auch ihr war bange vor der Zukunft. Mit den Begriffen Hochzeit, Ehe, Kinderkriegen konnte sie nichts anfangen. Und dass Isabella bald heiraten würde, war gewiss. Und dass Mathilda dann vielleicht nicht mehr ihre Zofe sein durfte, war denkbar.
    »Was hast du, Mathilda?«, fragte Isabella teilnahmsvoll, die Mathildas kummervolles Gesicht bemerkte.
    »Oh, es ist gar nichts«, wehrte Mathilda ab. Keinesfalls wollte sie Isabella mit ihren eigenen trüben Gedanken ängstigen. »Es ist noch ein wenig der Abschiedsschmerz, glaube ich. Aber wir sollten an die Zukunft denken, an all die wundervollen Dinge, die uns erwarten.«
    »Ja, du hast recht. Wir sollten fröhlich sein, wenngleich auch ich traurig bin, unser geliebtes Kloster zu verlassen. Doch wenn ich es bedenke, könnte ich mich wirklich auf einige weltliche Dinge freuen, zum Beispiel auf ein schönes Gewand anstelle dieser blauen Kutte.«
    Mathilda kicherte. »Was würde die Äbtissin wohl sagen, wenn sie uns so reden hörte? Anstatt vor Kummer zu zerfließen, malen wir uns aus, was für Kleider wir wohl tragen werden.«
    »Ganz recht! Und ich überlege mir, ob ich mein Kleid nicht mit einer selbst gestickten Borte verzieren werde. Sticken haben wir ja wirklich gelernt, wenn wir es bislang auch nur an Altardecken ausprobieren durften.«
    »Keine schlechte Idee. Und wenn uns noch buntes Garn oder gar Silberfaden zur Verfügung stünde …« Mathilda presste die Hand auf den Mund. »Ich versündige mich«, flüsterte sie.
    »Als Tochter des Herzogs steht es mir zu, kostbare Kleidung zu tragen«, erwiderte Isabella stolz und warf trotzig den Kopf zurück.
    »Aber ob es Gott wohlgefällig ist, eitel zu sein?«, zweifelte Mathilda.
    »Nein, Eitelkeit ist nicht gottgefällig. Doch ein kostbares Kleid hat nichts mit Eitelkeit zu tun, sondern mit dem Stand, den man repräsentiert. Oder glaubst du, ein Ritter würde um mich kämpfen, wenn ich in einer blauen Kutte in der Loge säße?«
    Jetzt kicherten beide. »Warum nicht? Hübsch genug seid Ihr doch, Isabella.«
    Isabella senkte verschämt den Kopf und errötete. »Es ist ein seltsamer Gedanke, dass Ritter um meine Gunst kämpfen werden. Es schmeichelt mir in der Tat, auch wenn es ein wenig eitel klingt.« Sie spürte die Hitze in ihrem Gesicht. »Allerdings wäre es mir lieber, wenn die Ritter mit
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