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Der Kuss des Jägers

Der Kuss des Jägers

Titel: Der Kuss des Jägers
Autoren: Sarah Lukas
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ich
liebe, etwas anzutun.« Auch das war keine Lüge. Kafziel hatte gesagt, dass er in Rafe einen unliebsamen Konkurrenten um die Macht sah, den er
loswerden wollte.
    »Warum sind Sie nicht weggelaufen und haben die Polizei alarmiert?«
    Sophie verdrehte die Augen. »Wer hätte mir denn diese Geschichte
geglaubt? Wäre Raf… Raphaël deshalb sicher gewesen? Er hätte wohl kaum Polizeischutz
bekommen.«
    »Raphaël ist Ihr Freund?«
    »Ja.« So viel durfte sie wohl zugeben, auch wenn sie keine Ahnung
hatte, was sie Lacour sonst über Rafe sagen sollte.
    »Sie sind also aus Angst um Ihren Freund mitgegangen, obwohl Sie
kein gutes Gefühl dabei hatten?«
    »Ja.« Hatte sie das nicht gerade gesagt? »Das heißt nicht, dass ich
ihm mein Einverständnis gegeben habe, mich umzubringen.« Doch genau das hatte sie in Wahrheit getan.
    »Nein, das heißt es selbstverständlich nicht. Sie fühlten sich
genötigt, ihn zu begleiten. Was geschah dann?«
    »Er brachte mich auf den Friedhof und schloss mich in diesem
Mausoleum ein. Ich sollte dort auf ihn und seine Freunde warten. Natürlich
hätte ich versuchen können zu fliehen«, kam sie seiner Frage zuvor. »Aber was
hätte es an seinen Drohungen geändert?«
    »Fahren Sie bitte fort.«
    »Irgendwann kamen tatsächlich nach und nach vier Leute, zwei Männer
und zwei Frauen. Sie begannen mit den Vorbereitungen für das Ritual und zogen
schwarze Gewänder an. Mit der Zeit wurden sie ungeduldig, weil Caradec nicht
auftauchte …«
    »Und Sie kannten niemanden davon?«, fiel der Capitaine ihr ins Wort.
    »Nein.«
    »Haben sich diese Leute nicht über Ihre Anwesenheit gewundert?
Wussten sie, weshalb Sie dort waren?«
    »Offenbar wussten sie Bescheid, aber sie sagten nichts Direktes, nur
Andeutungen.«
    »Wir werden diese Leute vernehmen müssen. Gonod, notieren Sie, dass
diese Zeugen verdächtig sind, in den geplanten Mord eingeweiht gewesen zu sein!
Geben Sie uns Beschreibungen, Mademoiselle!«
    Sophie schluckte. Diese Leute hatten ihr nichts getan. Sie war als
freiwilliges Opfer gekommen, wofür sie ihr sogar Respekt und eine seltsame
Dankbarkeit gezollt hatten. Warum hatte sie nicht behauptet, man habe ihr die
Augen verbunden? Jetzt war es dafür zu spät. »Ich … ähm …« Wenigstens die Namen
derer, die sich vorgestellt hatten, würde sie verschweigen. Bestimmt war es unwahrscheinlich,
dass die Polizei in dieser riesigen Stadt mit nichts als Beschreibungen
weiterkam. »Da war eine große, ältere Frau, sehr schlank, nein, eigentlich
schon hager. Sie hatte schulterlanges, blauschwarzes Haar, ganz sicher gefärbt.
Ihr Lippenstift war sehr dunkel, ebenso wie ihre Kleidung.« Hatte sie damit
bereits zu viel über Sylvaine verraten? Die offenbar Ranghöchste nach Caradec
war nicht gerade eine Allerweltserscheinung. »Mit ihr kam die zweite Frau. Sie
trug ein gemustertes Kleid und war eher … füllig. Sie hatte lange, ganz glatte,
rote Haare und irgendwie verquollene Augen.«
    »Aber sie war jünger als die andere?«, hakte Gonod nach.
    »Ja, vielleicht dreißig, höchstens vierzig Jahre alt.«
    »Und die beiden Männer?«
    »Waren weiter auseinander. Sie kamen getrennt, und ich hatte den
Eindruck, dass sie den Jüngsten nicht besonders mochten.« Maurice hatte mit seinem
bemüht lässigen Rockstar-Gehabe allerdings nicht gerade um Sympathien geworben.
»Er ist höchstens zwanzig und hat schwarzes Haar. Vielleicht ist er krank, denn
er war ziemlich blass und ausgemergelt. Er hatte schwarze Jeans an und ein
Jim-Morrison- T -Shirt.«
    Gonod verzog spöttisch den Mund. »Von der Sorte gibt es Hunderte auf
dem Père Lachaise.«
    »Tut mir leid«, log Sophie. Das Grab des verstorbenen Sängers zog
natürlich täglich junge Rockfans aus aller Welt an, auf die ihre Beschreibung
halbwegs passte. »Etwas Spezielleres fällt mir zu ihm nicht ein.«
    »Und der andere?«, erkundigte sich Lacour.
    »Er dürfte so um die fünfzig sein.« Charles Arnaud. Der Name war ihr
sofort bekannt vorgekommen, aber ihr fiel immer noch nicht ein, wo sie ihn
schon einmal gehört haben sollte. Hatte sie etwa eine ihrer zahllosen
Job-Bewerbungen an einen Charles Arnaud adressiert? »So ein stark behaarter
Typ, wenn Sie verstehen, was ich meine. Obwohl er auf dem Kopf schon ziemlich
kahl ist. Ziemlich kräftig gebaut. Oh, und er schwitzt auffallend viel.« Auch
das traf auf recht viele Männer dieses Alters zu, hoffte sie.
    »Was hatte er an?«, wollte Gonod wissen.
    »Olivgrüne Shorts und ein helles Hemd
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